DVD-Player machen MP3 salontauglich

Das ehemalige "Internet-Musikformat" ist längst nicht mehr auf PC und Memorystick zum Joggen beschränkt

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DVD-Player waren anfänglich teure Markengeräte, die Video-DVDs in guter Qualität spielen konnten und sonst nichts. Doch dann kamen billigere No-Name-Multitalente wie der berühmte "Yammi", die sich schnell verbreiteten und nebenbei auch noch ganz andere Dinge konnten. Nun ziehen auch die Markenhersteller nach.

Die ersten DVD-Player lagen zwar bereits qualitativ, doch auch noch preislich im High-End-Bereich: Exemplare unter 600 Euro waren 1998 noch undenkbar. Die Geräte spielten brav Video-DVDs ab und auch noch normale Audio-CDs, wobei sie zum Umschalten auf diese jedoch einige Zeit brauchten und somit den separaten CD-Spieler nicht wirklich ersetzten. Mehr gab es nicht und mehr erwartete auch niemand von diesem neuen System. Ärgerlich war nur der Regionalcode: Wer beispielsweise Freunde und Verwandte in den USA hat und deshalb von dort zu Weihnachten DVDs geschickt bekommt, brauchte zwei Geräte. Selbst, wer nur mit dem Gedanken spielte, mal eine DVD aus dem Urlaub mitbringen zu wollen, schreckte vor dem Kauf eines Players zurück, sobald der Verkäufer ihm das mit dem Regionalcode erläutert hatte. Selbstgebrannte Audio-CDs verweigerten die Geräte außerdem, da sie wegen der DVDs mit den gegenüber CDs kleineren Pits eine andere Wellenlänge beim Abtastlaser benutzten.

In 2000 wurde plötzlich alles anders: Die ersten regionalcode-freien Geräte tauchten auf – nicht in den etablierten Fachgeschäften, sondern in Kauf- und Versandhäusern. Zuvor unbekannte Fabrikate mit Modellen wie dem "Yammi", dem Yamakawa-Modell 715 kamen mit Preisen um die 250 Euro auf den Markt. Für einen kleinen Aufpreis gab es die Geräte auch gleich "codefree", also ohne die lästige Regionalcodeeinschränkung - beim "Yammi" benötigte man hierzu sogar nur das Wissen um bestimmte Geheimcodes auf der Fernbedienung. Technisch beruhten die neuen Multplayer auf Computer-DVD-ROM-Laufwerken, die ja prinzipiell auch CD-Rs lesen können müssen und deshalb einen zweiten, auf CD-Rs ausgelegten Laser anderer Wellenlänge zusätzlich enthalten. Das rächte sich mit dem Aufkommen "kopiergeschützter" Audio-CDs: Diese liefen nun auf Profi-CD-Spielern und DVD-Spielern nicht mehr, doch die Computerlaufwerke stolpern ganz besonders und das Entfernen des Abspiel-, pardon "Kopierschutzes" ist seit August 2003 strafbar. Wer solch eine Un-CD gekauft hat, kann sie nur noch wegwerfen oder zur Zierde ins Regal stellen – anhören ist nicht mehr drin.

Erst die Codefree-Geräte brachten den Durchbruch für DVD-Video

Die Preisbrecher ärgerten wegen des Codefree-Features die Filmstudios, doch erst sie brachten den Durchbruch für das Format DVD-Video, das nun auch der Audio-CD den Rang abläuft, weil Video-DVDs zwar ebenfalls oft kopiergeschützt sind, aber zumindest als Originale in allen Geräten laufen. Nur für die Verwendung im Auto muss dann wieder gerippt und damit das Gesetz gebrochen werden, denn einen DVD-Spieler im Wagen haben nur S-Klasse-Fahrer.

Die Bild- und Tonqualität der Noname-Geräte erreichte zwar nicht ganz das Level der Markenprodukte, doch war sie immer noch um Größenordnungen über der von VHS-Kassetten: Auf einem Fernseher der Mittelklasse ist praktisch kein Unterschied zu sehen. Die Neulinge konnten trotz des günstigeren Preises sogar mehr als die etablierte Klasse: Neben Video-DVD und Audio-CD kam das alte Philips-Format Video-CD (VCD) wieder zu Ehren, das in den asiatischen Ländern zusammen mit Super-VCD recht beliebt ist und zusätzlich das neue Format "MP3-CD-ROM". So konnte man nun auch selbstgedrehte und –gebrannte Videofilme nicht nur auf dem PC, sondern auch im Wohnzimmer abspielen.

