Bürgermeister von Bor verbietet Volkserkennungsnarben

Maßnahme soll Spannungen zwischen Dinka und Nuer verringern

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Im Südsudan tobt ein Volksgruppenkrieg zwischen Dinka und Nuer, der dazu führte, dass eine sechsstellige Zahl von Menschen auf der Flucht ist. Alleine im größten Flüchtlingslager der Organisation Ärzte ohne Grenzen leben zwischen 85.000 und 100.000 Dinka. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat inzwischen eingeräumt, dass viele Opfer des Bürgerkrieges aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit attackiert oder vertrieben wurden.

Vorher hatten europäische und US-amerikanische Medien die bewaffneten Auseinandersetzungen als bloßen Machtkampf zwischen dem Präsidenten Salva Kiir und seinem im Juli entlassenen Vizepräsidenten Riek Machar dargestellt. Salva Kiir gehört der Volksgruppe der Dinka an, Riek Machar derjenigen der Nuer. Diese beiden wichtigsten Volksgruppen im Südsudan pflegen eine Erbfeindschaft, die sich sogar in ihren Mythen findet.

Der Krieg zwischen Dinka und Nuer tobt - mit kleineren Unterbrechungen - schon seit langer Zeit. Auch im zweiten Sezessionskrieg, in dem beide Volksgruppen gegen die Araber kämpften, wurde das Bündnis immer wieder von Auseinandersetzungen zwischen Dinka und Nuer erschüttert. Im Laufe der Zeit wurde der Konflikt im Vergleich zu seinen historischen Vorgängern immer blutiger, weil Zahlungen der als Bürgerkriegsflüchtlinge in westliche Länder übergesiedelten Dinka und Nuer zum Kauf von Waffen und Munition verwendet wurden.

Dabei sprechen beide eine nilotische Sprache und sind Rinderzüchter. Aus dieser ökonomischen Gemeinsamkeit ergibt sich allerdings gerade der Konflikt um Ressourcen. In beiden Völkern dreht sich nicht nur das wirtschaftliche Leben um den Rinderbesitz, sondern die gesamte Kultur - inklusive ihrer traditionellen Religion.

Auch in ihrer Physiognomie sind Dinka und Nuer eigentlich nicht zu unterschieden. Allerdings ritzen die beiden Völker ihren Kindern die Stirn auf, so dass Narben entstehen. Für Europäer sehen so gekennzeichnete Personen auf den ersten Blick alle ein bisschen aus wie Klingonen. Wer genauer hinsieht, der erkennt, dass die Narben bei bei Nuer waagerecht und bei Dinka fächerförmig verlaufen. Bei den Murle und bei anderen südsudanesischen Völkern gibt es ebenfalls typische Körpermodifikationen, die Hinweise darauf geben, welcher Gruppe jemand angehört.

Nhial Majak, der Bürgermeister der vom Krieg besonders getroffenen Stadt Bor, will diese optischen Erkennungszeichen nun ausrotten und hat deshalb das Narbenritzen offiziell verboten. Ob sich Dinka und Nuer daran halten und ob die Maßnahme etwas nutzt, wird erst die Zukunft zeigen.

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