Britisches Gericht blockiert Zeugenaussage von Assange
In Spanien wird gegen die spanische Firma Undercover Global ermittelt, die Assange in der ecuadorianischen Botschaft ausgespäht, der CIA Zugang zu den Daten verschafft und dazu mit dem Verkauf an WikiLeaks Geld machen wollte
Die spanische Justiz hat zumindest zwei Gesichter. Das eine ist die Umsetzung politischer Vorgaben, um der Konstruktion von Tatvorwürfen scharf gegen katalanische Politiker vorzugehen, weil Madrid einen Dialog verweigert. Das andere zeigte sich etwa, als ein spanischer Richter des Obersten Gerichts, der das Ausspähen von Julian Asssange in der ecuadorianischen Botschaft durch die spanische Firma Undercover Global untersucht, den britischen Behörden Ende September eine Europäische Ermittlungsanordnung (EEA bzw. EIO) zustellte, um Assange dazu mittels einer Videoverbindung befragen zu können. Nach Angaben von El Pais hat die UK Central Authority (UKCA) die spanische Anordnung erst einmal blockiert.
Im April hatte Ecuador der britischen Polizei in einer koordinierten Aktion von Ecuador, USA und Großbritannien gewährt, Assange in der Botschaft festzunehmen und zu inhaftieren (Festnahme von Julian Assange aufgrund von US-Auslieferungsantrag). In den USA könnte Assange wegen Spionage zum Tode verurteilt werden.
David Morales, der Eigentümer von Undercover Global, wurde im September festgenommen, aber gegen Kaution wieder freigelassen. Sein Pass wurde einbehalten und seine Konten eingefroren. Die Ermittlungen werden geheim geführt. Morales wird beschuldigt, mit seiner Firma, die seit 2012 für die Sicherheit der Botschaft zuständig war, die Privatsphäre von Assange mit u.a. in Feuerlöschern versteckten Mikrofonen und Videokameras verletzt und die Informationen US-Geheimdiensten übermittelt zu haben.
CIA soll direkt auf die Überwachungsvideos Zugang gehabt haben
Der CIA soll über ein Ende 2017 installiertes Streamingsystem direkt und in Echtzeit Zugang zu den neu angebrachten, 24 Stunden laufenden Kameras mit Mikrofonen erhalten haben. Morales hat seine Angestellten in London angewiesen, besonders auf russische und amerikanische Besucher aufzupassen, was mit den Untersuchungen des Sonderermittlers Robert Mueller zu tun haben könnte. Man wollte nicht nur mögliche Verbindungen von WikiLeaks mit Russland prüfen, sondern auch amerikanische Unterstützer von Assange ausspähen. Besucher mussten Smartphones und Notebooks den Sicherheitskräften der Botschaften übergeben, die IMEI der Smartphones wurde dadurch bekannt, weswegen diese auch weiter verfolgt und lokalisiert werden konnten.
Neben Journalisten etwa von der Washington Post wurde auch Pamela Anderson ausgespäht. Deren Treffen mit Assange wurden aufgezeichnet, auf einem Papier wurden auch die Geheimschlüssel für ihr Smartphone, ihren iPad und andere Geräte aufgeschrieben. Müller-Maguhn fanden die Spione ebenfalls interessant.
Besonders schwer wiegt, dass auch die vertraulichen Gespräche zwischen Assange und seinen Anwälten, darunter Melynda Taylor, Jennifer Robinson und Baltasar Garzón, belauscht wurden. Die Vertraulichkeit zwischen Angeklagten und Anwalt ist auch im britischen Recht ein zentrales Bürgerrecht. Die Ermittlungen wurden durch Berichte von El Pais ausgelöst.
Morales, der sich als Journalist ausgab, und zwei Computerexperten hatten sich, so El Pais in einem Bericht, der im Juni veröffentlich wurde, kurz vor der Festnahme von Assange in Madrid mit WikiLeaks-Chefredakteur Kristinn Hrafnsson und Aitor Martínez, einem Anwalt von Assange, zweimal getroffen, um WikiLeaks Material zu verkaufen, das von installierten Mikrofonen und Videos in der Botschaft stammen sollte. Darunter von Treffen von Assange mit seinen Anwälten und Ärzten. Mindestens 3 Millionen US-Dollar wollte Morales dafür, in einem zweiten Treffen, das von der Polizei aufgezeichnet wurde. Das Angebot an WikiLeaks bestand darin, nun die Spione selbst ausspionieren zu können. Man würde Zugang zu allem eröffnen. Vermutlich wusste Morales Bescheid, dass Tage später Assange festgenommen werden sollte, und versuchte, noch schnell Geld zu machen.
Blockiert die britische Justiz die Europäische Ermittlungsanordnung auf Druck der USA?
Daraufhin hat das Verteidigungsteam von Assange eine Klage beim Obersten Gericht gegen Morales wegen Datenschutzverletzungen, Verletzungen des Anwaltsgeheimnisses, Bestechung und Geldwäsche eingereicht. Jetzt also blockiert die britische Justiz die spanischen Ermittlungen nach Informationen von El Pais. Dass das gesamte Verfahren hinter geschlossenen Türen stattfindet, verstärkt das Vertrauen weder in die spanische noch in die britische Rechtspraxis.
El Pais vermutet, dass die britische Justiz fürchtet, dass dieses Verfahren das Auslieferungsgesuch der USA behindern könnte. Schließlich gilt das Anwaltsgeheimnis auch in den USA - und ein illegales Belauschen von Assange könnte oder müsste, wenn es mit rechten Dingen zugeht, tatsächlich die Auslieferung, die von Großbritannien, wie man annehmen muss, geplant ist, in Schwierigkeiten bringen.
Womöglich verweigert sich die britische Justiz auch wegen des anstehenden Brexit der Europäischen Ermittlungsanordnung, die erst seit 2018 in Kraft getreten ist und nur in Ausnahmefällen verweigert werden kann. Zunächst blockiert sie diese und erklärt, dass solche Vernehmungen in Großbritannien von der Polizei gemacht würden und dass Videokonferenzen mit Zeugen nicht möglich seien. Überhaupt sei vieles unklar, der spanische Richter De la Mata soll erst einmal die Rechtsprechung erklären, nach der Spanien in dem Fall ermittelt. Das ist schon alles ziemlich dreist, da es schließlich um eine Zeugenanhörung eines Australiers bei Ermittlungen gegen eine spanische Firma geht.
Schon vor dieser abwehrenden Antwort hatte De la Mata nachgehakt und betont, dass UKCA bereits Vernehmungen über Videokonferenzen genehmigt habe. El Pais sagt, man habe Einblick in den Brief gehabt, der am 14. Oktober der UKCA zuging. Nach internationalen Kooperationsvereinbarungen könnte dem eigentlich nur entgegenstehen, wenn die Person, die befragt werden soll, der Angeklagte wäre. Das aber sei bei Assange nicht der Fall, der Zeuge ist.
Man habe den Fall auch deutlich beschrieben und erklärt, dass die spanische Justiz in Fällen ermitteln kann, wenn spanische Bürger im Ausland Straftaten begangen haben, die auch im jeweiligen ausländischen Staat Straftaten sind. So seien Bestechung und Weitergabe von Geheimnissen auch in Großbritannien Straftaten, während die Mikrofone in Spanien gekauft wurden und die Daten von den Mikrofonen und Videos an die Server der spanischen Firma in Jerez de la Frontera übermittelt wurden. Zwar seien die Straftaten "teilweise" in anderen Ländern begangen worden, aber die Anforderungen, dass die spanische Justiz ermitteln könne, seien gegeben.
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