Britische Regierung will mit Punktesystem für Einwanderung nur noch die "Schlauesten und Besten"
Mit dem neuen System soll die "Kontrolle über die Grenzen und das öffentliche Vertrauen" wiederhergestellt und die Brexit-Befürworter zufrieden gestellt werden
Die Regierung von Boris Johnson hat es eilig, die Migrationspolitik zu verändern. Der Wunsch nach dem Brexit war vor allem durch die Ablehnung der Einwanderung von EU-Bürgern genährt worden. 2014 wurde die Abwehr von Einwanderung mit dem Ende der Beschränkungen für die Freizügigkeit für Rumänen und Bulgaren noch einmal stärker (Die Bulgaren und Rumänen kommen). Die damalige britische Regierung hatte beim EU-Beitritt Polens noch keine Restriktionen für die Zuwanderung zum Arbeitsmarkt wie Deutschland beschlossen, wo die Freizügigkeit erst 2011 gewährt wurde, weswegen 1-2 Millionen Polen vor allem nach Großbritannien auswanderten, was die EU-feindliche Stimmung bereits anheizte und die UKIP erstarken ließ.
Jetzt gab Innenminister Priti Patel ein neues Punktesystem bekannt, mit dem sich Großbritannien von der EU abschottet und die Freizügigkeit beendet. Es sei ein "historischer Augenblick für das ganze Land", verkündete sie. Mit dem neuen System soll die "Kontrolle über die Grenzen und das öffentliche Vertrauen" wiederhergestellt werden. In Kraft treten wird es am 1. Januar 2021 - und wahrscheinlich für Konservative und Rechte in den EU-Ländern zu Vorbild werden, auch die Hoheit über die nationalen Grenzen herzustellen und die Migration einzuschränken. Für die 3,2 Millionen EU-Bürger, die einen Antrag auf Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung gestellt haben, gelten die neuen Regelungen nicht.
Statt der Freizügigkeit werden nun alle Ausländer, auch EU-Bürger, die in Großbritannien arbeiten wollen und ein Visa beantragen, nach einem Punktesystem für Qualifikation, besondere Kompetenzen, Berufe, Gehälter etc. bewertet. Voraussetzung ist, dass sie in Großbritannien ein Arbeitsangebot und mindestens einen Abschluss mit einem Advanced Level vorweisen können. Erreicht werden müssen 70 Punkte. Wer mindestens 25,600 Pfund verdienen wird, erhält 20 Punkte, wer nur das erforderliche Minimum von 20,480 an Einkommen erhalten wird, geht leer aus. 20 Punkte erhält, wer einen angemessenen Ausbildungsstand hat, mit 20 Punkten wird auch belohnt, wer Englisch mit der erforderten Qualität spricht. Für einen Doktor gibt es zwischen 10 und 20 Punkten.
Damit soll die Migration reduziert, vor allem die Zuwanderung in Billigjobs verhindert werden. Auch die Sicherheit will die Regierung durch die Kontrollen erhöhen. Nur die "Schlauesten und Besten" sollen nach Großbritannien kommen, erwünscht sind vor allem Wissenschaftler, Ingenieure und Akademiker. Hier gibt es für EU-Bürger, die hochqualifizierte Wissenschaftler und Forscher sind, eine Ausnahme - sie dürfen auch ohne Jobangebot ins Land einreisen.
Wir werden die Schlauesten und die Besten aus der ganzen Welt anziehen, die Wirtschaft und unsere Kommunen stärken und das volle Potential dieses Landes befreien.
Priti Patel
Folge des Punktesystems ist, wie die Innenministerin sagte, dass 70 Prozent der EU-Erwerbsbevölkerung nicht den Anforderungen entsprechen, "was dazu beitragen wird, die Gesamtzahl in der Zukunft nach unten zu bringen". Auch die Visa für Studenten werden nun punktebasiert vergeben und für Studenten aus der EU geöffnet, "um zu gewährleisten, dass Talente aus der ganzen Welt Zugang zu den britischen Weltklasse-Universitäten haben". Nachgewiesen werden muss, dass sie ein Studienplatzangebot haben, Englisch sprechen und finanziell ausreichend ausgestattet sind.
Kritik kommt aus der Labour-Partei. Diane Abbott sagt, die Regierung werde viele Ausnahmen beim Lohn machen müssen, weil einige Branchen wie das Gesundheitssystem oder die Pflege stark von ausländischen Arbeitskräften abhängen. Christine Jardine von Liberaldemokraten wirft der Regierung vor, ihre Migrationspolitik basiere "auf Fremdenfeindlichkeit, nicht auf den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen des Landes". Jetzt schon würden viele Firmen darum kämpfen, benötigte Arbeitskräfte zu bekommen, die Regierung wolle sie zwingen, nur die mit den höchsten Löhnen aus dem Ausland einzustellen.
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