Bundeswehr: Bald offen für Ausländer?

Bundeswehrsoldaten in Bosnien. Foto (2002): U.S. Air Force / gemeinfrei

Personalmangel: Laut Verteidigungsministerium würden alle Optionen geprüft. Budget-Berechnungen ziehen jedoch Grenzen. Die Aufrüstung hat offenbar Vorrang

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Im Bundesverteidigungsministerium werden wieder einmal Möglichkeiten durchgespielt, wie man die Truppe vergrößern könnte. Das für Laien eigentümlich anmutende Fachwort dafür lautet "Aufwuchs". In der Managersprache der Verteidigungsministerin lautet das Konzept für stärkeren Aufwuchs "Trendwende Personal" ("Erstmals seit Ende des Kalten Krieges sollen die Streitkräfte wieder wachsen"). Es stammt von Mai 2016 und postuliert als Ziel 198.000 Soldatinnen und Soldaten bis 2024 (Wie die Bundeswehr als Arbeitgeber für die "besten Köpfe" attraktiver werden will).

Derzeit, Stand 16.Juli 2018, umfasst die Bundeswehr 178.904 "aktive Soldaten und Soldatinnen".

Geht es nach Informationen der Augsburger Allgemeinen, die heute von vielen Medien aufgegriffen werden, so funktioniert die Rekrutierung (trotz Eigenlob der Bundeswehr über den Erfolg der Werbekampagne "Die Rekruten") nach wie vor nicht besonders.

Im Artikel ist wörtlich von "Personalnot bei den Streitkräften" die Rede. Um dem abzuhelfen, würden "Überlegungen immer konkreter, Ausländer in die Bundeswehr aufzunehmen", berichtet die Zeitung. Und mehr noch: Es werde im Ministerium darüber diskutiert, ob man das Angebot dadurch attraktiver macht, indem man die deutsche Staatsangehörigkeit anbietet. Die Idee kursiert allerdings schon länger (Streitkräfte im Innern einsetzen und eine "Fremdenlegion" schaffen).

Offenbar wird im Berliner Bendlerblock sogar diskutiert, ausländischen Rekruten im Gegenzug zum Eintritt in die Truppe einen deutschen Pass anzubieten. Tenor: Wer bereit sei, für Deutschland sein Leben zu lassen, habe auch die Staatsbürgerschaft verdient.

Augsburger Allgemeine

Das rührt an Traditionen, Einstellungen und Empfindlichkeiten und wie der Zeitungsbericht hinweist, an ein besonderes "Treueverhältnis" zwischen Staat und Soldat, das sich aus dem deutschen Soldatengesetz ergeben würde.

Als Voraussetzung für dieses Treueverhältnis gelte die deutsche Staatsbürgerschaft, so die Zeitung. Wenn nun aber die Soldaten, die aus einem anderen Land stammen, die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen, so wäre auch das etwas Besonderes im Vergleich zu anderen Anstellungsverhältnissen wie auch das Risiko, dass dieses Engagement mit dem Leben bezahlt werden kann.

Gleichwohl, der Einwand des Söldnertums fällt in der Debatte schnell, wie die Augsburger Allgemeine andeutet. Die Angelegenheit berge politischen Zündstoff. Vor zwei Jahren habe es teils heftige Kritik gegeben, als im Weißbuch zur Sicherheitspolitik 2016, die Möglichkeit die Bundeswehr für EU-Ausländer zu öffnen, befürwortet wurde.

Laut der jüngsten Reaktionen aus dem Verteidigungsministerium, die die Nachrichtenagentur dpa übermittelt, würden "alle möglichen Optionen geprüft". Auch die Möglichkeit, EU-Ausländer in die Bundeswehr aufzunehmen, sei auch in der neu erarbeiteten Personalstrategie enthalten. Zuvor hatte die Augsburger Allgemeine eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums zitiert:

Die Bundeswehr wird aufwachsen. Hierfür brauchen wir qualifiziertes Personal. Wir prüfen daher alle möglichen Optionen sorgfältig durch.

Verteidigungsministerium

Nach aktuellen Informationen des Spiegel scheitert die Personalaufstockung der Bundeswehr - egal, ob mit oder ohne Ausländer - momentan an einem Budgetproblem. Wie Trump kürzlich auf seine ganz eigene Art deutlich machte, soll mehr für die Rüstung ausgegeben werden. Das kontert dann die Aufwuchswünsche.

Eine geplante Sitzung des sogenannten Personalboards, mit der Ministerin und den wichtigsten Entscheidern des Verteidigungsministerium, sollte Anfang Juli beschließen, "die Personalstärke der Bundeswehr von derzeit 180.000 auf 198.000 Soldaten zu erhöhen". Die Sitzung wurde aber vertagt.

Hintergrund für die Verschiebung sollen Berechnungen von Finanzexperten aus dem Ministerium sein. Der Pfalz-Express zitiert den Spiegel mit der Information, dass die Experten "in einer vertraulichen Vorlage" davor warnen, "dass die zusätzlichen Personalkosten von knapp einer Milliarde Euro ab 2024 angesichts der unklaren Entwicklung des Wehretats Spielraum für Rüstungsbeschaffungen kosten würden".