Bundesregierung schiebt Geflohene aus Pakistan in die Klimakatastrophe ab

Seite 2: Gefährliche Reaktoren

Wie bereits berichtet will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zwei süddeutsche Atomreaktoren – Isar 2 und Neckarwestheim 2 – noch bis April in der Reserve halten. Dafür müsste er demnächst dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorlegen, denn bisher ist das Betriebsende zum 31. Dezember 2022 im Atomgesetz fixiert.

Nun ist ein Atomkraftwerk in Reserve eigentlich ein schlechter Witz. Denn ganz anders als Gaskraftwerke kann ein AKW nicht mal eben hochgefahren werden. Vielmehr bedarf es dafür eine Reihe von Tagen an Vorlaufzeit.

Diese außerordentliche Trägheit ist auch der Grund, weshalb AKW nicht in eine System passen, in dem der meiste Strom von Solar- und Windkraftanlagen geliefert wird. Deren Einspeisungen witterungs- und Tageszeiten bedingt rasch schwanken.

Man darf daher gespannt sein, ob der Bundestag und die Koalitionsparteien tatsächlich Habecks absurden Vorschlag folgen. Gutwillig kann man ihm unterstellen, dass er die Freunde der Atomkraft in der Berliner Ampel mit seinem Vorstoß ruhigstellen will, ohne die AKW tatsächlich real in Betrieb zu nehmen.

Wenn es schlecht läuft, hat er damit der AKW-Lobby aber eine Bresche geschlagen. Auf jeden Fall organisiert er aber ein Argument für die französische Regierung, die dortigen, wegen Sicherheitsmängeln stillstehenden AKW wieder in Betrieb zu nehmen. Denn die letzten drei hiesigen Reaktoren haben ähnliche Probleme, die jedoch ignoriert werden.

Risse? Ach was

Die Anti-AKW-Bewegung ist jedenfalls noch nicht tot und wird die Entwicklung sicherlich kritisch verfolgen. "Jeder, der einen Weiterbetrieb von AKW über den 31.12.2022 hinaus anstrebt, muss mit uns rechnen. Dies gilt auch für die Grünen", heißt es bei der Kampagnenorganisation Ausgestrahlt.

Am vergangenen Samstag ging im Südwesten der Republik, in Freiburg, eine 2400 Kilometer lange Protestfahrradtour zu Ende, die Ausgestrahlt mitorganisiert hatte. Sechs Wochen führte sie durch Deutschland, Belgien, die Niederlande, Frankreich und die Schweiz, um insbesondere gegen Bestrebungen zu protestieren, den Atomausstieg zu kippen.

Antiatomkraft-Demos in Deutschland in den letzten Jahren (11 Bilder)

Atommüllfass vor Kanzleramt. Bild: Karin Behr / PubliXviewinG / .ausgestrahlt

"Das Herumeiern der grünen Ministerinnen und Minister in der Atom-Diskussion ist unerträglich", so Armin Simon von der Organisation Ausgestrahlt. Die AKW seien keine Pommesbuden. Sie müssen Sicherheitsanforderungen erfüllen, die das Bundesverfassungsgericht definiert hat. "Bei den drei noch laufenden Atomkraftwerken gibt es deshalb keinerlei Spiel für einen Weiterbetrieb über den 31.12.2022 hinaus."

Simon verweist darauf, dass sowohl in Neckarwestheim 2 als auch im Emsland Spannungsrisskorrosion nachgewiesen wurde und der Betreiber von Isar 2 eine entsprechende Untersuchung verweigere. "Selbst die französische Atomaufsicht schaltet AKW, in denen Spannungsrisskorrosion nachgewiesen ist, aus Sicherheitsgründen umgehend ab", so Simon.

Ansonsten hat eigentlich FDP-Chef Lindner vor nicht allzu langer Zeit bereits alles zum Thema AKW-Laufzeiten und -Neubau gesagt, was zu sagen ist, doch offenbar interessieren den Klimaschutzprofi seine Reden von gestern nicht mehr sonderlich. Schließlich ist man bei den Liberalen ja technologieoffen, wenn auch selten faktenoffen.

China goes solar

Während die Unionsparteien weiter für Laufzeitverlängerung und mitunter gar neue AKW trommeln, geht China einen anderen Weg. Natürlich soll nicht verschwiegen werden, dass dort neue Atomkraftwerke gebaut werden, die sogar laufen, wenn sie nicht gerade aus europäischer Fertigung sind. Aber angesichts dessen, was sich im Solarsektor abspielt, sind die chinesischen Strahlenmeiler eher eine Randnotiz. Nikkei Asia berichtet über einen gewaltigen Boom. Chinesische Hersteller hätten Fertigungsanlage für Solarmodule in der Pipeline, die es jährlich auf eine Leistung von 340 Atomreaktoren brächten.

Und um mit noch einer guten Meldung zu schließen: Vor der britischen Küste ging dieser Tage der weltweit größte Offshore-Windpark ans Netz, wie Betreiber Ørsted meldet. 165 Windräder mit einer Leistung von zusammen 1,3 Gigawatt – ungefähr so viel wie eines der neuer Atomkraftwerke – drehen sich 89 Kilometer vor der Küste Yorkshires jetzt im Windpark Hornsea 2. Demnächst könnte in der Nachbarschaft Hornsea 3 in Bau gehen, ein Projekt, das dereinst 2,8 Gigawatt liefern soll.