Wie sich der Privatsektor mehr und mehr aus der Energieversorgung zurückzieht
Fehlende Renditen lassen Interesse des internationalen Kapitals sinken. Ausschluss russischer und chinesischer Investoren zwingt die öffentliche Hand in den Markt.
Institutionelle Investoren haben Renditevorstellungen, die sich heute in einem streng regulierten Markt wie den Stromnetzen nicht mehr realisieren lassen. Auch bei den fossilen Brennstoffen, die weniger reguliert sind, sprießen die Renditehoffnungen nicht mehr in den Himmel.
Wenn Schrumpfen angesagt ist, weil weniger Geld für Konsum zur Verfügung steht und die Nachfrage aus China sinkt, wird es schwer Investoren zu locken, die auf eine Gewinnsteigerung hoffen.
Investitionen in die Stromnetze verzögert
Kein Stromnetzbetreiber darf seine Investitionen ins Netz auf seine Kunden umlegen, wenn dies nicht von der Regulierungsbehörde, der Bundesnetzagentur genehmigt wurde. Dort war man mit den Genehmigungen sehr zurückhaltend, weil Investitionen in die Netze zu Preissteigerungen für die Endkunden geführt hätten.
Hinter den Netzgebühren verbergen sich dabei nicht nur die Instandhaltungs- oder Erweiterungsinvestitionen, sondern auch die realen Strombeschaffungskosten am Ort des Verbrauchers.
Die Verzögerung des Netzausbaus hat zwar kurzfristig die Netzkosten nicht steigen lassen, jedoch dazu geführt, dass sie inzwischen umso stärker steigen müssen, nicht zuletzt, weil die garantierte Dividende angehoben werden musste und die Kosten für den Netzausbau gestiegen sind.
Nachdem die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die Bundesregierung sich schon bei 50Hertz Transmission GmbH mithilfe des Umwegs über die belgische Mehrheitsgesellschafterin Elia eingekauft hatte, um den Einstieg der chinesischen State Grid Corporation of China (SGCC) zu verhindern, folgte in diesem Jahr die Übernahme eines Viertels der TransnetBW.
Beim dritten Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO laufen derzeit die Verhandlungen über einen Einstieg der KfW, denn die niederländische Mutter hat nur wenig Interesse, den deutsch Netzausbau zu bewerkstelligen.
Beim Vierten im Bunde, der mehrheitlich im Besitz branchenfremder Investoren befindlichen Dortmunder Amprion, scheint man sich offensichtlich mit der Position als einziger Übertragungsnetzbetreiber ohne Bundesbeteiligung nicht so wohlzufühlen. Daher spricht man inzwischen über die Übernahme des bisherigen RWE-Anteils durch die KfW.
Eine Bundes-Übertragungsnetz AG rückt damit in greifbare Nähe und könnte dann auch vollständig über die KfW mit Investitionskapital versorgt werden. Da der Steuerzahler dafür haftet, ist die Bonität der KfW hervorragend.
Die Energieversorger haben mit der Kernkraft abgeschlossen
Mit dem Blick auf das Ende der deutschen Kernkraft hat man die Kernkraftwerke ihre letzten Jahre ohne die vorgeschriebene kostenträchtige Revision betrieben. Die privaten Kernkraftwerksbetreiber haben sich inzwischen aus der Kernkraft zurückgezogen und die Verantwortung für die Endlagerung der radioaktiven Reststoffe dem BASE, also dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung überlassen.
Für die eigentliche Suche nach einem Endlager ist ein 2016 gegründetes, bundeseigenes Unternehmen, die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) zuständig. Die BGE hat inzwischen ein Gutachten vorgelegt, welche Flächen in Deutschland überhaupt grundsätzlich für eine sichere Endlagerung infrage kommen. Dies sind immerhin 54 Prozent des Bundesgebietes. Es wird frühstens im Jahr 2050 mit einem betriebsbereiten Endlager gerechnet.
Solange werden hochradioaktiven Abfälle in Castorbehältern in 16 Zwischenlagern gelagert. Die robusten Behälter werden dort hinter Beton und Stacheldraht gut bewacht und vor äußeren Einflüssen geschützt. Ihre ursprünglich auf 40 Jahre ausgestellte Betriebserlaubnis wird mangels Alternativen inzwischen verlängert.
Der Widerstand der Bevölkerung dürfte beträchtlich sein. Selbst bei den freigemessenen Überresten aus den im Rückbau befindlichen Kernkraftwerken gibt es heute deutlichen Protest.
Gasbeschaffung in Staatshand
Die Risiken für die mittelfristige Gasbeschaffung haben sich mit dem Abschied von den Gaslieferungen per Pipeline aus Russland und der folgenden Abhängigkeit von Spot-LNG erhöht. Das meiste Gas importiert Deutschland aktuell aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien.
Die letzten beiden sind jedoch nur Durchleiter, denn in Belgien und den Niederlanden liegen große Häfen, in denen Schiffe das Flüssigerdgas (LNG) anlanden. Von den Häfen gelangt das Gas über Pipelines nach Deutschland.
Die beiden staatlich gestützten Handelsunternehmen Uniper und Sefe (früher: Gazprom Germania) sind für etwa 60 Prozent des Gasimports verantwortlich. Wenn sich die Lage am Gasmarkt wieder stabilisiert hat, ist damit zu rechnen, dass beide Unternehmen wieder in private Hände kommen.
Unsicherheiten bei den Gasnetzen
Die politisch gewünschte zunehmende Elektrifizierung der Energieversorgung lässt den Gasbedarf für Heizzwecke sinken, was nicht zuletzt durch die steigenden CO2-Abgaben befördert werden dürfte, weil Gas dann im Vergleich zur Wärmegewinnung über Wärmepumpen eher unwirtschaftlich wird. Gas wird dann nur noch von der Industrie als Rohstoff benötigt. Das fein verzweigte Verteilnetz wäre dann überflüssig.
Nicht mehr benötigte Gasleitungen müssen sicher entleert und dann zurückgebaut werden, sonst können korrosionsbedingt unkalkulierbare Risiken für die Anwohner entstehen. Wie dieser Rückbau finanziert werden soll, ist bisher nicht absehbar.
Eine denkbare Lösung wäre, dass man diese Aufgabe von den Gasnetzbetreibern auf die öffentliche Hand oder eine Stiftung überträgt. Dabei könnte man sich am Modell orientieren, das für das Ende der Kernkraft gewählt wurde oder an dem für die Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben aus dem Steinkohlebergbau.
Mit dem Auslaufen einzelner Energieversorgungssysteme können diese nicht einfach ausgeschaltet werden, sondern bedürfen einer kontinuierlichen Nachsorge, welche letztlich von der Allgemeinheit finanziert werden muss.