Corona macht die Bahn pünktlicher

Bild: Christoph Jehle, vor der Rückfahrt im Hauptbahnhof Berlin.

Reisen unter Corona-Bedingungen hat sich sichtbar verändert. Es wurde entschleunigt, die Zahl der Reisenden hat sich deutlich reduziert und der Fahrplan gilt wieder

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Am 1. Juli startete die Fahrt mit dem Linienbus südlich von Freiburg. Nach mehreren Wochen, in welchen man keinen Fahrschein vorzeigen konnte und den Bus unkontrolliert durch die rückwärtige Tür betreten musste, ist man beim zur Deutschen Bahn zählenden SüdbadenBus schon fast zum Normalbetrieb zurückgekehrt. Außer dem Fahrer tragen jedoch alle im Bus den geforderten Mund-/Nasenschutz, der die am frühen Vormittag meist müden Gesichter vorteilhaft kaschiert.

Nach Ankunft im ZOB von Freiburg entledigen sich viele Reisende der Gesichtsteilmaske, sobald sie den Bus verlassen haben, und so sieht man im Hauptbahnhof auch wieder viele unbedeckte Gesichter. Ein Eindruck, der mit dem Besteigen des ICE Richtung Norden gleich wieder verfliegt. Im Zug tragen zumindest beim Start in Freiburg alle Fahrgäste, die mir begegnen, eine Maske, und so klingt die Durchsage, die gleich nach der Abfahrt im Anschluss an die Begrüßung der Fahrgäste auf die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-/Nasenschutzes hinweist, ziemlich unaufgeregt und emotionslos.

Viele Reisende haben offensichtlich die Aufforderung, einen Sitzplatz zu reservieren, ernst genommen und das Reservierungssystem hat wohl an Einzelreisende auch nur Fensterplätze vergeben, was dem Wunsch der Fahrgäste offensichtlich entgegenkommt. Da kann auch die Durchsage, dass die Reservierungsanzeigen im neuen ICE4 ausgefallen seien, kaum für Verunsicherung sorgen. Zumindest in dem Wagen, in welchem ich gebucht hatte, leuchten die Reservierungsschriften auch wie gewohnt.

Auch sonst macht der Zug einen ziemlich aufgeräumten Eindruck und die reale Belegung entspricht der Online-Anmerkung von der geringen Auslastung. Vom aus früheren Tagen gewohnten Gedränge keine Spur, der Gang ist frei und die Toiletten blitzeblank geputzt. Was die Toiletten angeht, kann man den ICE4 gegenüber dem Vorgängermodell ICE3 nur loben, waren die dortigen WCs so eng wie in einem chinesischen Verkehrsflugzeug und man musste schon beim ersten Schritt entscheiden, wie man die Toilette benutzen wollte, denn Drehen in der schummerig beleuchteten Toilette war in dem schaukelnden Gefährt nicht so ohne Weiteres möglich und die mangelnde Treffsicherheit der vorherigen männlichen Benutzer auch am Boden leicht festzustellen. Im ICE4 hat man jedoch sowohl das Platzangebot als auch die Beleuchtung deutlich verbessert und den Desinfektionsmittelspender gleich in die Konsole über dem Waschbecken eingebaut.

Nach Erreichen der niedersächsischen Landesgrenzen wurden die Aufforderungen zum Tragen des Mund-/Nasenschutzes im Ton deutlich direkter und die Hinweise zum sachgerechten Tragen auch offensiver. Offensichtlich hatte man Fahrgäste bemerkt, die die Maskenpflicht sehr locker nahmen. Man solle die Maske sinnvollerweise nicht auf die Bedeckung des Kinns beschränken, und wenn man sie trägt, auch nicht nur in der Hand.

Etwas irritierend war dann aber der Hinweis, dass man sich freue, wenn die Fahrgäste den gastronomischen Service an Bord nutzen würden, dass dort jedoch ebenfalls die Maskenpflicht herrsche. Zu den auffälligsten Änderungen im Speisewagen zählte der Wechsel zum Einweggeschirr und billigstem Plastikbesteck, eine Entwicklung, die ich in der jüngeren Vergangenheit schon einmal feststellen musste, als die Spülmaschinen in größerem Umfang ausgefallen waren.

Ausfälle bei der Corona-Warn-App

Die öffentlichen Verkehrsmittel zählen für mich inzwischen zu den seltenen Gelegenheiten, bei denen ich mich länger als 10 Minuten mit kurzem Abstand in einem Raum mit anderen befinde. Und so war ich nicht schlecht erstaunt, als mir die App (Android) nicht den gewohnten grünen Screen zeigte, sondern die Meldung, dass sie über 24 Stunden den Server nicht kontaktieren konnte und mir somit keinen aktualisierten Hinweis zu meinem Risiko geben könne.

Leider konnte mir weder per E-Mail eine Erklärung dazu gegeben werden, noch war über die telefonische Hotline eine Auskunft zu erhalten. Aus Datenschutzgründen durfte man an der Hotline meine Koordinaten nicht aufnehmen und mich weder per E-Mail noch per Rückruf informieren. So bleibt mir nur die Hoffnung, dass sich die App von selbst wieder normalisiert. Inzwischen zeigt sich auch wieder der grüne Bildschirm. Leider hat sich inzwischen herausgestellt, dass die erste Version der Corona-Warn-App nur 14 Tage zählen kann. In der neuen Version soll dieser Fehler behoben sein. Da kann es jedoch passieren, dass die Tageszählung wieder neu startet. Die Liste der Kontakte soll dadurch jedoch nicht betroffen sein.

Berlin wirkt wie Paris in den Sommerferien

Die Bundeshauptstadt hat viel von der Hektik der vergangen Jahre verloren und wirkt deutlich entschleunigt, fast so wie die französische Hauptstadt während der Sommerferien, wenn die Franzosen in den Süden abgereist sind - mit dem Unterschied allerdings, dass in Berlin so gut wie keine Touristen zu sehen sind und die paar unermüdlichen Sightseeing-Busse ziemlich leer ihre Runden ziehen.

Auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es genügend Platz. Die Berliner scheinen das Fahrrad entdeckt zu haben und so fühlt man sich an das China des vergangenen Jahrhunderts erinnert, wenn die Ampel auf Grün umspringt und sich eine ganze Meute an Radfahrern in die Kreuzung stürzt.

Dass Berlin derzeit ohne Touristen wieder den Berlinern gehört, sieht man auch in den Hotels, die bei Weitem nicht ausgelastet sind. Die Frühstücksräume sind ziemlich leer und die Bestuhlung sehr spärlich. Die Selbstbedienung am Buffet ist Vergangenheit, man muss seine Wünsche anmelden und bekommt das Gewünschte dann auf einem Tablett überreicht. Nur die Getränke kann man selbst an den Automaten holen.

Auf der Hinfahrt erreichte der ICE den Tiefbahnhof Berlin mit einer unglaublichen geringen Verspätung von einer Minute. Auch die Rückfahrt von Berlin verlief bis Offenburg ziemlich genau nach Fahrplan. Wenige Kilometer vor Freiburg bremsten dann "Personen auf der Fahrbahn" den Zug soweit aus, dass er in Freiburg mit einer Verspätung von elf Minuten ankam. Leider konnte ich die sehr vorbildliche Fahrt nicht mit Bildern dokumentieren, da mir die Deutsche Bahn das Fotografieren im Zug für die zwei Tage der Reise nicht erlaubte.