Bundesregierung schiebt Geflohene aus Pakistan in die Klimakatastrophe ab

Pakistan wird immer wieder, wie hier im Jahr 2010, heimgesucht von massiven Überschwemmungen. Dieses Jahr sind die Schäden besonders verheerend. Bild: Abdul Majeed Goraya / CC BY-NC-ND 2.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Pakistan kämpft mit den Fluten, die Union hat nach dreißig Jahren endlich Klimaexperten und Frankreichs Atomaufsicht würde Deutschlands AKW vermutlich stilllegen.

Während Unionspolitiker von einem Revival der Atomkraft träumen und die Schuld an der Explosion der Energiepreise gerne den Betreibern von Windrädern und Solaranlagen in die Schuhe schieben würden, während grüne Minister sich mit LNG-Terminals und Kohlekraftwerken vom Klimaschutz verabschieden und die nuklearen Traumtänzereien der Union ein wenig bedienen, steht Pakistan unter Wasser. Die Klimakrise ist nicht in zehn Jahren und nicht morgen, sondern jetzt.

"Was wir dieses Jahr in Pakistan erleben ist nichts anderes als eine Klimakatastrophe", schreibt der pakistanische Senator Mustafa Nawaz Khokar in der britischen Zeitung Guardian. Erst hätten frühzeitige Hitzewellen die Ernte dezimiert und die Gletscherschmelze verstärkt. Dann habe tagelanger Monsun das Land verwüstet. "Ein Drittel Pakistans steht unter Wasser", so Khokar weiter.

Über 1200 Menschen wurden getötet und mehr als 33 Millionen Menschen sind betroffen. Und der Monster-Monsun ist noch nicht vorbei.

Zusätzlich machen die ungewöhnlich hohen Temperaturen Probleme. Der Schmelzwasser-Abfluss der Gletscher hat sich nach Angaben pakistanischer Meteorologen dieses Jahr verdreifacht. Entsprechend trägt er zu den Überschwemmungen bei. Die Provinz Belutschistan, die größte des Landes, sei zu 75 Prozent teilweise oder vollständig zerstört, so Khokar. In der Provinz Sindh, die die Hälfte der pakistanischen Ernte liefert, sei diese zu 90 Prozent zerstört.

Satellitenbilder zeigen, dass sich im Sindh ein gewaltiger See gebildet hat. Der chinesische Sender CGTN berichtet über geplante Lieferung von Hilfsgütern im Wert von 300 Millionen Yuan (33,5 Millionen Euro) aus der Volksrepublik, nachdem letzte Woche Lieferungen im Wert von hundert Millionen Yuan (14,52 Millionen Euro) auf den Weg gebracht worden seien. Aus Deutschland gibt es bisher nur private Initiativen, wie zum Beispiel jene der Hilfsorganisation Miserior, während die Bundesregierung – die mit der wertebasierten Außenpolitik – weiter Menschen nach Pakistan abschiebt.

Es ist der Klimawandel, stupid

Während die sogenannte Attributions-Forschung die pakistanischen und indischen Hitzewellen in April und Mai schon recht klar dem Klimawandel hat zuordnen können, steht der Nachweis für den derzeitigen extremen Monsun noch aus, dürfte aber in den nächsten Wochen vorgelegt werden.

Für Khokar ist die Sache allerdings schon klar. Er sieht in den Fluten eines der frühen Zeichen der Klimakrise und verweist darauf, dass Pakistan bis zum Ende des Jahrhunderts ein Drittel seines Gletschereis verlieren könnte.

Das ist durchaus bedrohlich, denn das Gletscherwasser sammelt sich zuerst in Seen, die sich mitunter in Form von verheerenden Sturzfluten entleeren, wenn ihre natürlichen Dämme aus Geröll und Schlamm brechen. Außerdem sind die Gletscher natürlich ein wichtiges Wasserreservoir, das im Sommer die Flüsse speist.

Pakistan sei eines der am stärksten von Klimawandel gefährdeten Länder, trage aber weniger als ein Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei. Deutschlands Beitrag, das nicht einmal halb so viele Einwohner wie Pakistan hat, liegt hingegen ungefähr bei zwei Prozent.

Entsprechend kritisiert Khokar die reichen Länder für ihre "Trägheit und Apathie". Jahr für Jahr blieben die UN-Klimakonferenzen ohne greifbares Ergebnis. Noch immer sei nicht in Sicht, dass die Welt bis 2050 klimaneutral wirtschaften würde. Die aktuelle Katastrophe werde viele Menschen in Armut stürzen, Kinder würden die Schulen verlassen müssen und Frauen sterben während der Schwangerschaft oder der Geburt, weil das Gesundheitssystem zusammenbricht und Krankenhäuser nicht mehr erreichbar sind.

Die Verursacher dieser Krise säßen in den reichen Ländern. Besonders gefährdete Staaten wir Pakistan sollten daher auf den Klimakonferenzen gemeinsam mehr Druck machen, um von ihnen mehr Unterstützung zu verlangen. Diese fließe bisher sehr zögerlich, wohl auch, weil der reiche Westen darin ein Schuldeingeständnis sieht, das um alles in der Welt vermieden werden soll.

Umverteilung á la Union

Man soll es nicht glauben, aber das Magazin Der Spiegel hat tatsächlich Klimaexperten in den Unionsparteien ausgemacht. Mitglieder der Unionsparteien wohlgemerkt, also jener Parteien, die von den letzten vierzig Jahren dreißig Jahre den Kanzler beziehungsweise die Kanzlerin gestellt haben, und die zuletzt vor allem durch das Abwürgen zunächst des Solarausbaus und dann des Ausbaus der Windenergie aufgefallen waren.

Entsprechend die Vorschläge dieser "Experten". Sie haben sich, folgt man dem Spiegel-Bericht, ein kompliziertes Prämiensystem für die Strombörse ausgedacht, um das Merit-Order-System zu ergänzen, das bisher den Preis am teuersten Kraftwerk orientiert. Demnach soll der Preis für Solar- und Windstrom generell gedeckelt werden und ein Zuschlag auf ihn fällig werden, der dann an die Betreiber von Gaskraftwerken geht.

Hört sich ziemlich absurd an, nicht wahr? Was der Spiegel dabei übrigens unerwähnt lässt, ist, dass die Anlagenbetreiber meist gar nichts mit der Börse zu tun haben, sondern eine gesetzlich fixierte Vergütung bekommen, die inzwischen deutlich unterhalb der Börsenpreise liegt.

Die Differenz zwischen Börsenstrompreis und Vergütungssatz wurde bis vor kurzen durch den EEG-Umlagetopf ausgeglichen (EEG= Erneuerbare-Energien-Gesetz), den die Verbraucher mit der EEG-Umlage aufgefüllt haben. Doch die wurde inzwischen abgeschafft – jetzt, wo der Topf eigentlich durch den hohen Börsenpreis gefüllt würde und an die Verbraucher auszuschütten wäre.

Die Unions-Klimaexperten haben sich also gedacht, dieses Geld solle man doch lieber den Besitzern der Gaskraftwerke zukommen lassen. Vermutlich, damit diese weiter Geld mit Stromexporten nach Frankreich verdienen können, um die dortigen altersschwachen AKW zu entlasten. Was das aber alles mit Klima zu tun haben soll, bleibt das Geheimnis der Hamburger Magazin-Macher.