China holt im Wettrüsten mit den USA schnell auf

Seite 2: Künstliche Intelligenz wird die Kriegsführung "disruptiv" verändern

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Während von westlichen Organisationen wie dem International Institute for Strategic Studies (IISS) gewarnt wird, dass China nicht nur zu einer mit dem Westen und vor allem den USA konkurrierenden Militärmacht aufsteigt, sondern auch bald die technische Überlegenheit in Frage stellen wird, was bei der Luftwaffe, Drohnen und Raketen bereits der Fall sei, sehen andere bei der Künstlichen Intelligenz einen wichtigen Aspekt des Wettrüstens. Hier würde, heißt es bei National Interest besorgt, China mit den USA Schritt halten oder sogar schon auf der Überholspur sein.

Tatsächlich wird die KI nicht nur bei autonomen Systemen, sondern in der gesamten Militärtechnik mitsamt dem Cyberwar zur zentralen Technik. Wer hier die Nase vorne hat, wird anderen Armeen überlegen sein, ob die Überlegenheit sich auch in asymmetrischen Kriegen auszahlen wird, ist zweifelhafter, was man jetzt schon beim Krieg gegen den Terror beobachten kann. Wenn allerdings große Gebiete Tag und Nacht von Schwärmen autonomer Kampfsysteme in der Luft, auf dem Boden und im Wasser kontrolliert werden können und Aufständische/Terroristen keine wirksamen Gegenmittel haben, dann dürften auch hier die Chancen für die technisch überlegenen Mächte steigen.

National Interest berichtet, dass die Erfolge von Konzernen wie Baidu, Alibaba und Tencent bei der KI-Entwicklung den Schub der Entwicklung in der Privatwirtschaft demonstriert hätten. Von der Spracherkennung bis zu autonomen Fahrzeugen liege die chinesische Forschung ganz vorne. Auch in der Militärforschung und der Verteidigungsindustrie gebe es relevante Forschung. In der Armee gehe man davon aus, dass die KI den Charakter der Kriegsführung vom jetzt "informationsgestützten" zum "intelligenzgestützten" Krieg disruptiv weiterentwickelt. Im neuesten 5-Jahres-Plan werde etwa mit dem "China-Gehirn-Plan" auf Durchbrüche in der KI gesetzt. Es gebe auch weitere Initiativen, die schnelle Dual-use-Fortschritte erwarten ließen, da die chinesische Regierung auf eine "militärisch-zivile Fusion" setze. Das streben auch die westlichen Verteidigungsministerien an, in China ist das aber einfacher umzusetzen. So ist Li Deyi, der Direktor der Vereinigung für KI, mit der Tsinghua-Universität und der Chinesischen Akademie für Ingenieurwesen verbunden und zugleich Generalmajor in der Volksbefreiungsarmee, wo er als stellvertretender Direktor eines Forschungsinstituts arbeitet.

Das Potenzial der chinesischen Fortschritte in der KI-Entwicklung würden auf jeden Fall, so National Interest, "massive strategische Implikationen" für die USA haben, deren technische Überlegenheit auch mit Innovationsstrategien wie der dritten "Offset Strategy" des Pentagon nicht mehr gesichert sei (Das Pentagon setzt auf die Mensch-Maschine-Kooperation). Mit der ersten "Offset Strategy" hatten die USA im Kalten Krieg in der Konkurrenz mit Russland taktische Nuklearwaffen entwickelt, die auch in einem konventionellen Krieg hätten eingesetzt werden können. Die zweite "Offset-Strategy" wird in den 1970er Jahren verortet, als die Sowjetunion und die USA zu einem strategischen Gleichgewicht gefunden hatten und die USA die Entwicklung von Präzisionswaffen begann. Man kann auch an den "Sputnik-Schock" der 1950er Jahre denken, als die Sowjetunion den USA in der Weltraumtechnologie überlegen war und den ersten Menschen in den Weltraum schickte. Daraufhin gründete das Pentagon die Forschungsabteilung Advanced Research Projects Agency, heute Darpa, und die Nasa.

Heute ist die Situation allerdings schwieriger geworden, denn die USA müssen, wenn sie ihre technische Überlegenheit sichern wollen, was Obama nicht in Zweifel gezogen hat und Trump offensichtlich auch nicht beenden will, nicht nur mit Russland und China, sondern mit weiteren Staaten wie Iran oder Nordkorea in einem multipolaren Rüstungswettlauf unter den neuen Bedingungen der digitalen Techniken konkurrieren, die im Unterschied etwa zu Atomwaffen und anderen massiven Waffensystemen auch kleineren Staaten mit weniger Ressourcen offenstehen und heimlicher entwickelt werden können.