Bundesverteidigungsministerin im Zweifrontenkrieg
Können von der Leyen der Moorbrand und die Berateraffäre gefährlich werden?
Im Emsland brennt seit dreieinhalb Wochen ein Torfmoor. Trotz einer dem dortigen Landkreissprecher zufolge "gewissen Entspannung" durch Regen ist das Ende dieser Katastrophe noch nicht abzusehen. Ursache war eine Raketen-"Schießerprobung" der Firma Airbus Helicopters im Auftrag der Bundeswehr, die inzwischen entsprechende Berichte des Blogs Augengeradeaus bestätigt hat.
Weil ein Moor - ähnlich wie ein Kohleflöz - auch unterirdisch brennt, ist der Brand sehr schwer zu löschen. Die auf geschätzte zwölf Quadratkilometer verteilten unterirdischen Glutnester versucht die Bundeswehr durch Überflüge mit Wärmebildkameras zu ermitteln, wie sie dem Meppener Kreistag diese Woche mitteilte.
Dorffest als Entschädigung
Auch wenn aktuell keine Evakuierungen drohen, gilt in den Gemeinden Groß Stavern, Klein Stavern und Sögel der Katastrophenfall. Ihre Bewohner litten nicht nur unter Rauch (den man heute auch "Feinstaub" nennt), sondern auch unter einem erhöhten Brandrisiko für ihre Anwesen durch sturmbegünstigten Funkenflug. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen will sie dafür mit einem Dorffest entschädigen.
Der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) gegenüber räumte sie ein, die Bundeswehr habe Fehler gemacht. Diese Fehler prüft inzwischen auch die Staatsanwaltschaft Osnabrück, die am Freitag wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Brandstiftung die Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition in Meppen durchsuchen ließ.
"Häufig bestimmte Beraterunternehmen sowie Einzelpersonen explizit vor[gegeben]" beziehungsweise "gewünscht"
Der Moorbrand ist nicht der einzige Fall, in dem derzeit in von der Leyens Zuständigkeitsbereich ermittelt wird: Der Rechnungshof wirft dem Verteidigungsministerium nämlich vor, rechtswidrig millionenschwere Beraterverträge abgeschlossen zu haben, wie aus einem geleakten und inzwischen bestätigten Bericht vom 7. August hervorgeht (vgl. Cyberkommando: Regelwidrig 8 Millionen für externe Berater der Bundeswehr). Besonders pikant dabei ist, dass das Bundesverteidigungsministerium dabei "häufig bestimmte Beraterunternehmen sowie Einzelpersonen explizit vor[gegeben]" beziehungsweise "gewünscht" hatte, wie der Bericht feststellt.
Dem Spiegel zufolge setzte das Verteidigungsministerium seit von der Leyens Amtsantritt 2013 "wie kaum ein anderes Ministerium […] auf externe Unternehmensberater […] mit enormen Tagessätzen ". Eine besonders prominente Rolle spielte dabei die McKinsey-Partnerin Katrin Suder, die zeitweise sogar Rüstungs-Staatssekretärin war. Die externen Beratungsleistungen kosteten den Steuerzahler bis zu 150 Millionen Euro im Jahr. Vorschriftsgemäß gemeldet wurden davon lediglich 2,2 bis 2,9 Millionen.
In seinem Prüfbericht konstatiert der Rechnungshof, die Aufträge dafür seien "häufig freihändig ohne Wettbewerb" vergeben worden und die genannten Gründe dafür "nicht immer überzeugend". Offen bleibt zum Beispiel, warum man externe "Möbelberater" für die Einrichtung der Kasernen brauchte. Insgesamt hat die Bundeswehr dem Urteil der Rechnungsprüfer nach "in über 80 Prozent der betrachteten Fälle den Bedarf für die Beauftragung externer Leistungen nicht nachgewiesen". Deshalb, so das Nachrichtenmagazin, könnte sich die Entdeckung des Rechnungshofs "für von der Leyen zu einer handfesten Affäre auswachsen".
Abgang erst wahrscheinlich, wenn Merkel stürzt
Dass von der Leyen über den Moorbrand und die Berateraffäre stürzt, ist allerdings unwahrscheinlich. Die Menge an Skandalen, die sie in der jüngeren Vergangenheit überstand (vgl. Verlieren Schäuble und von der Leyen ihre Posten? und Sehr, sehr bedingt abwehrbereit), deutet darauf hin, dass Kanzlerin Angela Merkel unbedingt an ihr festhalten will. Nur dann, wenn Merkel selbst gestürzt wird, könnte es auch mit von der Leyens Karriere zu Ende gehen.
Für von der Leyen folgenlos blieb beispielsweise die im Mai 2018 über einen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages bekannt gewordene Entdeckung des Bundesrechnungshofs, dass Korvetten, U-Boote und viele andere Waffensysteme nicht einsatzfähig sind, weil entweder Ausrüstungs- oder Mannschaftsteile fehlen. Ebenso wenig Konsequenzen für die Verteidigungsministerin hatten die im Juni 2017 vom Rechnungshof gerügten 2,5 Milliarden Euro Steuergeld, die von der Leyen beim Kauf von fünf Korvetten des Typs 130 zu viel zahlte, oder die 900 bezahlten Eurofighter-Flugstunden, die nicht genutzt wurden.
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