Comebacks der kleinen Helden

Geisterjäger und Geistergejagter (Artwork)

"Luigi’s Mansion 2" für den 3DS und "Sly Cooper: Thieves in Time" für die PS3 und PS Vita

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"Luigi’s Mansion" von Nintendo war 2002 ein Launch-Titel auf dem GameCube. Fans des charmanten Action-Adventures mussten über 10 Jahre auf den Nachfolger warten, der jetzt für den 3DS erschienen ist. Sonys frecher Jump-And-Run-Held "Sly Cooper" war schon totgeglaubt, weil die Entwickler von Sucker Punch sich ganz den "Infamous"-Spielen widmeten. Sein Comeback nach acht Jahren verdankt er Sanzaru Games, die zuvor die PS2-Trilogie als HD-Versionen auf die PS3 portierten. Trotz der langen Pause wirken Luigi und Sly erfreulich frisch.

Geisterjagd in Grün

Mit Luigi’s Mansion zeigte Nintendo seinerzeit vor allem, wozu der GameCube technisch in der Lage war. Das geisterhafte Spiel mit Licht und Schatten bot dafür das perfekte Setting. Die Story war schon damals simpel: Luigi muss Mario aus einer Gesitervilla befreien. Bewaffnet mit dem Staubsauger Schreckweg 08/16 fängt er die Gespenster, um den Spuk zu lösen und seinen Bruder zu erlösen. Das Konzept erinnert an die "Ghostbusters"-Filme. Luigi wechselt stets zwischen Gejagtem und Jäger: Die Geister greifen ihn an, aber sobald er sie mit seiner Taschenlampe blendet, kann er sie einsaugen. Hat er sie mit dem Schreckweg im Griff, muss er sie wie mit einer Angel einziehen und sich gegen ihre Fluchtbewegungen stemmen.

Die gruseligen Ereignisse sind im neuen Spiel eigentlich längst vergessen. Die Welt könnte so friedlich sein: Professor I. Gidd, der seinerzeit Luigis Suche unterstützte und die technischen Hilfsmittel zur Geisterjagd entwickelte, erforscht die friedlichen Gespenster der Umgebung. Das passt dem bösen Geisterkönig King Boo nicht und er zerstört den Finstermond, worauf die Geister Amok laufen und I. Gidd aus seinem Labor fliehen muss. Aber natürlich hat er eine grandiose Idee, wie er den Frieden wiederherstellen kann: Luigi muss die Stücke des Mondes bergen. Schließlich ist Marios Bruder dank seines fast vergessenen Ausflugs in die Villa ein erfahrener Geisterjäger.

Soweit die Rahmengeschichte; die Story ist bei Luigi’s Mansion 2 ebenso nebensächlich wie beim Vorgänger und den zahlreichen "Mario"-Games. Der Professor schickt Luigi mit einem Teleporter jeweils für einzelne Missionen in die Villen. Zunächst muss er dort die zurückgelassene Ausrüstung sicherstellen. Dabei trifft er auf die ersten Gespenster, die anfangs mehr lästig als gefährlich sind. So lernt er nebenbei den Umgang mit dem verbesserten Schreckweg 09/15 im Wechselspiel mit der blendenden Taschenlampe.

Mit Taschenlampe und Sauger auf Geisterjagd

Der Sauger hilft aber nicht nur bei der Geisterjagd, sondern Luigi spürt auch zahlreiche versteckte Schätze und Geheimnisse auf, indem er beispielsweise Vorhänge und Spinnweben einsaugt oder Deckenventilatoren in Bewegung setzt. Auch gibt es bereits in der ersten Villa einige Puzzles. "Luigi‘s Mansion 2" ist deutlich rätsellastiger als der Vorgänger. Die Aufgaben sind zwar nicht so komplex wie in typischen Point-And-Click-Adventures, aber oft steht Marios Bruder scheinbar in einer Sackgasse, aus der er nur mit ein wenig Kombination mit heraus kommt.

Der Staubsauger nimmt auch Tischdecken

Eine interessante Ergänzung ist die Dunkellampe, mit der Luigi Illusionsspuk aufdeckt, durch den einige Gegenstände scheinbar verschwunden sind. Liegt beispielsweise eine Fußmatte vor einer glatten Wand, haben vermutlich übermütige Geister die Türe vor dem menschlichen Auge versteckt. Luigi kann den Spuk enttarnen und die Missetäter einsaugen.

Neben den Puzzles, die Luigi zum Erfüllen der Missionen bewältigt, löst er andere um zahlreiche versteckte Schätze und Sammelobjekte zu erreichen. Mit dem gefundenen Gold wertet der Spieler den Schreckweg auf. Allerdings hat er dabei nicht wie in anderen Games die Wahl zwischen unterschiedlichen Verbesserungen, sondern erhält jeweils beim Erreichen einer bestimmten Summe ein vorgegebenes Upgrade.

