Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen Omaima A.

Der Vorwurf gegen die IS-Rückkehrerin: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit

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Die IS-Unterstützerin Omaima A. konnte im Januar 2015 unbehelligt ins IS-Kalifat aus- und im September 2016 wieder nach Deutschland einreisen, obwohl ihre Familie bereits 2012 ins Visier des Verfassungsschutzes geriet.

Erst durch die Recherchen der libanesischen Journalistin Jenan Moussa wurde der Fall im Frühsommer 2019 bekannt, Omaima A. im September 2019 schließlich verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Am vergangenen Montag erhob die Bundesanwaltschaft Anklage.

Eine "wirklich gläubige" Muslimin

Ihre Vita liest sich wie aus einem Lehrvideo zur Ausbildung rechtgeleiteter Dschihadistinnen: Bereits 2011 hing sie nachweislich der salafistischen Ideologie an, 2012 trat ihre Familie mit dem Ansinnen an die zuständigen Behörden, im Hamburger Stadtteil Harburg ein Einkaufszentrum "for muslims only" errichten.

Noura A., vermutlich ihre Mutter, betrieb zu dem Zeitpunkt einen Internetshop, den "Mumin-Shop". Mumin steht für "wirklich gläubig", im Mai 2012 organisierte Omaima A. eine Spendenkampagne für einen "Bruder", der wegen Polizistenmordes angeklagt war, 2015 folgte sie ihrem ersten Ehemann mitsamt der gemeinsamen Kinder in das IS-Gebiet.

Nachdem dieser bei Kämpfen um Kobane ums Leben kam, heiratete sie nach islamischem Recht den Berliner Ex-Rapper Denis Cuspert alias Deso Dogg, den ranghöchsten deutschen IS-Funktionär. Sie versuchte, wie ihr vorgeworfen wird, per Email, Frauen für das Kalifat anzuwerben, und hielt sich laut Anklage ein jesidisches Mädchen als Sklavin. Als sie zum vierten Mal schwanger wurde und sich wohl zudem mit Deso Dogg überwarf, verließ sie das Kalifat und ließ sich unbehelligt in Hamburg nieder.

Bei ihrer Verhaftung Anfang September 2019 gab sie den Kameras Zeichen dafür, dass es mit ihrer Distanz zum IS nicht unbedingt weit her ist.

Dank an Jenan Moussa

Die libanesische Journalistin Jenan Moussa ist an ihr Handy gekommen. Wäre dies nicht geschehen und hätte Moussa nicht Omaima A.an ihrem neuen Wohnsitz aufgespürt, dann würde sie vermutlich immer noch unbehelligt ihrer neuen Tätigkeit als Übersetzerin und Eventmanagerin nachgehen.

Da Jenan Moussa der Hamburger Staatsanwaltschaft ihr umfangreiches Belastungsmaterial präsentierte, wurde Omaima A. am 9. September 2019 verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Am 16.3.2020 erhob die Bundesanwaltschaft Klage gegen sie, so dass ihr vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) der Prozess gemacht wird.

Die Begründung der Bundesanwaltschaft liest sich folgendermaßen:

Die Bundesanwaltschaft hat am 6. März 2020 vor dem Staatsschutzsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg Anklage gegen die deutsche und tunesische Staatsangehörige Omaima A. erhoben. Die Angeschuldigte ist hinreichend verdächtig, sich als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat (IS)" beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB). Zudem ist sie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 VStGB), Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht (§ 171 StGB), Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft zulasten eines Kindes unter 14 Jahren (§ 233 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 232 Abs. 3 Nr. 1 und 2 StGB a. F.), Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB) und Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKontrG) angeklagt. (…)

Später zog die Familie in Raqqa in eine gemeinsame Wohnung. Fortan führte Omaima A. den Haushalt und erzog die gemeinsamen Kinder im Sinne der IS-Ideologie. Hierdurch ermöglichte sie ihrem damaligen Ehemann Nadar H., für die terroristische Vereinigung als Kämpfer tätig zu werden. Von dem IS erhielten sie sowohl für sich als auch für ihre Kinder monatliche finanzielle Zuwendungen.

Im März 2015 übte die Angeschuldigte zudem die tatsächliche Gewalt über ein Sturmgewehr Kalaschnikow AK 47 aus.

Zwischen Frühjahr und Sommer 2015 hielt Omaima A. ein 13-jähriges jesidisches Mädchen über einen nicht bekannten Zeitraum als Sklavin. Das Mädchen war zuvor von dem "Islamischen Staat" versklavt worden und der Angeschuldigten von einer Freundin vorübergehend zur eigenen Verwendung überlassen worden. Dabei handelte die Angeschuldigte entsprechend der Ideologie des IS. Hiernach sollte der jesidische Glaube ausgerottet werden. Zudem war aus Sicht des IS die Versklavung jesidischer Frauen religiös gerechtfertigt.

Generalbundesanwalt