Mario, grüß mir die Sterne!

Raumschiff Mario

Nintendos "Super Mario Galaxy 2"

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„Super Mario Galaxy 2“ ist bereits der dritte „Super- Mario“-Titel für Nintendos Wii. Zwar durfte der italienische Klempner auf GameCube und Nintendo 64 in Varianten wie „Paper Mario“ auftreten, ihm war aber jeweils nur ein Spiel in der herkömmlichen Jump-And-Run-Serie vergönnt.

Wieder einmal ist Prinzessin Peach verschwunden, wieder einmal ist hat Bowser sie entführt. Kaum hat Mario im Dezember letzten Jahres die zweidimensionalen Welten des New Super Mario Bros durchquert, um seine Herzensdame zu befreien, kehrt er nun zurück in ferne Galaxien. Die Geschichte dient in den "Super-Mario"-Titeln jeher nur der einfachen Untermalung. Super Mario Galaxy 2 verzichtet auch auf den aufwändigen Vorspann des ersten Galaxy-Spiels. Die Hintergrundgeschichte bleibt dort wo sie hingehört – im Hintergrund.

Schnell ist der Spieler im Geschehen und startet zunächst auf Raumschiff Mario, das mit den Schiffen aus Science-Fiction-Filmen so gar nichts gemein hat. Es ist eher ein Planetoid, der so winzig ist, dass sich Saint-Exupérys kleiner Prinz zuhause fühlen würde. Die Form ist Marios Kopf nachempfunden und die Oberfläche von diversen freundlichen Kreaturen besiedelt.

Bevor Mario sich dem entscheidenden Kampf gegen Bowser stellen kann, muss er zahlreiche Planeten bereisen und Power-Sterne einsammeln. Die Level auf den Planeten zeigen deutlich die Wurzeln des ersten Super Mario Galaxy. Das grundsätzliche Spielprinzip ist dasselbe, die Steuerung und auch der Aufbau bleibt gleich. Schon der erste Teil war vielseitig und mischte 3D-Jump-And-Run nach Art von Super Mario 64 mit Passagen, die eher an die zweidimensionalen Titel der Serie erinnern, und neuen Ideen durch kleinste Planetoiden mit ihrer eigenen Schwerkraft und Schweben im freien Raum.

Produzent Shigeru Miyamoto vergleicht die Entstehung der Fortsetzung in einem Interview mit der von The Legend of Zelda: Majora’s Mask, das auf der Programiergrundlage des Vorgängers Ocarina of Time entstand. Ursprünglich war ein „Super Mario Galaxy 1.5“ geplant, das dieselben Umgebungen wie der erste Teil verwendet und lediglich neue Aufgaben einbaut. Mit der Zeit flossen aber zu viele neue Ideen ein, sodass im Endeffekt auf Basis der vorhandenen Engine ein gänzlich neues Universum entstand.

„Super Mario Galaxy 2“ vermischt die unterschiedlichen Spielarten noch flüssiger als der Vorgänger. Die Übergänge erfolgen oft nahtlos, wenn beispielsweise auf der Oberfläche einer rotierende Rolle ein typisches 2D-Level-Design sitzt. Die Kamera folgt dem Geschehen dabei jeweils so, dass der Spieler die Übergänge kaum spürt.

Spiele mit der Schwerkraft

Die Planeten entsprechen dem bekannten Mario-Stil mit ihren bunten Farben und den typischen Gegenständen wie Münzen, Röhren und den im ersten Galaxy-Titel eingeführten Sternenteilen. Gumbas, Koopas, Piranha-Pflanzen und weitere oftmals alte „Bekannte“ wollen Mario am Erreichen der Power-Sterne hindern. Der Held kann viele Gegner mit seiner Wirbelattacke beiseite fegen. Gelingt es ihm jedoch ihnen, im guten alten Super-Mario-Stil auf den Kopf zu springen, wird er mit einer Münze belohnt. Einige Gegner und die zahlreichen Minibosse lassen sich selbstverständlich nicht so einfach aus dem Weg räumen, sondern benötigen eine eigene Strategie.