Beim Absaugen der Spinnweben stolpert Luigi über eine etwas größere Spinne

Am Ende der einzelnen Villen wartet ein Boss, bevor Luigi das jeweilige Finsterstück an sich nehmen kann. Diese Kämpfe sind mehrstufig und deutlich interessanter als im ersten Teil. Aber auch die normalen Gegner bieten einige Abwechslung: Einige tragen Sonnenbrillen, die sie vor der Taschenlampe schützen, andere verstecken sich in Schubladen oder hinter Gegenständen, die sie gleichzeitig als Waffe benutzen. Immer wieder steht Luigi verschiedenen Geistern gleichzeitig gegenüber, sodass er schnell die Taktik wechseln muss. Abgerundet wird das Solospiel durch einen Multiplayer-Modus, in dem sich vier Jäger lokal oder online in vier verschiedenen Modi und drei Schwierigkeitsgeraden durch einen Geisterturm kämpfen.

Grafisch ist "Luigis Mansion 2" ein echter Genuss und setzt die 3D-Darstellung von Nintendos Handheld beeindruckend ein. Viele 3D-Games haben zwar imposante Hintergründe, aber die Charaktere wirken oft flach oder eckig. Die transparenten Geister haben dieses Problem nicht, da sie ohnehin Schemen bleiben. Dank einer weitgehend vorgegebenen Perspektive stimmt auch die Tiefenwahrnehmung dauerhaft. Leidglich beim Umschauen mittels Bewegungssensor in einigen Räumen verrutscht gelegentlich im Eifer des Gefechts der passende Blickwinkel für den 3D-Effekt. Die Soundkulisse ist ein Genuss: Die Musik baut auf dem Vorgänger auf und Luigis ängstliches Pfeifen und Atmen verleihen dem Ganzen den richtigen Charme.

Das Comeback ist mehr als gelungen: "Luigis Mansion 2" ist deutlich abwechslungsreicher und interessanter als der Vorgänger, der nach damaligen Standards zwar optisch glänzte, aber spielerisch nicht mit den Mario-Games mithalten konnte. Luigi braucht sich mit seinem neuen Auftritt in der Geisterwelt nicht hinter seinem großen Bruder verstecken: Den Entwicklern von Next Level Games ist ein großartiges Action-Adventure gelungen, das zu den originellsten Titeln für den 3DS gehört. Wer braucht eine tiefe Story, wenn die Geisterjagd so viel Liebe zum Detail hat und schlicht gutes Gaming bietet. Nintendos Heimkonsole Wii U, deren Käufer nach wie vor auf einen herausragenden Exklusivtitel warten, benötigt dringend ein Spiel von diesem Kaliber.

Zeitreise unter Dieben

"Sly Racoon" gehörte mit Ratchet & Clank und Jak & Daxter zu Sonys großen Jump-And-Run-Serien auf der PS2. Ein Genre, das auf den ersten beiden Playstation-Generationen durchaus prominent vertreten war. Die "Sly"-Entwickler von Sucker Punch Productions widmeten sich auf der PS3 allerdings vollständig den "Infamous"-Games (vg. 34943), womit ein weiteres Spiel um den sympathischen Dieb Sly und seine Freunde das gemütliche, kräftige Nilpferd Murray und die intelligente Schildröte Bentley unwahrscheinlich wurde. Jump-And-Run-Fans werden auf der PS3 deutlich schwächer bedient als auf der PS2: Das "Jak & Daxter"-Team Naughty Dog entwickelte die "Uncharted"-Serie und "Ratchet & Clank" existieren weiter, wurden aber von Spiel zu Spiel deutlich Action-lastiger und entfernten sich mehr und mehr vom Platformer-Genre.

Sly Racoon ist zurück

Im Zuge der HD-Umsetzungen von Sonys zweiten zur dritten Konsolengenerationen wurden alle drei Originalserien grafisch aufpoliert auf die PS3 gebracht. Die Portierung der "Sly"-Trilogie übernahm Sanzaru Games, die ohnehin die Serie weiter entwickeln wollten. So gab Sony ihnen schließlich den Auftrag für ein frisches Spiel um den Waschbären Sly, das jetzt mit Sly Cooper: Thieves in Time erschienen ist.

Die Story ist ebenso nebensächlich wie bei Luigis Geisterjagt und weitaus verworrener. Inhaltlich setzt der neue Titel dort an, wo die Trilogie endete: Damals täuschte Sly Amnesie vor, um mit seiner geliebten Gegenspielerin, der Polizistin Carmelita, zusammen zu sein. Diese heile Welt wird jetzt jedoch gestört, als die Buchseiten der berühmten Cooper-Clan-Chronik plötzlich nach und nach verschwinden, weil sich offensichtlich die Historie ändert. Gut, dass Bentley ohnehin gerade an Zeitreisen forscht. So machen sich die Freunde mit Murrays zur Zeitmaschine umgebauten Kleinbus auf die Reise in die Vergangenheit.

