Commedia dell’arte im Weißen Haus

Scaramouche-Darstellung von Michel Levy Freres (1860)

Nach nur zehn Tagen im Amt feuert Trump seinen Kommunikationsberater Scaramucci

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Der "Scaramuccia" oder "Scaramouche", das "Großmaul", ist seit dem Ende des 17. Jahrhunderts eine feste Figur in der Commedia dell’arte. Dort wird der dunkel gekleidete Aufschneider am Schluss eines Stücks häufig vom Harlekin, einer Trickster-Figur, verprügelt. Ähnlich erging es jetzt Donald Trumps Kommunikationsdirektor Anthony Scaramucci, der gestern nach nur zehn Tagen im Amt entlassen wurde, nachdem er vorher einem Reporter des New Yorker nicht nur offenbarte, dass er Trumps kurz darauf entlassenen Stabsschef Reince Priebus für einen "scheißparanoiden Schizophrenen" hält, sondern auch sagte: "Ich bin nicht Steve Bannon. Ich versuche nicht, meinen eigenen Schwanz zu lutschen."

Das Weiße Haus nennt als offiziellen Grund für die Entlassung des ehemaligen Wall-Street-Bankers, der kurz vor einer Trennung von seiner Ehefrau stehen soll, einen "sauberen Neuanfang", den man damit dem neuen Stabschef John Kelly ermöglichen wolle, der am Montag vereidigt wurde. Trumps Sprecherin Sarah Huckabee Sanders meinte zwar, ihr Chef sei "ganz sicher der Ansicht", dass Scaramuccis Äußerungen im New Yorker "unangemessen für einen Mann in dessen Position waren", blockte aber weitere Fragen dazu mit der Bemerkung ab, es sei wichtiger, sich um Jobs für alle Amerikaner als nur um die im Weißen Haus zu kümmern.

Forderung Kellys?

Politico will unter der Hand von zwei Mitarbeitern des Weißen Hauses erfahren haben, dass Scaramuccis Entlassung keine Idee Trumps, sondern eine explizite Forderung Kellys war. Vorher hatte Scaramucci gedroht, er werde "jeden" entlassen, der im Pressebüro des Weißen Hauses arbeitet, wenn das heimliche Weitergeben von Informationen an die Medien nicht aufhöre. Trump selbst meinte gestern auf Twitter lediglich, es sei "ein großartiger Tag im Weißen Haus" gewesen. Vorher hatte er darauf hingewiesen, dass die Börse Höchststände verzeichne, die Wirtschaftszahlen so gut seien "wie seit Jahren nicht mehr" und die Löhne stiegen.

Außerdem traf sich Trump am Montag mit dem libertär beeinflussten republikanischen Senator Rand Paul, der der Presse danach mitteilte, dass es bei dem Treffen darum gegangen sei, wie der Präsident durch Erlasse, für die keine Kongressmehrheiten benötigt werden, Änderungen im Gesundheitswesen durchsetzen kann. Über Pauls Vorschlag, Zusammenschlüssen von kleinen Geschäften oder Individuen zu erlauben, über die Grenzen der Bundesstaaten hinweg kostengünstigere Verträge für ihre Mitglieder auszuhandeln, will der Präsident angeblich nachdenken.

Reaktionen

In US-Medien wurde Scaramuccis Rauswurf unterschiedlich aufgenommen: Während sich Jake Tapper auf CNN angesichts der gehäuften Entlassungen in den letzten Wochen an die "Rote Hochzeit" aus der Serie Game of Thrones erinnert fühlte und während der Hardball-Moderator Chris Matthews auf MSNBC die Personalpolitik des US-Präsidenten mit der des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-Un verglich, lobte der ehemalige Präsidentschaftbewerber Pat Buchanan (der mit Trump viel gemeinsam hat - vgl. Proto-Trump), den Schritt beim Power Lunch von CNBC als "eindrucksvoll und korrekt".

Damit, so Buchanan, senden Trump und Kelly eine "gesunde Botschaft" aus, die klar mache, wer das Sagen hat und wer nicht. Das sei nötig, damit Kelly den "sehr sehr schwierigen Job" erledigen könne, "Ordnung, Disziplin und klare Kommandoketten" im Weißen Haus zu etablieren. Kelly, der vier Jahrzehnte lang im Marine Corps diente, bringe eine "Ethik" mit, die im West Wing "eindeutig benötigt" werde.

Über einen anderen Versuch, die Ethik in der Trump-Administration zu verbessern, berichtete gestern CBN News: Der ehemalige Basketballprofi Ralph Drollinger hat einen wöchentlichen Bibel-Lesekreis eröffnet, an dem unter anderem Justizminister Jeff Sessions, Bildungsministerin Betsy DeVos, Gesundheitsminister Tom Price, Energieminister Rick Perry, Landwirtschaftsminister Sunny Perdue und CIA Director Mike Pompeo regelmäßig teilnehmen.

Drollinger zufolge hat auch Vizepräsident Mike Pence seine Teilnahme zugesagt, ist aber bislang noch nicht erschienen. In der Vergangenheit etablierte der deutschstämmige Ex-Sportler ähnliche Lesekreise für den Senat, das Repräsentantenhaus und die Legislativen in 40 Bundesstaaten. In der US-Exekutive gab es so etwas seinen Worten nach seit mindestens hundert Jahren nicht mehr.

Scaramouche, Scaramouche, will you do the Fandango?