Jeder Planet ist individuell gestaltet und hat oft seine eigene, kleine Geschichte. Dabei kehren alte Bekannte – sowohl aus dem ersten „Super Mario Galaxy“ als auch aus älteren Spielern zurück. Mario trifft beispielsweise erneut auf die Bienenkönigin aus dem ersten Teil. Als alter Wegbegleiter ist vor allem Yoshi zu nennen, der Mario auf mehreren Planeten begleitet. Der grüne Reitsaurier ist stärker ins Spielgeschehen einbezogen als in Super Mario Sunshine. Er erleichtert dem Klempner mit der roten Mütze nicht nur das Vorankommen, sondern ist an zahlreichen Stellen unverzichtbar. Er kann nicht nur Gegner und Boni mit seiner Zunge aufnehmen, sondern spezielle Früchte verspeisen. So wird er beispielsweise nach dem „Genuss“ scharfer Chilischoten so schnell, dass er über Wasser und an Wänden hoch läuft.

Auch Mario selbst darf wieder in diverse Kostüme schlüpfen, die ihm unterschiedliche Fähigkeiten verleihen. Die Feuerblume gehört zu den ältesten Mario-Accessoires, auch das Bienen-Outfit aus dem ersten „Super Mario Galaxy“ kehrt zurück. Hinzu kommen zwei neue Kostüme: Fels-Mario rollt wie eine große Bowlingkugel über Gegner und zertrümmert Hindernisse. Wolken-Mario schwebt – wie zu erwarten – auf Wolken.

Der Held als Bowlingkugel

Die Basisbewegungen bleiben dieselben wie eh und je mit Dreifachsprung, Rückwärtssalto, Wandsprung, Stampfattacke und Co. Wer schon einen Mario-Titel gespielt hat, fühlt sich direkt zuhause. Die Bewegungssteuerung via Wii-Mote kommt nur moderat zum Einsatz. Wie schon im ersten „Super Mario Galaxy“ liegt der Schwerpunkt der Kontrolle im Analogstick. Die Mote schüttelt der Spieler beispielsweise für die Wirbelattacke. Außerdem kann er Sternenteile durch Zielen auf den Bildschirm einsammeln und Mario so die Lauferei sparen. Auch zum Füttern des Dinos Yoshi zielt der Spieler direkt auf die gewünschte Frucht.

Für Neulinge, die Nintendo offensichtlich ganz gezielt angeht, haben die Designer diverse Hilfen eingebaut: Neben der üblichen Erklärung auf Schildern, gibt es jetzt Fernseher mit kurzen Videos, die den Spieler in die Aktionen einweisen. Auch liegt dem Spiel eine DVD für Anfänger bei. Ob das schon beinahe etwas zu vorsichtig ist, lässt sich vermutlich nur aus der Perspektive eines Debütanten beantworten. Die Grundsteuerung ist jedenfalls deutlich einfacher als bei den meisten anderen aktuellen Videospielen. Auch muss sich niemand alle Fähigkeiten merken, da die Kostüme immer dort verfügbar sind, wo sie zum Einsatz kommen, und fast ausnahmslos über den A-Knopf oder das Schütteln der Wii-Mote bedient werden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass „Super Mario Galaxy 2“ ein leichtes Spiel ist. Im Gegenteil: Die Level werden bald ziemlich knackig. Der Spieler muss sich seine Power-Sterne verdienen. Schnell führt ein unvorsichtiger Sprung ins Leere. Viele Passagen erfordern mehrere Anläufe. Dabei droht allerdings fast nie ein „Game Over“. Zwar startet Mario nach jedem Laden des Spielstands mit lediglich vier Leben, aber an besonders kniffligen Stellen wartet meist ein 1-up-Pilz, der ein Extraleben spendiert. Auch erhält der Held regelmäßig auf seinem Raumschiff Bonusleben als Polster.

Anders als bei den bisherigen 3D-Mario-Titeln dient das Raumschiff Mario nicht wie das Schloss in „Super Mario 64“ oder das Raumschiff in „Super Mario Galaxy“ als Basis, aus der Mario immer neue Bereiche besucht. Der Gesamtaufbau ist an die zweidimensionalen Titel angelehnt: Der Spieler muss einen Planeten erfolgreich beenden, um den nächsten bereisen zu können. Die Galaxie ist dazu in sechs Hauptwelten unterteilt, an dessen Ende jeweils ein Bosskampf gegen Bowser oder Bowser Jr. steht.

