Corona und HIV: ein verheerendes Zusammentreffen

Seite 3: Fakten zur Diskriminierung von Menschen mit HIV/Aids

So haben HIV-positive Menschen heute bei rechtzeitiger Behandlung eine fast normale Lebenserwartung und können leben wie alle anderen Menschen. Sie müssen jedoch noch immer mit Ablehnung und Benachteiligung rechnen. Diskriminierung und die Angst davor gehören für viele zum Alltag, ebenso die Frage, wem man von der Infektion erzählt und wem besser nicht.

Fakten zur Diskriminierung von Menschen mit HIV, die in einer 2021 durchgeführten Studie der Deutschen Aidshilfe in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft festgestellt worden sind und bei der fast 1000 Personen befragt worden waren, wurden zum diesjährigen Welt-AIDS-Tag in einem weiteren Papier veröffentlicht.

Besonders häufig sei Diskriminierung im Gesundheitswesen, heißt es dort. 56 Prozent der Befragten machten hier mindestens eine negative Erfahrung. 16 Prozent berichten, dass ihnen mindestens einmal eine zahnmedizinische Versorgung verweigert worden sei.

Sie erhielten zum Beispiel beim Zahnarzt keinen Termin. Oft wird Menschen mit HIV auch nur der letzte Termin am Tag angeboten, weil die dort Tätigen fälschlicherweise davon ausgehen, dass nach deren Behandlung besondere Reinigungsmaßnahmen notwendig seien.

Auch im Arbeitsleben kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten. Oft herrscht die veraltete und falsche Vorstellung, dass HIV-positive Menschen weniger leistungsfähig oder häufiger krank wären. Manche Arbeitgeber fragen nach wie vor nach einem HIV-Test, obwohl es dafür keinen plausiblen Grund gibt – so zum Beispiel einige Unternehmen im Gesundheitswesen.

In dem Papier heißt es, dass nur 29 Prozent der Befragten gegenüber ihrem Arbeitgeber offen mit ihrer Infektion umgehen, aber 74 Prozent der Arbeitgeber auf das Coming-out HIV-Positiver unterstützend oder neutral reagierten.

Grund für Diskriminierung seien meist Unwissenheit und Vorurteile. Manche Menschen hätten Angst vor einer HIV-Übertragung im Alltag und gingen deshalb auf Abstand. Dabei sei im Alltag noch nie ein Übertragungsrisiko entstanden, sagt das Papier.

"Fundiertes Wissen und persönlicher Kontakt mit HIV-positiven Menschen werden oft dazu führen, dass Vorurteile abgebaut werden und HIV im gemeinsamen Alltag keine Rolle mehr spielt", steht am Schluss in dieser aufklärenden Schrift.

Zur wirtschaftliche Lage HIV-positiver Menschen in Deutschland

Allgemein wird davon ausgegangen, dass etwa zwei Drittel der Menschen mit HIV in Deutschland beruflich leistungsfähig und erwerbstätig sind bzw. sein könnten. Ihre HIV-Infektion wird medikamentös behandelt, die Therapie wirkt und sie haben keine oder eher geringe Nebenwirkungen vonseiten der Medikamente.

Die wirtschaftliche Lage dieser HIV-positiven Menschen wird durch ihre HIV-Infektion nicht entscheidend eingeschränkt.

Diese Erkenntnisse wurden schon 2005 beschrieben und sind von der Deutschen Aidshilfe zum diesjährigen Welt-Aids-Tag in einem dritten Papier über die wirtschaftliche Lage HIV-positiver Menschen in Deutschland zusammengestellt worden.

Das Fazit dieses Papiers lautet:

Die überwiegende Mehrzahl der HIV-positiven Menschen in Deutschland ist auch nach einer HIV-Infektion erwerbsfähig und erwerbstätig. Ihre wirtschaftliche Lage entspricht, unabhängig von ihrer HIV-Infektion, ihren Arbeitsverhältnissen. Bei HIV-positiven Menschen, die bereits vor ihrer Infektion und /oder nach ihrer Ankunft in Deutschland in einer prekären sozialen und wirtschaftlichen Lage lebten, kann sich deren Situation in den Jahren nach einer HIV-Infektion – vor allem bei einem mangelhaften Zugang zum medizinischen System oder zur Therapie – verschlechtern. Sie sind dann auf die staatlichen Sicherungssysteme angewiesen. Sie können ihre Situation verbessern, indem sie zum Beispiel an Beschäftigungsprojekten lokaler Aidshilfen und Aidsberatungsstellen teilnehmen, die von der Deutschen AIDS-Stiftung vielfältig gefördert werden.

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.