Corona-Krise, Ölpreis und Teslas Elektro-SUV

Die Energie- und Klimawochenschau: Zu billiges Öl? Die Sicherheit von AKW und tödliche Hitze

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Inzwischen ist ziemlich offensichtlich, dass aus der Corona-Krise auch eine ausgewachsene Wirtschaftskrise werden wird. Das lässt sich unter anderem sehr gut am Ölpreis ablesen, der immer weiter absackt. Am Dienstagabend waren sowohl die US-Standardsorte WTI als auch ihr europäisches Äquivalent Brent für deutlich unter 30 US-Dollar pro Barrel (159-Liter-Fass) zu haben.

Der Preissturz ist ein Krisenzeichen, wie es deutlicher kaum sein könnte, und entsprechend sind auch rund um den Globus die Aktienkurse tief abgesackt. Der Dax hat zum Beispiel seit Mitte Februar etwa 5.000 Zähler oder rund 35 Prozent verloren.

Der niedrige Ölpreis dürfte für viele Produzenten bereits unterhalb der Gestehungskosten liegen. Insbesondere die US-Frackingindustrie dürften nicht mehr profitabel wirtschaften können. Verharrt der Preis für längere Zeit in diesem Keller dürfte in den USA so manches Kredit-Kartenhaus einstürzen.

Auch der Abbau von Teersänden in Kanada, aus denen dort Rohöl synthetisiert wird, dürfte sich unter diesen Bedingungen nicht mehr lohnen. Ähnliches gilt für die Förderung aus großen Tiefen an den Kontinentalrändern oder etwa im arktischen Becken.

Die Risiken

Für die künftige Energieversorgung ergibt sich paradoxe Situation, dass der derzeitige Niedrigpreis schon in wenigen Jahren zu Höchstpreisen führen könnte. Je länger der Ölpreis so gering bleibt, desto stärker werden die Einbrüche bei der Erschließung neuer Felder und den Investitionen zur Ertragssteigerung in alten, fast erschöpften Feldern sein. Das wiederum wird zu künftiger Knappheit führen.

Es sei denn, auch bei der Nachfrage gibt es einen nachhaltigen Einbruch. Das ist denkbar, aber nicht sehr wahrscheinlich für den Fall, dass die Weltwirtschaft in eine länger anhaltende Depression versinken sollte. Doch davor wird uns wahrscheinlich China bewahren, das voraussichtlich seinen Binnenmarkt verstärkt stimulieren wird. Auch die wirtschaftliche Dynamik einiger größerer afrikanischer Staaten könnte gegen ein etwaiges Jahrzehnt der Depression sprechen.

Ein nachhaltiger Einbruch der Erdölnachfrage könnte außerdem durch Substitution ausgelöst werden. Wenn der Verkehr zunehmend auf elektrische Antriebe umgestellt würde, ginge der Ölverbrauch natürlich ebenfalls zurück.

Eine für die Weltwirtschaft und die internationalen Beziehungen wichtige Frage wird dabei sein, ob dieser zweifelsohne in den nächsten Jahrzehnten über die Bühne gehende Wandel geordnet erfolgt oder mit allerlei Verwerfungen wie extremen Bewegungen des Ölpreises, zerrütteten Staatsfinanzen, Schuldenkrisen und Massenarbeitslosigkeit in Regionen, die zu sehr von der Autobranche abhängig sind, verbunden sein wird.

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Zunächst gibt es allerdings naheliegendere Probleme. Wie wird gewährleistet, dass kein Mensch zurückgelassen wird? Wie ist der Ausbreitung der Pandemie beizukommen? Kann sie in Zeiten, in denen auch noch aus der letzten menschlichen Regung ein Geschäft gemacht wird, ausreichend verlangsamt werden, um das gebeutelte Gesundheitswesen nicht zu überlasten?

Und natürlich fragt sich auch in Zeiten der Corona-Krise der eine oder die andere schon besorgt, wird denn auch die Grundversorgung noch funktionieren. Kommt weiter sauberes Trinkwasser aus meinem Wasserhahn? Ist die Stromversorgung gesichert?

