China holt im Wettrüsten mit den USA schnell auf

Angeblich die neuen Dongfeng-41-Raketen. Bild: Screenshot aus YouTube-Video

Die USA haben auf technische Überlegenheit gesetzt, statt auf Abkommen, digitale Technik wie Künstliche Intelligenz macht einen Strich durch die Rechnung

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Kürzlich wurde in der Online-Ausgabe der chinesischen Tageszeitung Global Times berichtet, dass in anderen Medien Bilder der nuklearen Langstreckenrakete Dongfeng-41 gezeigt wurden. Die Brigade mit den strategischen Marschflugkörpern sei in der Provinz Heilongjiang stationiert. Betont diffus und indirekt wird erzählt, dass chinesische Militärexperten von der zweiten Brigade sprechen.

Hervorgehoben wird, dass es nach den Medienberichten um mobile Interkontinentalraketen mit einer Reichweite von 14.000 km handeln soll, die mit 10-12 nuklearen Sprengköpfen bestückt werden und überall in der Welt zuschlagen können. Weiter heißt es, dass es sich um eine der modernsten Interkontinentalraketen handele, deren Stationierung aber höchstes militärisches Geheimnis sei. Die Militärexperten würden davon ausgehen, dass die Produktion bereits abgeschlossen sei, man habe aber offiziell nicht mitgeteilt, wie viele Brigaden es gibt und wo sie stationiert seien.

Zweck des Artikels scheint es zu sein, der Öffentlichkeit inoffiziell mitzuteilen, das Dongfeng-41-Raketen einsatzbereit seien. Umständlich wird gesagt, dass manche Medien behauptet hätten, das Militär habe absichtlich Bilder in Umlauf gebracht, was mit dem Amtsantritt von Donald Trump zusammenhänge. Es sei Chinas Antwort auf Trumps provokative Bemerkungen über China gewesen. Logisch sei es, so Global Times, dass China mit Blick auf die USA großes Gewicht auf atomare Abschreckung lege, das sei die "Grundlage der nationalen Sicherheit". Chinas Atomwaffenarsenal müsse in der Lage sein, die USA abzuschrecken. Es mache einen Unterschied, ob man Dongfeng-Raketen habe oder nicht, was demnächst "hoffentlich" offiziell bestätigt würde.

Angeblich gesichtete Dongfeng-41.

Möglicherweise hat der Wink u.a. mit der Atombombe gewirkt. Als Trump am 9. Februar mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping telefonierte, zog er seine Ankündigungen schon mal zurück und erklärte, die "Ein-China-Politik" zu beachten. Man werde weiter im Gespräch sein, das Telefongespräch, so vermerkt das Weiße Haus, sei "extrem freundlich" gewesen (Trump knickt gegenüber China ein).

Gleichwohl gehen natürlich die Machtspiele im Südchinesischen Meer weiter. Die USA haben eine Flotte mit dem Flugzeugträger USS Carl Vinson in die Region verlegt, nur "Routineoperationen". China erklärte, man habe dies wohl gemerkt und hoffe, dass die USA die "Souveränität und Sicherheitsinteressen der Staaten in der Region" beachten. Die USA kritisieren China wegen des Baus von künstlichen Inseln und der Aufrüstung zu Militärstützpunkten. In letzter Zeit sollen dort auch Raketenabschusssilos für Boden-Luft-Langstreckenraketen gebaut worden sein, was man auch in Zusammenhang mit Trumps Präsidentschaft bringt.

China erhebt auf Teile des Südchinesischen Meers Anspruch, was zu Konflikten mit anderen Staaten in der Region führte, was die USA auszunutzen versuchen, um China ähnlich einzudämmen wie Russland in Europa. Zudem hat China gerade auch Übungen der Marine durchgeführt und dabei den einzigen chinesischen Flugzeugträger Liaoning eingesetzt.

Der gilt einigen als "Papiertiger", weil er keine Katapulte zum Start von Flugzeugen habe, die vorhandenen Flugzeuge keine große Reichweite hätten und die Erfahrung fehle, wie man zahlreiche Kriegsschiffe in Begleitung eines Flugzeugträgers im Falle eines Kampfes einsetzt. China meldet darauf, dass bald der zweite Flugzeugträger fertiggestellt sei, der viel fortgeschrittener sei als Liaoning. Die Katapulttechnik werden man aber erst beim dritten Flugzeugträger einsetzen. Insgesamt brauche China mindestens 5-6 Flugzeugträger.

Das Wettrüsten ist also auch hier voll im Gang, auch wenn sich oft nicht unterscheiden lässt, welche Kapazitäten tatsächlich vorhanden sind und mit welchen nur gedroht wird. So wird in chinesischen Medien mit Blick auf die Kriegsführung von einem Rekord gesprochen, nachdem es Anfang Februar gelungen sei, 1000 Drohnen des Typs Ehang GHOSTDRONE 2.0 15 Minuten lang und von einem Ingenieur gesteuert auf der Guangzhou-Luftschau fliegen zu lassen. Eine solche Schwarmtechnik, wird hinzugefügt, werde die Kampfstrategien verändern. Große Drohnenformationen seien ein neuer Trend, wird ein Militärexperte zitiert. Ein anderer erklärt, dass die Drohnen als verteiltes System koordiniert werden, das nur schwer zerstört werden könne. Die Schwarmtechnik würde letztlich in alle Waffensysteme eingebaut werden. Daran interessiert ist man selbstverständlich auch im Pentagon (Wie lässt sich ein Schwarm von hunderten Kampfrobotern steuern?).

