Covid-19 breitet sich jetzt außerhalb Chinas schneller aus als im Ursprungsland

Coronavirus mit kranzförmig angeordneten S-Protein-Peplomeren. Grafik: Gemeinfrei. Bearbeitung: TP

Bis April geschlossene Schulen in Japan und Zuständigkeitschaos in Bayern

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Den Zahlen der auf Medizin spezialisierten amerikanischen Johns-Hopkins-Universität nach breitet sich Covid-19 inzwischen außerhalb Chinas schneller aus als in dem Land, in dem der Erreger wahrscheinlich von einem Tier auf den Menschen übersprang. Danach verzeichnete Südkorea gestern mit einem Plus von 439 mehr neue Ansteckungen als die Volksrepublik, in der nur 433 weitere Infektionen gemessen wurden. Manche Beobachter führen das auf schärfere Eindämmungsmaßnahmen in China zurück, wo man ganze Städte weitgehend abgeriegelt hat (vgl. (vgl. Coronavirus: Huanggang und Wuhan unter Quarantäne).

Auf Platz 3 der Länderliste folgt das europäische Italien mit 131, auf Platz 4 der schiitische Gottesstaat Iran mit 44 neuen Fällen. Dort wurden inzwischen auch die Vizepräsidentin Massumeh Ebtekar und der stellvertretenden Gesundheitsminister und Corona-Beauftragte Iradsch Harirtschi positiv auf das Virus getestet.

Frau in Japan zum zweiten Mal positiv getestet

Japan liegt mit 19 Neuansteckungen auf Platz 5. Dort hat man sich gestern dazu entschlossen, alle Schulen mindestens einen Monat lang geschlossen zu halten. Faktisch wird diese Periode sogar noch etwas länger dauern, weil Anfang April zehntägige Frühlingsferien beginnen. Dass japanische Schüler diese Zeit nur zum Vergnügen nutzen werden, gilt aber aufgrund des hohen Lerndrucks als unwahrscheinlich. Stattdessen dürften verstärkt Methoden der elektronischen Schulung zum Zug kommen, womit das Virus (ähnlich wie in Südkorea) in gewisser Weise auch einen Modernisierungsdurchsetzungsdruck aufbaut (vgl. Schule als Strafe und Live Long And Prosper).

Bei einer Frau aus Osaka, die am 29. Januar positiv und am 3. Februar negativ getestet wurde, hat man den Covid-19-Erreger nach einem wegen erneut aufgetretener Symptome durchgeführten Test am 26. Februar erneut festgestellt. Das könnte bedeuten, dass eine einmal überstandene Erkrankung - anders als etwa bei Masern - nicht zu einer Immunität führt. Eine andere Möglichkeit ist, dass der erste Test der Frau ein Fehlalarm war, wie er auch bei der Überprüfung auf andere Krankheiten manchmal vorkommt.

"Hotline für besorgte Bürger"

In Deutschland, wo die Zahl der Angesteckten gestern um mindestens zehn stieg, hält man sich mit Maßnahmen bislang weiter zurück. Zudem zeigt sich zunehmend, das die deutsche Bürokratie nicht (oder nicht mehr) so zuverlässig ist wie ihr ehemaliger Ruf. Nach einem aus Norditalien zurückgekehrten Kameramann, der sich in Berlin testen lassen wollte, erlebte das auch ein Telepolis-Leser aus München, der sich wegen der Ansteckungsgefahr in Schwimmbädern sorgt. Er machte mit einem "Verstecken hinter Zuständigkeitsketten" Bekanntschaft, bei dem ihn das Münchner Gesundheitsamt an die Regierung in Oberbayern weiterleitete, wo man ihn erst an das Münchner Gesundheitsamt verweisen wollte und schließlich an das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege verwies, das als zuständige Stelle das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel nannte.

Der bayerische Pandemieplan nennt zwar das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege als zuständige oberste Behörde, erwähnt aber auch eine "Spezialeinheit Infektionshygiene" (SEI) beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel. Dort verband man den Anrufer mit einer Mitarbeiterin, die sich selbst als "Hotline für besorgte Bürger" vorstellte und den Schilderungen nach in einer Art und Weise reagierte, die den Verdacht nährt, dass es sich hier um eine jener Stellen handelt, die im internen Behördenjargon von Ämtern manchmal informell als "Papierkorb" bezeichnet werden.

Mediziner in Erlangen angesteckt

Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege reagierte bislang nicht auf eine von Telepolis gegebene Gelegenheit zu einer Stellungnahme dazu. Möglicherweise ist man hier mit einem am Donnerstagabend bekannt gewordenen neuen Ansteckungsfall aus Erlangen ausgelastet, der einer beruhigenden Pressemitteilung vom Donnerstagnachmittag entgegensteht. Dem bisherigen Erkenntnisstand nach hat sich der Mediziner bei einem der Italienrückkehrer angesteckt, an die sich das Ministerium in einem gestern veröffentlichten Merkblatt richtet. Ihnen wird geraten, bei "Symptome[n] wie Fieber, Muskelschmerzen, Husten, Schnupfen" und Durchfall den Hausarzt anzurufen. Dessen Praxis soll man nicht aufsuchen, sondern zu Hause bleiben, "alle nicht notwendigen Kontakte" vermeiden und beim Husten und Niesen nicht, die Hand, sondern die Ellenbeuge vorzuhalten, wenn kein Einwegtaschentuch zur Verfügung steht.

Hustet oder niest man in die Hand, überträgt man die Erreger nämlich auf Türklinken und andere Gegenstände, die andere Menschen berühren. Wie lange sich der Covid-19-Erreger dort halten kann ist dem Innsbrucker Virologen Günter Weiss nach noch unklar. Er hofft darauf, dass Covid-19 "ähnlich wie die Influenza eine saisonale Infektion ist", wenn der Erreger nicht mehr so vollständig zum Verschwinden gebracht werden kann wie der der Sars-Epidemie in den Nullerjahren. Dann würde die Zahl der Ansteckungen mit steigenden Temperaturen potenziell abebben.

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