Bußgeld 2.0: Wieso Scan-Fahrzeuge gegen Falschparker helfen können

(Bild: Karolina Grabowska, Pixabay)

Ein Problem in vielen Städten: gefährlich zugeparkte Fahrradwege und Bürgersteige. Ordnungsämter sind oft machtlos. Wieso wir Scan-Fahrzeuge benötigen. Ein Kommentar.

Zuständig für den ruhenden Verkehr sind die kommunalen Ordnungsbehörden, die zwar die bekannten Knöllchen verteilen, aber der Übermacht der Falschparker nicht wirklich etwas entgegensetzen können. Denn sie können nur punktuelle Kontrollen durchführen und werden vor allem dort eingesetzt, wo die Gefährdung der schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer am größten ist.

In manchen ländlichen Gemeinden, die unter rücksichtslosen Falschparkern so sehr leiden, dass Feuerwehr und Krankenwagen an der Durchfahrt gehindert werden, hat man lange Zeit versucht, die Verfolgung von Falschparkern zu vermeiden. Hauptargument war, dass die Kosten für den Gemeindevollzugsdienst entweder die Gemeindekasse oder direkt die Bürger belasten.

Alle Appelle der Gemeindeverwaltung blieben jedoch wirkungslos. Die vorgeschriebenen Stellplätze auf dem eigenen Grundstück wurden nicht genutzt. Stattdessen wurde wild im öffentlichen Verkehrsraum geparkt. Zur gezielten Ausweisung von Parkflächen und der konsequenten Verfolgung von Falschparkern scheint es keine Alternative zu geben.

Scan-Fahrzeuge sollen helfen, den Falschparkern Herr zu werden

Die Verfolgung von Falschparkern durch den kommunalen Vollzugsdienst gleicht einem Kampf gegen die Hydra und schreit geradezu nach technischer Aufrüstung. In Frankreich, Norwegen, Polen und den Niederlanden werden Schwarz- und Falschparker deshalb seit Jahren mithilfe von Scan-Fahrzeugen erfasst.

Mit 1.000 Kontrollen pro Stunde ist die maschinelle Kontrolle deutlich schneller als die ″Handkontrolle″, die auf maximal 50 Kontrollen pro Stunde und Person kommt. Und das, obwohl auch diese Kontrolle schon stark automatisiert ist und in der Regel keine Knöllchen mehr von Hand ausgefüllt und keine Durchschläge mehr gesammelt und archiviert werden.

Die Bundesländer würden die Kontrolle von Falschparkern gerne intensivieren. Dafür ist aber ein Bundesgesetz nötig, das auf sich warten lässt. Bereits vor zwei Jahren stellte Agora Verkehrswende fest, dass Parkraumkontrollen mit Scannerfahrzeugen große Vorteile für die Verkehrssicherheit bieten würden.

Auch wenn heute nicht mehr jeder siebte Arbeitsplatz vom eigenen Auto abhängt, zeigt auch die aktuelle Bundesregierung ein großes Herz für Deutschlands liebstes Kind und will die Automatisierung der Verfolgung von Parksündern nicht digitalen Systemen überlassen. Die Gefährdung von Fußgängern und Radfahrern scheint man in Berlin nicht wichtig genug zu nehmen, um es sich mit der mächtigen Autolobby zu verderben.

Positive Erfahrungen in über 50 Städten außerhalb Deutschlands

In 50 Städten wie Paris, Rotterdam und Warschau sind die Scan-Fahrzeuge bereits erfolgreich im Einsatz. Dort sind sie zum Schrecken aller Falschparker geworden.

Bei den Scan-Fahrzeugen handelt es sich um Fahrzeuge mit Kameras auf dem Dach, die – ähnlich wie die Stree-View-Systeme von Google die Häuserfronten – beim Vorbeifahren alle Kennzeichen der geparkten Autos an einen Computer senden. Dieser prüft, ob ein Parkschein mit dem beim Bezahlen eingetippten Kennzeichen oder ein Anwohnerparkausweis vorliegt. Ist dies nicht der Fall, wird automatisch ein Strafzettel verschickt.

In Deutschland stößt das anlasslose Fotografieren aller Parkenden zur späteren Identifizierung von Falschparkern noch auf Widerstand. Es wird wohl befürchtet, dass die gewonnenen Daten auch zur Verfolgung anderer Ordnungswidrigkeiten und nicht nur zur Verfolgung von Falschparkern genutzt werden könnten.

Dieser sogenannte Beifang könnte auch säumige Unterhaltszahler oder abgelaufene TÜV-Plaketten sowie Schuldner von Kfz-Versicherungen und -Steuern treffen. Die Angst vor der totalen Überwachung kocht in Deutschland immer wieder hoch.

In den Städten, in denen Scan-Fahrzeuge im Einsatz sind, scheint der Verfolgungsdruck inzwischen so groß zu sein, dass die Zahl der Parkverstöße zurückgeht. In Amsterdam sind bereits seit 2012 Autos, Motorroller oder Fahrräder als Scan-Fahrzeuge unterwegs.

Sie erfassen die Kennzeichen in einzelnen Straßenzügen und senden sie mit Orts- und Zeitangabe an den Server des Ordnungsamtes, wo sie mit den aktuellen Einträgen über Kurz- und Dauerparker abgeglichen werden. Liegt ein Parkschein oder eine andere Form der Parkberechtigung vor, werden die verschlüsselten Kennzeichendaten innerhalb von 48 Stunden gelöscht.

Fehlt die Parkberechtigung, wird das Ordnungsamt informiert, das erneut prüft und gegebenenfalls ein Bußgeldverfahren einleitet. Erst dann werden personenbezogene Daten wie Name und Anschrift des Halters verarbeitet. Ist das Bußgeld bezahlt, werden alle Daten gelöscht. Das Amsterdamer System hat bisher allen Klagen standgehalten.

Die automatisierte Erfassung von Falschparkern kann aber nur ein erster Schritt im Kampf gegen ordnungswidriges Verhalten im öffentlichen Verkehrsraum sein. Neben dem Überwachungsdruck müssen auch die geforderten Bußgelder deutlich erhöht werden, um die Falschparker-Epidemie einzudämmen.

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