Bush macht den Obama...
..und erhöht den Druck auf Pakistan
Dass Pakistans berüchtigter Geheimdienst Inter-Services Intelligence, kurz ISI beste Kontakte zu militanten Gruppen unterhält (siehe auch Präzisionsangriffe in Afghanistan), die wiederum über gute Verbindungen zu Al-Qaida verfügen sollen, dürfte wahrscheinlich die wenigsten Leser überraschen. In den USA ist dies heute eine Top-Nachricht in zwei großen Zeitungen. Laut Berichten in der New York Times und der Los Angeles Times hat die CIA hochrangige Vertreter Pakistans kürzlich in Islamabad mit schwerwiegenden Beweisen konfrontiert, wonach sich die ISI-Verbindungen zu radikalen Gruppen vertieft hätten.
Dass die Nachricht von vorliegenden Beweisen über diese Verbindungen gerade jetzt veröffentlicht wird, ist wahrscheinlich kein Zufall. Der pakistanische Premierminister Gilani ist zu Besuch in Washington. Und Gilani ist bekannt dafür, dass er ein anderes Konzept der Terrorbekämpfung verfolgt als Präsident Bush. Gilani setzt auf Verhandlungen mit den Taliban - mit ausgesuchten Vertretern, wie immer wieder betont wird. Klar ist, der pakistanische Premier schreibt militärischen „Shock and Awe-Attacken“ in den Stammesgebieten an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan keine großen Erfolgsaussichten zu, was Frieden und Stabilität seines Landes angeht. Was im Grenzland vor sich geht, kann das Land aus dem Gleichgewicht bringen, um es harmlos zu formulieren.
Soweit man diesbezügliche Auffassungen der noch amtierenden amerikanischen Regierung kennt, dürften Verhandlungen und Gespräche, die teilweise zu Friedens-Abkommen mit regionalen Chefs führen können, die gute Beziehungen zu Taliban haben, nicht die bevorzugte Art sein, wie sich Bush, Cheney und die Falken den richtig geführten „War on Terror“ vorstellen. Sollte der pakistanische Regierungschef das noch nicht verstanden haben, so hat ihm der Einschlag einer US-Rakete in den Stammesgebieten, der während seines Besuches gemeldet wurde, sicher ein Zeichen gegeben. Die USA halten an ihrem Konzept fest, wie Stabilität in der Problemzone zu erreichen ist: durch waffengewaltige Einschüchterung vornehmlich aus der Luft und die zielgenaue entschlossene Vernichtung des Bösen. Auch wenn es vielleicht nicht gewährleistet ist, ob der völkerrechtlich schlecht abgesicherte Luftangriff von afghanischem Boden aus auf das Nachbarland tatsächlich eine Erfolgsgeschichte ist und wirklich nur "ein Top-Experte der al-Qaida für biologische und chemische Waffen getötet" wurde.
Ein Kommentar der pakistanischen Frontier Post, eine Zeitung, die in Peshawar und Quetta publiziert wird und auf die Berichterstattung des Grenzgebietes spezialisiert ist, liefert dazu ein anderes Bild:
But as Bush was pledging respect to Pakistan’s sovereignty, with Gilani standing beside him, his military commanders in Afghanistan were raining missiles with their intruding drone on a seminary and a compound in our tribal agency of South Waziristan, killing six people in the strike and in the process shredding our territorial sanctity nonchalantly as well.
Bush versuchte demnach, „den Obama zu machen“ - der Präsidenschaftskandidat hatte bekanntlich letztes Jahr angekündigt, dass er al-Qaida-Ziele in Pakistan angreifen würde – ein Akt, mit dem sich Amerikaner in Pakistan wahrscheinlich wenig neue Freunde machen. Obwohl die nötig wären, um den Machtverlust des alten guten Freundes Musharraf auszugleichen. Die Washingtoner Führung reagiert auf der daraus resultierenden Frustration mit bekannten Mitteln: Mit stetig wachsenden Druck will man die neue Regierung Pakistans von alten Prinzipien überzeugen, davon, dass es kaum andere Möglichkeiten gibt, als sich im Kampf gegen den Terror eindeutiger auf der Seite der USA positionieren.
In diesem Licht darf auch der Besuch des CIA-Vize-Chefs Stephen Kappes in Islamabad gewertet werden. Nach dem Bericht der Los Angeles ist die amerikanische Regierung ziemlich beunruhigt über Erkenntnisse, wonach sich die Verbindungen zwischen dem pakistanischen Geheimdienst ISI und den Taliban in der letzten Zait verstärkt hätten. Man mißtraut demzufolge den Beteuerungen Gilanis, wonach die neue Regierung eine vollkommene Aufsicht und Kontrolle über die Aktivitäten des Geheimdienstes habe.
Genaueres über den Besuch des CIA und prominenter Vertreter des militärischen Kommandostabs der USA in Islamabad ist seit gestern abend in der New York Times zu lesen. Dort heißt es, dass die CIA Beweise vorgelegt hätte, die eine Vertiefung der Beziehungen zwischen der ISI und den militanten Netzwerk, das von Maulavi Jalaluddin Haqqani geführt wird, demonstrieren. Der berüchtigte Paschtunenführer Haqqani unterhält nach Auffassung amerikanischer Vertreter enge Kontakte zu „Führungspersonen“ der al-Qaida in den Stammesgebieten an der Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan. Haqqani wird seitens der USA für Angriffe innerhalb Afghanistans verantwortlich gemacht, die immer „tödlicher und ausgefeilter“ würden. Man verdächtigt seine Gruppe auch, dass sie kürzlich beim Anschlag auf die indische Vetretung in Kabul federführend beteiligt war.
Die Frage, inwieweit die pakistanische Regierung von Geheimdienst-Kontakten zu den Guerillas weiß, bzw. inwieweit sie sie willentlich nutzt, bleibt natürlich ungeklärt:
It is unclear whether the C.I.A. officials have concluded that contacts between the ISI and militant groups are blessed at the highest levels of Pakistan’s spy service and military, or are carried out by rogue elements of Pakistan’s security apparatus.
Da Haqqani schon beim afghanischen Dschihad gegen die Truppen der Sowjetunion in den 1980er mit von der Partie war, ist es durchaus möglich, dass der Kontakt zwischen ihm und dem pakistanischen Geheimdienst einer zwischen guten alten Bekannten ist. Das dürfte auch dem CIA nicht ganz neu sein, hatte man doch damals den Kontakt zu radikalen militanten Gruppierungen und Dschihad-Führern gesucht und zu instrumentalisieren gewußt.