Cop26: Debatten für den Märchenwald
Länder des Globalen Südens sperren sich aus Angst vor Wirtschaftseinbruch vor Waldschutz. USA gehen mit schlechtem Beispiel voran
Am 2. November hat US-Präsident Joseph Biden gemeinsam mit mehr als 100 Staats- und Regierungschefs auf der 26. UN-Klimakonferenz (Cop26) im schottischen Glasgow eine Erklärung zur Bekämpfung und Umkehr der voranschreitenden Entwaldung auf dem Planeten bis 2030.
Darin erklären die Staatschefs unter anderem: "Wir werden unsere gemeinsamen Anstrengungen verstärken, um Wälder und andere terrestrische Ökosysteme zu erhalten und ihre Wiederherstellung zu beschleunigen." Dabei wird die herausragende Rolle des Walderhalts für den Schutz des Klimas, aber auch der Artenvielfalt betont
Die Zusage umfasst mehr als 19 Milliarden US-Dollar an öffentlichen und privaten Mitteln. Mitunterzeichnende Länder wie Indonesien, auf dessen Territorium sich der drittgrößte tropische Regenwald des Planeten befindet, äußerten sich derweil besorgt, dass die politischen Absichtserklärungen zu neuen wirtschaftlichen Ungleichbehandlungen und Ungerechtigkeiten führen könnten.
Indonesiens wirtschaftliche und soziale Entwicklung hänge stark von seiner Holzwirtschaft ab, eine einseitige Einschränkung ohne Kompensationen würde die ökonomische Entwicklung des Landes insgesamt treffen. Eine Situation, wie sie auf viele Staaten des Globalen Südens zutrifft.
Doppelte Standards
Der Vorwurf wiegt daher besonders schwer, da auch auf dem Bereich des Waldschutzes, da die westlichen Industrieländer seit jeher unterschiedliche Maßstäbe bei sich und anderen anlegen.
Umweltschützer hatten die neue Erklärung dementsprechend begrüßt, aber auch gewarnt, dass eine frühere Vereinbarung aus dem Jahr 2014 "die Entwaldung überhaupt nicht verlangsamt" habe.
Solange es deutlich lukrativer ist, Wälder abzuholzen als aufzuforsten, ist der Druck auf Ökonomien des Globalen Südens natürlich besonders groß, in denen zudem weiterhin in erster Linie westliches Kapital und Unternehmen den Raubbau antreiben.
In Zeiten knapper werdender Baustoffe erfreuen sich Waldinvestments neuer Beliebtheit bei den großen Anlegerfonds. Die Weltbank wirbt dafür, dass ganze Pensionsfonds - also etwa die Aktienrente, die mit der Ampel-Regierung auch in Deutschland Einzug haben soll - in Holz investieren sollten. Die Welternährungsorganisation schätzt immerhin, dass der globale Holzverbrauch weltweit bis 2050 um die Hälfte steigen wird.
Die Rohstoffknappheit schlägt auch in der heimischen Waldwirtschaft der USA durch, und lässt durchscheinen, wie ernst es mit den Versprechen auf dem Klimagipfel gemeint ist. Das "Build-Back-Better"-Programm der US-Regierung sieht zwar ebenfalls "historische Investitionen" in die Wiederaufforstung in den USA vor. Gleichzeitig treibt die US-Forstbehörde in den USA im Stillen eine Reihe von Plänen des kommerziellen Holzeinschlags voran - gegen die Lippenbekenntnisse Bidens auf dem UN-Klimagipfel.
Unter Trump wurde neben vielen anderen Umweltvorschriften auch der Waldschutz umfassend "dereguliert", was riesige Schlupflöcher für einen entfesselten Raubbau gelassen hat.
Laut Mike Garrity, dem Geschäftsführer der "Alliance for the Wild Rockies" (AFWR), die sich für den Schutz der nördlichen Rocky Mountains einsetzt, war die Deregulierung unter Trump freilich nur der Höhepunkt einer jahrzehntelangen politischen Unterstützung der Holzindustrie.
Auch unter der Präsidentschaft Barack Obamas sei die Abholzung steil nach oben gegangen und unter Präsident Biden ist keinerlei Umlenken großer Einschlagprojekte in den US-Nationalparks erkennbar.
Klagen von US-Umweltschützern sind vor den zuständigen Gerichten anhängig — mit ungewissen Erfolgsaussichten.
Bei der großen Märchenshow während der Cop-26-Beratungen auch mit dabei war übrigens Amazon-Chef Jeff Bezos. Der musste nach eigenen Angaben erst einmal in den Weltraum fliegen, um sich der Umweltprobleme des Blauen Planeten von oben bewusst zu werden.
Ein wenig Greenwashing für sein Weltraum-Tourismusunternehmen Blue Origin, dürfte eventuell dazu beigetragen haben, dass Bezos zwei Milliarden US-Dollar für den Wald- und Umweltschutz spendet, die üblichen Steuerabschreibungen für "Philanthropen" inklusive.
Bezos, der auf dem Höhepunkt des globalen Corona-Lockdowns sein Privatvermögen schon auch mal an einem einzigen Tag um 13 Milliarden US Dollar steigern konnte, sollte sowas aus der Portokasse zahlen können.
Seine Firma Amazon verschickt mittlerweile mehr als vier Milliarden Pakete pro Jahr. Neben Plastikverpackungen dürfte da auch eine ganze Menge Papier und Pappe dabei sein, die ja aus Holz hergestellt werden.