CETA: Was hat die Wallonie eigentlich konkret erreicht?

Paul Magnette. Foto: UNCTAD. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Situation ist nach Unterzeichnung des Freihandelsabkommens so undurchsichtig, wie die Verhandlungen darum von Anfang an waren

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Sie haben es am Ende doch getan. Die französische sprechende Gemeinschaft Belgiens hat der belgischen Regierung das Mandat erteilt, CETA, das "Comprehensive Economic & Trade Agreement", zu unterschreiben.

Da stellt sich die Frage: Wurden die französischsprachigen Wallonen unter Druck gesetzt oder hat man ihnen zusätzliche Fördermittel oder vergleichbare Zuwendungen für ihre Zustimmung versprochen? Oder haben sie wirklich eine Verbesserung des ausgehandelten Vertrags erreichen können. Die Situation ist so undurchsichtig, wie es die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen von Anfang an waren.

Die Zeit meldet zur Einigung mit der widerspenstigen südbelgischen Region, dass man sich auf einen Kompromiss geeinigt habe. Den Wallonen ging es einerseits um einen Schutz für ihre Landwirtschaft, andererseits sorgten sie sich wie viele andere Kritiker um die geltenden Umwelt- und Sozialstandards und waren mit den Mechanismen zur Streitschlichtung zwischen Unternehmen und Staaten in der vorliegenden Form nicht einverstanden.

Man hat den Wallonen jetzt offensichtlich eine Ausnahmeregelung für ihre Landwirtschaft versprochen und den Ausschluss des Öffentlichen Sektors von einer möglichen Privatisierung sowie die Beibehaltung des Vorsorgeprinzips. Ob diese Versprechen letztlich eingehalten werden, ist nicht geklärt. Für den Augenblick genügten sie wohl, um den Wallonen eine Zustimmung ohne Gesichtsverlust zu ermöglichen.

Die besondere Situation im Falle von CETA

Das Freihandelsabkommen mit Kanada stand lange Zeit im Windschatten von TTIP, dem vergleichbaren Freihandelsabkommen mit den USA und wurde daher weniger beachtet. Erst als absehbar war, dass TTIP nicht so schnell durchgesetzt werden konnte wie geplant, erhielt CETA wieder mehr Beachtung und sollte als Vorbild für TTIP präsentiert werden. Es lohnt sich daher ein Blick zurück auf den Beginn der CETA-Verhandlungen.

Auf deutscher Seite hatte der damalige CSU-Bundeswirtschaftsminister Karl Theodor von und zu Guttenberg der EU das Mandat für die CETA-Verhandlungen erteilt, der sich heute beruflich zumeist in den USA betätigt. Für die EU-Kommission verhandelte der damalige Kommissionspräsident, der portugiesische Christdemokrat José Manuel Barroso, der heute bei der der US-amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs als Berater und "Präsident ohne Geschäftsbereich" arbeitet. Der kanadische Verhandlungspartner war Stephen Harper der Premierminister der vormaligen konservative Regierung, der am er am 4. November 2015 von Justin Trudeau als Premierminister abgelöst wurde. Zu diesem Zeitpunkt war CETA angeblich schon ausverhandelt.

Die Taz schrieb am 16. Dezember des vergangenen Jahres noch: ″Die EU-Kommission hatte immer erklärt, CETA könne nicht nachverhandelt werden. An dieser Haltung hält sie fest. Es handele sich bei den Gesprächen über die Schiedsgerichte ausdrücklich nicht um formelle Nachverhandlungen", hieß es: ″Alles andere wird nicht angefasst.″

Doch irgendwie wurde dann doch noch weiterverhandelt. Das Vertragsdokument umfasste am 4. August 2014 etwas mehr als 500 Seiten. Dazu kommen inzwischen noch 1.800 Seiten mit Anlagen und Konkretisierungen. Ob diese Ergänzungen gültige Bestandteile des Vertrags sind, ist umstritten.