Corona-App: Wie geht es nach dem Lockdown weiter?
- Corona-App: Wie geht es nach dem Lockdown weiter?
- Die Weichenstellung für Europa
- Die Pflicht-App zwingt zu Disziplin
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Wir sollten uns eher zur Abgabe unserer Daten bereiterklären, als wochenlang in einem durch "Datenschutz" begründeten Lockdown zu veröden
Es gibt wohl keinen Zweifel: der aktuelle Shutdown wirkt nur schwach, die deshalb notwendige Verlängerung ist ein harter Schlag. Anders als im Frühjahr gehen die Infektionsraten nur langsam zurück. Hatte man keine anderen Möglichkeiten erwogen? In Fernost zumindest ist die zweite Welle bislang ausgeblieben. Die Wirtschaft brummt, während bei uns die Schulden ins Astronomische steigen. Hat das hierzulande niemand wahrgenommen oder nur wenige interessiert?
Einer der Hebel dort ist die wesentlich strengere Quarantäne. Schnell und viel testen, verbunden mit einer straffen, voll digitalisierten Verwaltung und einer konsequenten Nutzung des Smartphones. Das rasche Durchsetzen der Quarantäne und deren Überwachung ist die Priorität, teils kombiniert mit Nutzung eines Gesundheitsausweises.
Bei uns geht es dagegen bei der Corona-App nur um Warnung vor Infizierten und um deren Nachverfolgung, beides mit nur geringem Erfolg. Die Warnhinweise lassen den Nutzer ratlos zurück, und für die Rückverfolgung entstand nicht das erwartete Wunderinstrument. Als eine Ursache werden die Erschwernisse durch die europäischen Datenschutzbestimmungen und -gesetze gesehen.
"Wir müssen runter von diesem Datenschutz-Kult" und "Wir müssen diese App scharf stellen" hatte Boris Palmer, Grünen-Politiker, vor kurzem in dem Boulevardblatt BILD gewettert. Ihm ging es um bessere Nachverfolgung "wo sich wer ansteckt". Schon ein kurzer Blick in Wikipedia zu Anwendungen in Fernost zeigt aber, dass es dort, wie erwähnt, um anderes geht, nämlich um einen zuverlässigen Ausweis des Smartphones dafür, ob jemand "gesund oder krank" ist, kombiniert mit dem Durchsetzen von Quarantäneverpflichtungen.1
Wunderwaffe Smartphone
In China zeigt die App die Quarantänepflicht an: Gelb für sieben und Rot für vierzehn Tage. Kontrollen an Bahnhöfen und in Einkaufszentren sind üblich. In Singapur ist die App für das Betreten öffentlicher Gebäude notwendig. In Indien ist es für die Beschäftigten von Unternehmen und Ämtern Vorschrift. Singapur und Australien registrieren GPS-kontrolliert das Verlassen der Quarantäne-Unterkunft und nutzen es zur Strafverfolgung. Taiwan arbeitet dabei völlig ohne Corona-App. Man nutzt das Smartphone, um Quarantänepflichten konsequent zu kontrollieren - sozusagen als Fußfessel - und kontrolliert die Bewegungen in Zusammenarbeit mit dem Telefonanbieter während der Erkrankung, aber ohne App.2
Alle diese Länder setzen die Möglichkeiten des Smartphones also härter und anders ein als wir, eben zur Lokalisierungskontrolle und als Gesundheitsausweis und nur wenig zur Nachverfolgung Infizierter. Diese Länder waren damit erfolgreich und konnten die Herbstwelle verhindern - eine Botschaft an uns für das Maßnahmenpaket nach diesem Lockdown. Denn die Impfungen allein werden nicht genügen. Der Impfschutz ist vergänglich und freiwillig. Die sofortige und konsequente Isolierung sporadisch auftretender Infektionen wird nun höchste Priorität haben müssen.Das erfordert eine neue Strategie und eine völlige Überarbeitung der Ziele der Mobilgerätnutzung.
Weitergehende Nutzungsmodelle würden dabei die europäische Datenschutz-Gesetzgebung berühren. Sie wären nicht mehr nur ein Thema der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten der Bundesländer, sondern wohl auch eines der EU-Kommission.