Künstliche Intelligenz wird die Kriegsführung "disruptiv" verändern

Während von westlichen Organisationen wie dem International Institute for Strategic Studies (IISS) gewarnt wird, dass China nicht nur zu einer mit dem Westen und vor allem den USA konkurrierenden Militärmacht aufsteigt, sondern auch bald die technische Überlegenheit in Frage stellen wird, was bei der Luftwaffe, Drohnen und Raketen bereits der Fall sei, sehen andere bei der Künstlichen Intelligenz einen wichtigen Aspekt des Wettrüstens. Hier würde, heißt es bei National Interest besorgt, China mit den USA Schritt halten oder sogar schon auf der Überholspur sein.

Tatsächlich wird die KI nicht nur bei autonomen Systemen, sondern in der gesamten Militärtechnik mitsamt dem Cyberwar zur zentralen Technik. Wer hier die Nase vorne hat, wird anderen Armeen überlegen sein, ob die Überlegenheit sich auch in asymmetrischen Kriegen auszahlen wird, ist zweifelhafter, was man jetzt schon beim Krieg gegen den Terror beobachten kann. Wenn allerdings große Gebiete Tag und Nacht von Schwärmen autonomer Kampfsysteme in der Luft, auf dem Boden und im Wasser kontrolliert werden können und Aufständische/Terroristen keine wirksamen Gegenmittel haben, dann dürften auch hier die Chancen für die technisch überlegenen Mächte steigen.

National Interest berichtet, dass die Erfolge von Konzernen wie Baidu, Alibaba und Tencent bei der KI-Entwicklung den Schub der Entwicklung in der Privatwirtschaft demonstriert hätten. Von der Spracherkennung bis zu autonomen Fahrzeugen liege die chinesische Forschung ganz vorne. Auch in der Militärforschung und der Verteidigungsindustrie gebe es relevante Forschung. In der Armee gehe man davon aus, dass die KI den Charakter der Kriegsführung vom jetzt "informationsgestützten" zum "intelligenzgestützten" Krieg disruptiv weiterentwickelt. Im neuesten 5-Jahres-Plan werde etwa mit dem "China-Gehirn-Plan" auf Durchbrüche in der KI gesetzt. Es gebe auch weitere Initiativen, die schnelle Dual-use-Fortschritte erwarten ließen, da die chinesische Regierung auf eine "militärisch-zivile Fusion" setze. Das streben auch die westlichen Verteidigungsministerien an, in China ist das aber einfacher umzusetzen. So ist Li Deyi, der Direktor der Vereinigung für KI, mit der Tsinghua-Universität und der Chinesischen Akademie für Ingenieurwesen verbunden und zugleich Generalmajor in der Volksbefreiungsarmee, wo er als stellvertretender Direktor eines Forschungsinstituts arbeitet.

Das Potenzial der chinesischen Fortschritte in der KI-Entwicklung würden auf jeden Fall, so National Interest, "massive strategische Implikationen" für die USA haben, deren technische Überlegenheit auch mit Innovationsstrategien wie der dritten "Offset Strategy" des Pentagon nicht mehr gesichert sei (Das Pentagon setzt auf die Mensch-Maschine-Kooperation). Mit der ersten "Offset Strategy" hatten die USA im Kalten Krieg in der Konkurrenz mit Russland taktische Nuklearwaffen entwickelt, die auch in einem konventionellen Krieg hätten eingesetzt werden können. Die zweite "Offset-Strategy" wird in den 1970er Jahren verortet, als die Sowjetunion und die USA zu einem strategischen Gleichgewicht gefunden hatten und die USA die Entwicklung von Präzisionswaffen begann. Man kann auch an den "Sputnik-Schock" der 1950er Jahre denken, als die Sowjetunion den USA in der Weltraumtechnologie überlegen war und den ersten Menschen in den Weltraum schickte. Daraufhin gründete das Pentagon die Forschungsabteilung Advanced Research Projects Agency, heute Darpa, und die Nasa.

Heute ist die Situation allerdings schwieriger geworden, denn die USA müssen, wenn sie ihre technische Überlegenheit sichern wollen, was Obama nicht in Zweifel gezogen hat und Trump offensichtlich auch nicht beenden will, nicht nur mit Russland und China, sondern mit weiteren Staaten wie Iran oder Nordkorea in einem multipolaren Rüstungswettlauf unter den neuen Bedingungen der digitalen Techniken konkurrieren, die im Unterschied etwa zu Atomwaffen und anderen massiven Waffensystemen auch kleineren Staaten mit weniger Ressourcen offenstehen und heimlicher entwickelt werden können.