Chinas Küstenschutz

Ballistische Mittelstreckenrakete DF-26. Archivbild (2015): IceUnshattered/CC BY-SA 4.0

Die Volksrepublik versucht, sich fremde Marine mit einem inzwischen beachtlichen Arsenal von Abwehrraketen vom Leibe zu halten

China ist inzwischen in der Lage, einen Streifen von mehr als 910 Seemeilen (etwas mehr als 1500 Kilometern) vor seinen Küsten mit Anti-Schiff-Raketen im Ernstfall abzuschirmen. Das geht aus einem Beitrag in der Asia Times hervor, der wiederum auf einem Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des US-Kongresses basiert. Ein gewisses Interesse an Übertreibung ist also nicht ganz ausgeschlossen, allerdings gibt es dafür keinen konkreten Hinweis.

US-Militärs sorgen sich offenbar, dass sie damit keine Möglichkeit haben, Taiwan im Falle einer chinesischen Invasion zur Hilfe zu kommen. Diese wird in Beijing ausdrücklich nicht ausgeschlossen, denn dort besteht man formal auf der Einheit des im Bürgerkrieg zwischen 1945 und 1949 gespaltenen Landes.

Allerdings deutet bisher alles darauf hin, dass man in der Volksrepublik ganz gut mit dem Status quo leben kann, solange es keine formale Unabhängigkeitserklärung der Republik China – so der offizielle Name Taiwans – gibt.

Jedoch ist sowohl in der Region als auch in Washington bekannt, dass eine massive Aufrüstung Taiwans, zum Beispiel mit Raketenabfangsystemen, wie sie von Hardlinern in den USA immer wieder ins Spiel gebracht wird, ebenfalls für Beijing ein Kriegsgrund sein könnte.

Taiwan hat neben einem hohen symbolischen, innenpolitischen auch einen strategischen Wert für die Volksrepublik. Ihre Küste ist eingerahmt von US-Stützpunkten in Südkorea, auf dem japanischen Okinawa und den Hauptinseln Nippons sowie dem großen Flotten- und Atombomberstützpunkt auf Guam, westlich der Philippinen und 3.000 Kilometer vor der chinesischen Küste.

Selbst Guam ist jedoch inzwischen in der Reichweite chinesischer Mittelstreckenraketen, sodass die Zeit zu Ende geht, in der die USA die Volksrepublik militärisch unter Druck setzen könnte. Hinzu kommt, dass Chinas Marine in den letzten 15 Jahren gewaltig expandiert ist. Nur bei den Flugzeugträgern liegt man noch deutlich hinter den USA zurück. Der Bau eines dritten Flugzeugträgers wird derzeit durch die Corona-Pandemie verzögert.

Außerdem hat sie den Nachteil, dass sie keinen wirklich ungestörten Zugang zu den Weltmeeren hat, da Chinas Küste Inselketten vorgelagert sind, die nicht von Beijing kontrolliert werden. Nach den Daten des Stockholm International Peace Research Institute, veröffentlicht im SIPRI-Jahrbuch 2021 wird der Wehretat der Volksrepublik China für 2020 auf 252 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Gegenüber dem Vorjahr sei er um 1,9 Prozent gewachsen und zwar im 26. Jahr in Folge. Dennoch reichen Chinas Militärausgaben bei Weitem noch nicht an die der USA heran. Diese gaben nach SIPRI-Angaben 2020 778 Milliarden US-Dollar für ihr Militär aus, was gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg von 4,4 Prozent bedeutete.

Der Anstieg sei vor allem eine Folge vermehrter Ausgaben für Forschung und Entwicklung, der Modernisierung des Atomwaffenarsenals sowie von "Waffeneinkäufen im großen Umfang".