China steigt auf die Gentech-Bremse
GV-Mais wird tonnenweise in die USA zurückgeschickt, Gentech-Reis steht vor dem Aus
China ließ überraschend Biosicherheitszertifikate für zwei gentechnisch veränderte Reis-Linien und eine GV-Maissorte auslaufen. Das berichtet die französische Zeitung Le Monde. Über die Gründe wird spekuliert. Greenpeace vermutet, dass die Sorten zu wenig ertragreich waren und zudem der Widerstand in der chinesischen Bevölkerung gegen "Gen-Food" zusehends wächst. Auch politische Motive sind denkbar. Denn bei Importen fährt das Land inzwischen ebenfalls eine harte Linie. Mehr als 600.000 Tonnen Mais aus den USA wurden 2013 von den Behörden aufgrund von Verunreinigungen mit nicht zugelassen GV-Sorten zurückgeschickt. - US-Farmer erlitten hohe finanzielle Einbußen. Branchenverbände hoffen jetzt auf auf Washington.
China galt lange Zeit als Hoffnungs-Markt für die Gentech-Industrie. Seit den 1990er-Jahren wurden zahlreiche Experimente mit gentechnisch veränderten Sorten durchgeführt. Bisher setzte sich die Gentechnik allerdings nur bei Baumwolle großflächig durch. 2013 wurde in China laut der biotech-freundlichen Organisation Agri-biotech Applications (ISAAA) transgene Baumwolle auf 4,2 Millionen Hektar Land angebaut. Bezogen auf den Gesamtanbau von Baumwolle in dem Land sind das etwa 80 Prozent.
Anders sieht es bei Gentech-Pflanzen für den Nahrungsmittelsektor aus. Bei der Kommerzialisierung zögerte man. Allerdings gab es in den Anfangsjahren zahlreiche - kaum regulierte - Feldversuche. Die chinesische Gentechnik kam sogar in Europa an. 2006 zogen die Umweltaktivisten von Greenpeace und Friends of the Earth in Frankreich, Großbritannien und Deutschland Stichproben bei Asia-Food und fanden beispielsweise in Reisnudeln Spuren von weder in China noch in der EU zugelassenem Bt-Reis. Die chinesische Regierung wollte offenbar dennoch nicht den Anschluss an die neue Technologie verpassen.
Undurchsichtige Gentech-Strategie
2009 wurden Biosicherheitszertifikate für zwei gentechnisch veränderte Reislinien und eine GV-Maislinie genehmigt: mit großem Trara und zur Freude chinesischer Forscher, wie das Wissenschaftsportal SienceInsider berichtet. Schirmherrn waren zwei chinesische Universitäten. Inwieweit westliche Konzerne dabei mitmischten, geht aus den Medienberichten nicht hervor.
Bei den GV-Linien erhoffte man sich eine Reduktion des Pestizid-Einsatzes von 80 Prozent bei einer gleichzeitigen Ertragssteigerung von 8 Prozent, berichtet Russia Today unter Berufung auf einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters aus dem Jahr 2009. In gentech-kritischen Kreisen hält man derartige Vorteile aber als weit überzogen. Greenpeace gab gegenüber Le Monde an, dass der GV-Reis nicht die erwarteten Ertragssteigerungen gebracht hätte.
Obwohl 2012 von Regierungsseite ein Verzicht auf den kommerziellen Anbau von GV-Reis angekündigt worden war, rechneten chinesische Forscher mit der Fortführung der Projekte und langfristig mit einer Kommerzialisierung. Immerhin gab es aus dem Landwirtschaftsministerium bis Anfang des Jahres noch Signale in diese Richtung. Über die strikte Kehrtwende der chinesischen Führung gaben sich viele Forscher überrascht. Denn mit dem Auslaufen der Zertifikate ist keine Vermarktung denkbar. Gentech-Reis in China sei damit "tot und begraben", tönt es aus Forscherkreisen.
Über die Hintergründe der Regierungsentscheidung wird spekuliert. Gegenüber ScienceInside erklärte Greenpeace, dass es an Monitoring-Maßnahmen fehle. Zudem war die Ablehnung in der Öffentlichkeit enorm gestiegen. Reis als Grundnahrungsmittel ist den Chinesen "heilig" vergleichbar mit Weizen im Westen. Tatsächlich schaffte es Greenpeace, die Öffentlichkeit zu mobilisieren und nahm dabei auch "korrupte" Forscher und Behörden ins Visier. Laut der Organisation wären beispielsweise Verzehrtests an Kindern durchgeführt worden, was von den zuständigen Provinzbehörden allerdings dementiert wurde.
Gentechnische Verunreinigungen von Reis gibt es aber bis heute, obwohl GV-Reis für den Verkauf nie zugelassen war. Chinesische Medien zogen Proben und wurden mehrfach fündig, berichtet Russia Today unter Berufung auf die South China Morning Post. Ein Agrarexperte schloss nicht aus, dass es zu einer Verbreitung der GV-Sorten auf illegalen Wegen gekommen sei.
Politik und Paranoia?
Cao Cong, ein China-Experte an der britischen Universität Nottingham, wiederum machte in einem Beitrag für The Conversation eine "anti-GM-Paranoia" und Ressentiments gegenüber westlichen Konzernen wie Monsanto für den Ausstieg verantwortlich.
Agrar-ökonomische Erwägungen könnten ebenso eine Rolle gespielt haben. Der chinesische Agrarexperte Huang Jikun wird von Russia Today dahingehend zitiert, dass bei Reis inzwischen die Selbstversorgung nahezu gewährleistet sei. Aufgrund der "Ein-Kind-Politik" rechnet man mit einem Bevölkerungsrückgang in China. Was steigt, ist der Fleischkonsum und hier braucht es Futtermittel.
US-Gentechbranche im Visier?
China importiert auch dafür jährlich tausende Tonnen an Mais und Soja. Viele am Weltmarkt erhältliche Sorten sind bereits gentechnisch verändert. Beim Import von Mais hat China inzwischen eine harte Linie eingeschlagen und im Jahr 2013 gut 600.000 Tonnen an die USA wieder zurückgeschickt, zumal er mit nicht zugelassenen Sorten verunreinigt war.
Der finanzielle Schaden war für die US-Farmer hoch. In einem Brief fordert der Branchenverband US Grains Council, dass die US-Regierung sich gegen diese "Sabotage" der Bio-Tech-Ware einsetzen soll. Angesichts dessen, dass die USA bei China hoch verschuldet sind, scheint eine massive Intervention aber fraglich.
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