Covid-19: Viele asymptomatisch Infizierte bilden keine Antikörper aus
Groß angelegte Studie in Spanien zeigt, dass gebildete Antikörper auch wieder verschwinden können und dass bei geringer Prävalenz das Konzept der Herdenimmunität nicht erreichbar sein dürfte
Schon einige Studien haben erkennen lassen, das nicht alle Covid-19-Infizierten Antikörper ausbilden. Vor allem bei Menschen mit milden oder asymptomatisch Infektionen scheint es nicht zur Bildung von Antikörpern zu kommen - oder sie verschwinden schnell wieder. Bei einer deutschen Studie zeigte sich bei 110 Menschen mit keinen oder milden Symptomen, dass 30 Prozent drei Wochen nach Beginn der Infektion keine oder fast keine Antikörper gebildet haben.
Nun wurde eine neue, von der spanischen Regierung in Auftrag gegebene Studie in der Zeitschrift Lancet veröffentlicht, die in Spanien landesweit untersuchte, welcher Prozentsatz der Spanier Covid-19-Antikörper gebildet hat. Dazu wurden 35.883 Haushalte zufällig und repräsentativ ausgewählt, Alten- und Pflegeheime wurden allerdings nicht berücksichtigt. 61.075 Menschen (70 Prozent der Kontaktierten) beantworteten zwischen 27. April und 11. Mai einen Fragebogen zur Geschichte von Symptomen, die mit Covid-19 übereinstimmen, und Risikofaktoren. Sie erhielten einen IgG-Antikörper-Schnelltest und spendeten einen Tropfen Blut für einen IgG-Immunoassays.
Nur bei 5 Prozent der Getesteten in Spanien, eines der am stärksten betroffenen Länder, fanden sich Antikörper - und beim Immunoassay waren es nur noch 4,6 Prozent. Das heißt, bei 14 Prozent, bei denen in der ersten Runde der Antikörpertest positiv ausfiel, waren Wochen später beim zweiten Test keine Antikörper mehr nachzuweisen. Unterschiede zwischen den Geschlechtern waren nicht zu erkennen. 3,1 Prozent der Kinder unter 10 Jahren hatten im ersten Test Antikörper ausgebildet, also etwas weniger als der Durchschnitt. Geografisch unterschieden sich die Ergebnisse stark. Während in Madrid 10 Prozent positiv getestet wurden, waren es an den Küsten nur 3 Prozent. Menschen, die im medizinischen Bereich arbeiten, hatten mit einem Prozentsatz von um die 10 Prozent mehr Antikörper ausgebildet als der Rest der Bevölkerung.
195 Teilnehmer der Studie waren zuvor positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden. 87,6-91,8 Prozent waren bei beiden Antikörpertests positiv. Bei den über 7000 Menschen, die mindestens drei Symptome angegeben hatten, waren 15,3 (Spezifität) bzw. 19,3 Prozent (Sensitivität) serologisch positiv. Das könnte darauf hinweisen, dass viele Infizierte keinem PCR-Test unterzogen wurden und/oder dass ein Teil eine andere Infektion hatte. Ein Drittel der serologisch positiv Getesteten waren asymptomatisch. 21,9% (Spezifität) und 35,8 (Sensitivität) aller Sars-CoV-2-Infektionen waren asymptomatisch.
Die Prävalenz selbst im stark von Covid-19 betroffenen Spanien ist also gering und weit entfernt von einer Herdenimmunität, so die Wissenschaftler. Sie könne nur "durch den Kollateralschaden vieler Toten in der gefährdeten Bevölkerung und durch eine Überlastung des Gesundheitssystems" entstehen. Soziale Distanzierung und Identifizierung der Infizierten und ihrer Kontakte seien weiterhin wichtig. Unklar bleibt auch weiterhin, ob Menschen, die Antikörper gebildet haben, dadurch auch gefeit vor einer Wiederansteckung sind und wie lange diese erhalten bleiben. Die Idee eines Immunitätsausweises aufgrund von Antikörpertests, wie dies die britische Regierung weiter verfolgt, ist nach dem jetzigen Stand des Wissens weiter unsinnig.
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