Sly Racoon, Rächer der Enterbten

Die Geschichte dient vor allem als Aufhänger für die einzelnen Settings, die das Trio beispielsweise in die Eiszeit und den Wilden Westen versetzen. In jeder Epoche treffen sie auf einen Waschbären-Vorfahren, den sie aus der Gefangenschaft eines Schurken befreien müssen. Viele Vorfahren und Gegner sind Referenzen auf die Originaltrilogie. Dass die Übeltäter ebenfalls Zeitreisende sind und auch Carmelita die Vergangenheit besucht, führt den Inhalt in die totale Absurdität, sodass auch hier gilt: Vergiss die Story und stürze dich ins Videogame!

Jede Epoche hat einen offenen Bereich, den vor allem Sly, aber gelegentlich auch die Freunde erkunden. Auch Sonys Spiel ist in Missionen unterteilt, die von der jeweiligen Basis starten. Anfangs muss der Dieb meist die Umgebung erkunden und beispielsweise Fotos von einer Festung machen. Dabei sollte er möglichst unentdeckt bleiben - wie schon in der Trilogie gibt es auch hier Ansätze von Stealth-Games: Der Spieler muss Wachen und Alarmsysteme beobachten, um Muster zu erkennen und sie zu umgehen.

Schleich dich!

Neben den beiden Gefährten werden die Vorfahren Slys nach ihrer Befreiung zu spielbaren Charakteren mit speziellen Fähigkeiten und eigenen Varianten des Cooper-Stabes, den jeder Waschbärendieb trägt. Beispielsweise hat "Tennesse Kid" Cooper den Stecken zur Pistole umgebaut. Er muss in einer Mission über Schienen surfen und dabei eine Postkutsche beschützen, die in der Ferne von Gegnern angegriffen sowie von Explosionen und Steinschlag bedroht wird.

In jeder Epoche findet Sly ein Kostüm, das ihm besondere Fähigkeiten verleiht. Mit einem wird er zum Bogenschützen, mit einem anderen zum sprungstarken Säbelzahntiger. Am Ende jedes Szenarios wartet der jeweilige Schurke als Bossgegner. Die mehrstufigen Endkämpfe verlangen einen Wechsel zwischen Slys normalen Fähigkeiten und den Kostümen. Vom Grundprinzip her sind die Bosskämpfe interessant, aber die einzelnen Phasen sind einander zu ähnlich - oft wird lediglich das Angriffsmuster schwieriger, aber Sly muss mit denselben Kontern reagieren.

Schnelle Kostümwechsel sind der Schlüssel bei den meisten Bosskämpfen

Die offenen Levels sind nicht nur deutlich größer als in früheren Sly-Spielen, sondern haben teilweise mehrere Ebenen. Eine gute Kenntnis der Umgebung hilft dabei das Ziel unerkannt zu erreichen. Gleichzeitig sollte der Spieler durchaus vom vorgegebenen Pfad abweichen, denn in jeder Epoche findet das Trio zahlreiche verborgene Schätze und Sammelobjekte. Auch darf sich Sly an nahezu alle Gegner von hinten anschleichen und ihre Taschen leerräumen. Das "verdiente" Gold investiert der Spieler in zusätzliche Fertigkeiten für die spielbaren Charaktere.

Wie in vielen Videogames muss der Spieler, der alle Schätze sammeln will, in frühere Szenarien zurückkehren, da Sly beim ersten Mal die passenden Kostüme und Fertigkeiten fehlen. Das Erkunden gehört zu den großen Stärken von "Sly Cooper: Thieves in Time".

Das Knacken der Sicherheitssysteme erfolgt als Retro-2D-Spiel

Die Steuerung geht weitgehend sehr gut von der Hand: Schleichpassagen und Sprünge sind ebenso präzise wie das Zielen beim Schießen. Der Spieler bestimmt mittels Knopfdruck, ob er beispielsweise auf einer Schiene landet und dort surft oder sie überspringt. In Innenbereichen gibt es allerdings gelegentliche störende Kameraprobleme. Auch einige Passagen, die auf die ohnehin nicht sonderlich präzise Bewegungssteuerung des Six-Axis-Controllers setzen, unterbrechen den Spielfluss. Die Grafik ist auf dem Niveau von den PS2-Portierungen und wirkt gelegentlich etwas eckig, aber die Figuren sind gut ausgearbeitet und haben Charakter.

Sanzuru Games ist ein würdiger vierter Teil der Sly-Serie gelungen. Sie bleiben den Wurzeln der Serie treu - vielleicht mehr als Sucker Punch Productions es selbst getan hätten. Die alten Entwickler loben den Nachfolger auf Twitter mit dem Satz, "Hope all enjoy it as much as we did…"

"Sly Cooper: Thieves in Time" ist ein wirklich gutes 3D-Jump-And-Run, das nicht ganz das Spielgefühl der alten Serie erreicht und auch hinter Nintendos Mario -3D-Platformern zurückbleibt. Das sind jedoch allesamt sehr hohe Messlatten. Jedem, der gerade auf Sonys aktueller Konsole vernünftige dreidimensionale Jump-And-Runs vermisst, kann ohne Bedenken zugreifen. Das Spiel läuft übrigens auf PS3 und PS Vita; wer eine Version kauft, darf beide installieren. Dank Cloud-Speicherung der Spieldaten kann ein Spieler nahtlos zwischen beiden Plattformen wechseln.

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