Corona-Beginn in Indien und deutsche Rückholaktion
Seite 2: Corona in Indien
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Die größte Minorität weltweit sind Inder, und ab Februar 2020 flohen sie in großer Anzahl nach Hause, zumindest jene, die es sich leisten konnten. Ihnen schlug nicht die Ablehnung entgegen wie vorher den Ausländern in Indien, auch wenn sie aus Ländern mit hohen Fallzahlen wie USA und UK kamen. Viele werden vermutlich diese Entscheidung bereut haben, die Bedingungen unter dem Lockdown-Regime waren kaum tragbar.
Es kam wie es kommen musste: Der Lockdown war löchrig wie ein Sieb, das Virus konnte sich praktisch ungehindert verbreiten, der Stillstand der Wirtschaft verpuffte wirkungslos. Bilder von Wanderarbeitern, die in sengender Hitze zu Fuß Hunderte und Tausende Kilometer über leere Autobahnen nach Hause zogen und massenhaft kollabierten, gingen um die Welt.
Ob im Frühjahr/Sommer 2020 mehr Menschen an Corona oder an den Folgen des Lockdowns starben, wird man nie wissen. Ebenso sind alle Zahlen und Statistiken bezüglich Corona in Indien mit äußerster Vorsicht zu behandeln. Während z.B. die Regierungen Pakistans und Nepals einfach nicht im Bilde darüber sind, was in ihren Dörfern und Städten vorgeht, steht die Regierung von Premierminister Narendra Modi eindeutig unter Manipulationsverdacht.
Ob Anzahl der Infektionen oder Toten, Stichproben haben zehnfach höhere als die offiziellen Werte ergeben, häufig sogar noch mehr. Und immer wieder wurden Sinn und Zweck des Lockdowns in Frage gestellt. Nur Wochen nach dessen Ende wurden in manchen Gegenden bei zwei Dritteln der Bewohner Antikörper festgestellt.
Das alles sieht Narendra Modi völlig anders. Beim virtuellen Davoser Weltwirtschaftsforum am 28. Januar 2021 erklärte er die Pandemie für besiegt und die Strategie seines Landes als vorbildlich für andere. Nur drei Monate später zerlegte die Deltawelle jede einzelne seiner Behauptungen und stürzte seine Regierung in ihre bisher schwerste Krise.
Rückkehr zur Normalität?
Wann Indien zur Normalität zurückfindet lässt sich sowenig sagen wie sonst wo. Zunächst muss man abwarten, wie Omikron verläuft, ob wie im April und Mai 2021 während Delta oder vielleicht doch weniger verheerend. Die Perspektiven für den internationalen Tourismus sind ziemlich ungewiss, es ist sehr fraglich, ob die Einreisezahlen vor Corona jemals wieder erreicht werden.
Touristenvisa gibt es erst seit Sommer 2021 wieder, jedoch nur für einen Monat und sie können nicht verlängert werden. Die Touristenvisa werden, was wenig überrascht, kaum in Anspruch genommen. Potentielle Besucher sind gewarnt und auf der Hut. Und in Zukunft soll es laut AA keine weiteren Rückholaktionen geben.
Der Popularität Narendra Modis und seiner Partei, der rechtsnationalistischen Bharatiya Janata Party(BJP), werden die katastrophalen Fehler in der Pandemiebekämpfung sehr wahrscheinlich so wenig anhaben wie andere krasse, kaum für möglich gehaltene Fehler vorher.
Modi ist ein Populist, aber kein Despot oder Diktator. Er kann sich auf breite Zustimmung in der Bevölkerung stützen und kein anderer Politiker einer Oppositionspartei genießt annähernd sein Ansehen. Die indische Bevölkerung hat sich quasi selbst freiwillig diesem "Visionär" ausgeliefert. Die Mehrheit der Inder will einfach glauben, dass Modi ihr Land ins 21.Jahrhundert und an die Weltspitze führt.
Sie übersieht dabei, dass Modi und die BJP eben nicht die sozialen Voraussetzungen dazu schaffen. Eben auch die Ideologie der BJP, Hindutva, wird diese nicht herbeiführen. Ganz im Gegenteil: Hindutva will die Gesellschaft belassen, wie sie ist. Und Gift für die Gesellschaft, besonders für eine so heterogene wie die indische, ist es, die "Anderen" wie zum Beispiel Muslime, Christen und Dalits zu Sündenböcken zu machen.