CSU-Wahlkampf: "AfD ist Feind von allem, für das Bayern steht"
Die AfD kratzt spürbar am Bayernsockel der CSU. Die Wahlkampfstrategen der Kruzifix- und Heimat-Partei haben sich nun etwas überlegt
Die CSU hatte in Bayern immer wieder mal mit Konkurrenz von rechts zu tun, aber sie kratzte, wie zum Beispiel Die Republikaner, gegründet von ehemaligen CSU-Mitgliedern, nie wirklich am Sockel der bayernbeherrschenden Partei, die es jahrzehntelang schaffte, mit dem Bundesland identifiziert zu werden, ohne dass an der Gleichung Bayern=CSU gerüttelt wurde. Auch der Witz früherer Kabarettisten-Scharfrichter und Satiriker des aufmüpfigen Bayern lebte von der Macht der CSU. Die schwindet nun wie das "ewige Eis" der Alpengletscher.
"Werden nun auch die wenigen Inselgruppen der Ordnung und der Gewissheiten, die es in der Welt gibt, vom Chaos und von der Unsicherheit überspült?", fragt ein FAZ-Kommentar am heutigen Samstag (von Berthold Kohler) angesichts einer weltpolitisch bedeutenderen Problemstellung (Iran, Trump, Europa - "Der Westen droht zu zerbrechen"), aber bei der CSU geht es um eine ganz ähnliche Fragestellung.
Auch die tolle alte Ordnung auf der Heimat-Insel im Süden Deutschlands mit seinen schönen Biergärten, seinen Trachtenhochzeiten, weit weg vom chaotischen "Genderisten-No-Border"-Berlin wird von Unsicherheit überspült. Wie viele Wähler wird die AfD der CSU abspenstig machen, weil sie die eigentlich "wahre CSU" ist?
"Strauß würde AfD wählen"
Wäre das nur ein Witz, würde die CSU vor ihrer Klausurtagung nicht so einen Krach schlagen. Vor der Bundestagswahl im letzten Jahr gab es ein Plakat, das mit dem CSU-Patriarch Franz-Josef Strauß für die AfD warb: "Strauß würde AfD wählen", stand darauf. Das hatte Biss. Bei Strauß denkt man, wenn es um rechte Parteien geht, an den Satz: "Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben."
Das Abschneiden der AfD in Bayern bei der Bundestagswahl 2017 dokumentierte, dass der Satz nicht mehr mit dem Wählerverhalten kongruent ist. Sie erzielte durchweg zweistellige Ergebnisse, in manchen Orten war sie besser als die SPD. Auffallend war, dass sie in Seehofers Heimat, aber auch in Grenzregionen Erfolge erzielte.
Schaut man sich die Wahlkreise Rosenheim und Traunstein an, so sieht man beachtliche Zuwächse der AFD im Vergleich zur Wahl 2013. Im Biergarten wurde einem die Erklärung aufgetischt, dass man sich, wenn es um die Flüchlinge ging - und es gab große Hilfsbereitschaft - von der Politik in München allein gelassen fühlte. Ein Denkzettel also? Nur ein Denkzettel-Protest?
Strategischer Kurswechsel
Die CSU hatte zwar mit Innenminister Hermanns Worten ("In der AFD sind Wölfe unterwegs", "Die AfD ist in jeder Hinsicht eine Fehlentwicklung") schon vor der Wahl markiert, dass es um ihre Reviere geht. Aber man dann später beschlossen, die AfD eher zu ignorieren, als sie zu laut bekämpfen.
Das ist jetzt anders, wie zur heutigen Klausurtagung berichtet wird. Beim Landtagswahlkampf wird auf den Spitzenkandidaten Söder gesetzt und vor allem auf eine deftige Kampfansage gegen die AfD, da sie doch spürbar am Bayernsockel der CSU kratzt. Die absolute Mehrheit liegt für die Kruzifix- und Kirchturmspartei laut Umfragen acht oder neun Prozentpunkte entfernt. Die AfD ist gleichauf mit der SPD und den Grünen bei 12 Prozent, hieß es Ende April.
Der Feind und das Bayern-Gen
Jetzt werden die großen Instrumente ausgepackt. Vor der Wahlstrategietagung wird ein Papier auf den Tisch gelegt, das, so der Spiegel, "es in sich hat". Die AfD wird von nun zum "obersten politische Gegner" erklärt. Sie ist, so wird das verdeutlicht, kein Wettbewerber wie die SPD oder die Grünen, sondern ein "Feind". Genauer: "Ein Feind von allem, für das Bayern steht". So wird aus dem dreiseitigen Papier von CSU Generalsekretär Markus Blume zitiert. Das stehen noch ein paar interessante Formulierungen drin, wie die Tagesschau oder der Merkur beisteuern.
Die rechtspopulistische Partei versuche, "Radikalismus einen bürgerlichen Anstrich zu geben - und ist doch nichts anderes als eine Alternative zur NPD", wird CSU-Generalsekretär Blume zitiert. Oder:
Wer das Andenken von Franz Josef Strauß politisch vergewaltigt; wer Staatsmänner und gewählte Abgeordnete mit Schmutzkampagnen und Verleumdungen überzieht; wer Hass sät und Gesellschaft spaltet; dem sagen wir: Brauner Schmutz hat in Bayern nichts verloren.
CSU-Generalsekretär Markus Blume
Die Abgrenzung der CSU zur AfD, die bisweilen ja, wie Innenminister Hermann dieser Tage zeigte, in AfD-affine Formulierungen hinübermusiziert (Demonstranten gegen das neue Polizeigesetz seien von einer "Lügenpropaganda" in die Irre geführt worden), wird durch ein sogenanntes "Bayern-Gen" hergestellt und den Alleinvertretungsanspruch der CSU auf das bürgerliche Lager in Bayern.
Wahrscheinlich kann man mit keinem Bayern, der noch seine Sinne beisammen hat, darüber reden, was ein Bayern-Gen sein soll, ohne daraus ein komödiantisches Gespräch zu machen, aber in einer Kampagne soll das ernstgenommen werden, weil wir in wirren Zeiten des Identitäts-Krampfs leben? "Wir sind entschlossen, die AfD als zutiefst unbayerisch zu bekämpfen", wird der CSU-Generalsekretär wiedergegeben.
Die CSU wolle "allen bürgerlichen Stimmen im Land eine politische Heimat geben". "'Zum Bayern-Gen gehöre, "dass wir die bürgerliche Mehrheit in unserem Lande wieder hinter einer politischen Kraft vereinigen". "Nur in Bayern gebe es eine Mehrheit von fast zwei Dritteln bürgerlicher Wähler. Nur in Bayern gebe es so viele Menschen, die Leistungsfreude, Wertebindung, Sicherheit und Ordnung und eine christliche kulturelle Prägung des Landes wünschten", fasst der Merkur zusammen.
Ob das reicht, um das "Vertrauen der Verunsicherten zurückzugewinnen", steht auf einem anderen Blatt.