In Frankreich, so schreibt Saartext auf Twitter, bereite man sich in den AKW auf den Ernstfall vor. Bis zu 40 Prozent der Beschäftigten könnten durch die Pandemie ausfallen, schätze man. Daher würde gegebenenfalls vom Drei- auf ein Zwei-Schichtsystem umgeschaltet werden müssen. Das hieße dann wohl für die beschäftigten 12 Stunden am Stück arbeiten. Aber kann das gut gehen? Möchten wir tatsächlich übermüdete Ingenieure und Techniker im Steuerzentrum eines AKW sitzen haben?

Windkraftanlagen drehen sich übrigens weiter, auch wenn die Mannschaften in den Überwachungszentren und bei den Wartungsfirmen ausgedünnt werden. Allerdings würde der Ertrag tendenziell abnehmen, weil es länger dauerte, bis eine ausgefallene gewartet und das Problem behoben wäre.

Tesla-Werk vor Baubeginn

In Grünheide bei Berlin kann sich derweil ein Teil der Anwohner nach wie vor nicht mit der geplanten Tesla-Fabrik anfreunden. Das Vorhaben wird unter anderem wegen des geplanten hohen Wasserverbrauchs, des Verlusts von knapp 100 Hektar Wald und wegen der schlechten Anbindung an Autobahn und Schiene kritisiert.

Auf 300 Hektar will der Milliarden schwere US-Technikfreak Elon Musk, der es nicht so mit Wissenschaft hat und meint, die Corona-Bekämpfung sei dumme Panik, eine Fabrik für Elektroautos erreichten lassen. Am östlichen Stadtrand der Bundeshauptstadt soll künftig, wie berichtet, der Tesla Y gebaut werden, ein rund 1,8 Tonnen schwerer Koloss, der auf über 200 Kilometer pro Stunde beschleunigt werden kann und offensichtlich den allgemeinen SUV-Wahn bedienen soll.

Gerodet ist bereits, ein gerichtlicher Stopp hatte nur wenige Tage Bestand. Der Baubeginn sollte ursprünglich bereits im März sein; derzeit sieht es eher nach April aus. Weitere Verzögerungen sind wegen der sich ausbreitenden Corona-Epidemie denkbar.

Das Genehmigungsverfahren ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Wie das Handelsblatt schreibt verzögert es sich derzeit wegen der Corona-Krise.

Eine geplante öffentliche Erörterung von 361 Einwendungen sei wegen der Ansteckungsgefahr auf unbestimmte Zeit verschoben. Eine Baugenehmigung gebe es nach Abschluss des Verfahrens, aber Tesla könne auf eigene Verantwortung bereits mit dem Bau beginnen.

Was das in der Praxis bedeuten kann, ist von zahlreichen Bauvorhaben bereits bekannt. Die ohne ausreichende gesetzliche Grundlage und mit undemokratischer Eile getätigten Investitionen werden im Nachhinein als Druckmittel eingesetzt, um eine Genehmigung zu erreichen. Da die Landesregierung ohnehin mehr als willig ist, stehen die Zeichen für Tesla günstig.

Die Meinung, ob das eine gute Nachricht für das Klima ist, gehen auseinander. So lange immer noch zahlreiche Kohlekraftwerke laufen und der Strom für die Autos letztlich mit nicht wenig Treibhausgasemissionen verbunden ist, wäre für das Klima nicht allzu viel gewonnen. Aber das wird sich ja vielleicht doch noch einmal ändern.

Hinzu kommt aber auch der Ressourcenaufwand. Der Tesla Y besteht vor allem aus einer reichlichen Menge Aluminium, dessen Produktion besonders energieaufwendig ist. Unter anderem deshalb vergleicht der Sender RBB den Strombedarf mit dem Verbrauch der 240.000-Einwohner-Stadt Chemnitz.

Dafür werden die auf den Hallendächern geplanten Solaranlagen kaum ausreichen. Der Strom wird, wenn der Ausbau der Erneuerbaren weiter so verzögert wird, wie in den letzten zwei bis drei Jahren, zumindest zum Teil aus den ostdeutschen Braunkohlekraftwerken kommen.

Schlimmstenfalls wird Teslas Bedarf gar als Rechtfertigung genutzt werden, die Anlagen noch möglichst lange zu betreiben.