China und ASEAN: Ein Markt für zwei Milliarden Menschen
Beijing will Freihandelszone mit Südostasien ausweiten, um sich für den Wirtschaftskrieg mit Washington zu wappnen.
China schlägt den zehn Mitgliedern der Allianz der Südostasiatischen Nationen (ASEAN, Alliance of South East Asian Nations) vor, das bereits zwischen dem Block und der Volksrepublik bestehenden Freihandelsabkommen auszuweiten, wie die in Hongkong erscheinende South China Morning Post berichtet. Schon jetzt senkt dieses die Zölle auf 90 Prozent der zwischen China und der ASEAN gehandelten Waren.
Der ASEAN gehören Brunei, Vietnam, Laos, Kambodscha, Thailand, Myanmar, Malaysia, Singapur, Indonesien und die Philippinen an. Zusammen haben diese Länder 685 Millionen Einwohner, erheblich mehr als die EU. Zur Diskussion steht also ein gemeinsamer Markt für über zwei Milliarden Menschen.
Chinas Handelsvolumen mit ASEAN betrug 2021 878,2 Milliarden US-Dollar (883 Milliarden Euro) und nimmt rasant zu: Nach Angaben der ASEAN hatte es 2019 noch 508 und 2010 235,5 Milliarden US-Dollar betragen. Die Exporte des Staatenbundes in die Volksrepublik sind seit 2010 um durchschnittlich etwas über zehn Prozent im Jahr gewachsen, die Importe von dort noch schneller. Die ASEAN hatte 2019 ein Handelsbilanzdefizit von 102,9 Milliarden US-Dollar im Austausch mit der Volksrepublik.
China ist inzwischen der wichtigste Handelspartner der ASEAN, ganz anders als noch während der Asienkrise 1997ff., die die Region seinerzeit schwer gebeutelt hat. Damals war selbst der Handel unter den ASEAN-Mitgliedern noch äußerst unterentwickelt. Ihre Exporte gingen fast ausschließlich nach Japan, Nordamerika oder Westeuropa.
Teilweise enormes Wirtschaftswachstum
Seitdem haben sich die internationalen Handelsströme drastisch verändert. Ursache ist nicht nur Chinas Aufstieg, sondern auch das zum Teil enorme Wirtschaftswachstum in einem Teil der ASEAN-Staaten und die wirtschaftliche Integration der politisch höchst diversen Allianz.
Chinas Vorstoß kommt vor dem Hintergrund der zunehmenden Versuche Washingtons, China zu isolieren und den Handel von Hightech-Produkten mit dem Land der Mitte zu beschränken. Beijing (Peking) versucht mit dem Ausbau seiner Handelsbeziehungen gegenzusteuern.
Für einige Staaten könnte das langfristig eine Zerreißprobe bedeuten, denn die USA versucht ebenfalls den größeren Teil von ihnen mittels eines Freihandelsabkommen, des Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity, einzubinden.
Außerdem zeigt das Handelsbilanzdefizit mit China, dass die ASEAN-Staaten zusätzliche Absatzmärkte brauchen. Schließlich gibt es aufgrund historischer Erfahrungen in den meisten Ländern Vorbehalte gegen eine zu große Abhängigkeit von China.