Level-Aufbau im Stil der alten Mario-Titel

Gelegentlich haben die Karte innerhalb einer Welt Gabelungen, die das Überspringen einzelner Level ermöglichen. An anderen Stellen benötigt der Spieler eine bestimmte Anzahl an Power-Sternen zum Vorankommen. Dazu muss er gelegentlich Planeten mehrfach besuchen, da jeder mehr als einen Power-Stern bereit hält.

Zum Teil gibt es nach dem ersten Power-Stern einfach einen neuen Kurs auf dem bekannten Terrain. Manche Sterne sind auf dem Planeten versteckte Minispiele, für andere muss Mario eine bestimmte Anzahl an Münzen finden und damit einen neuen Weg freischalten. Hinzu kommen Schabernack-Kometen, die der Held durch das Sammeln von mehr oder weniger gut versteckten Kometenmünzen frei schaltet. Die Kometen sind oft eine schwierigere Variante des ursprünglichen Levels, in denen Mario beispielsweise ein knappes Zeitlimit einhalten oder mit nur einem Punkt Lebensenergie auskommen muss.

Der Spieler benötigt bei weitem nicht alle verfügbaren Power-Sterne, um den letzten Boss zu besiegen. Zum Vorankommen auf der Karte genügt jeweils einer. Sollte jemand zu oft an einem einzelnen Planeten scheitern, darf er den Kosmo-Assistenten bemühen. Der beendet nach dem aus „New Super Mario Bros“ bekannten Prinzip das Level für den Spieler, der dafür allerdings nur einen hässlichen Bronzestern statt des begehrten goldenen erhält.

Die Balance ist eine der großen Stärken von „Super Mario Galaxy 2“. Der Schwierigkeitsgrad fordert den Spieler stets ohne ihn zu frustrieren. Das Erreichen des Power-Sterns beschert das Erfolgserlebnis, das Videospiele ausmacht. 1-up-Pilze für Extraleben und Münzen zum Regenerieren der Lebensenergie sind nicht im Überfluss, aber ausreichend vorhanden, um zu verhindern, dass ein einfacher Flüchtigkeitsfehler einen Neustart bedeutet. Zudem hilft der Kosmo-Assistent denjenigen, die an einem einzelnen Level ständig scheitern. Umgekehrt gibt es genügend besonders knifflige, optionale Herausforderungen für diejenigen, die es schwieriger mögen.

Eine weitere Stärke ist die Vielfalt. Nahezu jeder Planet bringt spielerisch etwas Neues. Nie kommt das Gefühl auf, dass die Entwickler ein bewährtes Prinzip recyclen. Auch nach vielen Stunden warten noch frische Ideen, die oftmals nur ein einziges Mal verwendet werden.

Schwieriger als die Aufzählung der Tugenden ist die Suche nach negativen Punkten. Manch einen mögen die leuchtenden Farben oder die einfache Hintergrundgeschichte abschrecken, aber alles andere wäre nicht mehr „Super Mario“ – so präsentiert sich die Serie nun mal seit 25 Jahren. Das Spiel zeigt auch deutlich, dass es eine Fortsetzung ist: Echte Innovationen im Vergleich zum Vorgänger gibt es nicht. Die Entwickler nutzten aber offensichtlich den Vorteil der vorhandenen Basis und konzentrierten sich voll aufs Level-Design, das eleganter ist als im ersten Teil. Das Ergebnis ist weit mehr als die in der Branche häufig anzutreffenden schnellen Nachfolger, die auf dem Erfolg des Vorgängers aufsetzen und wenig Neues bieten.

„Super Mario Galaxy 2“ ist noch ein Stück besser als der bereits großartige erste Teil. Es ist die gelungene Kombination der modernen Gestaltung mit guten alten Videospieltugenden. Ob es das beste „Super Mario“ aller Zeiten ist oder vielleicht doch „Super Mario 64“ oder gar ein älterer Vertreter wie „Super Mario World“ die Nase vorn haben, ist vor allem Geschmacksache. Von den aktuellen Jump-And-Run-Helden kann derzeit keiner dem Klempner mit der roten Mütze auf seiner zweiten Weltraumreise das Wasser reichen.