Multimedia-CD-ROM von Mel Vondrau mit MP3-Dateien

Computerfreaks hatten schon länger MP3-Musikdateien übers Netz getauscht und hörten diese auf dem Computer an. Für die typischen PC-Brüllwürfel als Lautsprecher brauchte es ja ohnehin keine CD-Qualität. War die Festplatte voll, wurden die MP3-Dateien auf eine CD-ROM ausgelagert. Zum Abspielen auf der Stereo-Anlage mussten die MP3-Dateien jedoch wieder entpackt und als Audio-CD gebrannt werden, was meist zu viel Mühe verursachte. Die neue Geräteklasse konnte dagegen die MP3-CD-ROMs direkt abspielen und machte den Käufern so erst mal bewusst, welch gute Klangqualität dieses Format doch bieten kann. Damit wird auch das Umkodieren von CDs interessant, um auf einer Scheibe gleich etliche Stunden Musik unterzubringen.

Mit MP3 kam auch das Lesen von CD-Rs

Ein CD-R-tauglichen Laser war bei diesen Geräten natürlich ein Muss, denn MP3-CD-ROMs gibt es praktisch nicht fertig bespielt im Handel. Auch zur Hintergrundbeschallung waren die neuen Geräte beliebt, da auf eine MP3-CD-ROM ohne weiteres 12 Stunden Musik passen statt der maximal 74 Minuten einer normalen Audio-CD. Dafür wurde in den Billiggeräten der Dekoder für Dolby Digital und dts eingespart, es gibt nur einen Digitalausgang mit dem Rohsignal und an den Analogausgängen steht nur ein Stereo-Downmix zur Verfügung. Das reicht für den Fernseher; ansonsten muss der Verstärker einen Dekoder haben. Die preiswerteren Verstärker haben maximal einen Dekoder für Dolby Digital, für dts wirbt meist ein "ready for dts"-Label, das reine Augenwischerei ist. Es bedeutet nämlich: Der Verstärker kann dts wiedergeben, wenn der DVD-Player es dekodiert anliefert. Trägt der DVD-Player dasselbe Label, so erwartet dieser wiederum umgekehrt, dass der Verstärker dekodiert. Das Ergebnis: Die Kombination ist zwar durchgängig als "ready for dts" gekennzeichnet, aber absolut nicht imstande, das beworbene Verfahren wiederzugeben. Irreführend und für Besitzer guter Surround-Anlagen ärgerlich, da dts im Ton durchaus noch einmal einen Qualitätssprung gegenüber Dolby Digital bringt und manche DVDs auch nicht Tonspuren für beide Verfahren anbieten.

Inzwischen gibt es vergleichbare Codefree-Multifunktions-Player unter 100 Euro in jedem Supermarkt. Wer allerdings nach dem Einstieg in die DVD-Technik bessere Bild- und Tonqualität wünscht und sich vielleicht sogar ein Heimkino einrichten will, wird irgendwann doch ein Markengerät anschaffen wollen, das alle Tonverfahren beherrscht und auch beim Bild mehr bietet wie beispielsweise S-VHS- oder gar Komponentenausgänge zum Anschluss eines Projektors. Doch dann beginnt wieder der Kampf mit dem Regionalcode, der gerade Filmfans ärgert, die schon einmal eine seltene Original-DVD ihr Eigen nennen und mit MP3 oder anderen Zusatzfunktionen wie der Wiedergabe von digitalen Fotos auf CD-ROM ist plötzlich Schluss. Ein neues Gerät zu kaufen, das zwar mehr kostet aber weniger kann als der Billigplayer aus dem Supermarkt, führt zwangsweise zu Enttäuschung.

Inzwischen können sich auch Markenhersteller nicht mehr MP3 verschließen

Dass den Markenherstellern hier völlig unnötig ein durchaus nachgefragter Markt entgeht, ist zumindest Panasonic früh klar geworden. Schon der Audio-DVD-Player RA 82, der mit unter 300 Euro Listenpreis angeboten wurde, bot nicht nur das von Panasonic tatkräftig unterstützte Format DVD Audio, sondern auch erstmals Video-CD und MP3 sowie interne Dolby- und dts-Dekodierung in einem günstigen Markengerät. Allerdings war der Player bereits wenige Wochen nach Erscheinen der ersten begeisterten Testberichte vergriffen und wurde auch nicht mehr neu aufgelegt: Das mögliche Geschäft ging an den Händlern komplett vorbei, von einigen zweilichtigen Gestalten abgesehen, die im Internet Restbestände zu überhöhten Preisen anboten oder einen Import aus der Schweiz versprachen, doch nach der Bestellung nur das Geld einbehielten und nichts lieferten. Auch störte manchen, dass es den RA 82 nur im zwar moderneren Silber-Look gab, doch nicht im besser in die vorhandene Anlage passenden Schwarz.

Das einige Monate später auf den Markt gekommene Nachfolgemodell DVD-S 75 EG war dann nicht nur designmäßig hochinteressant – es ist in silber und schwarz erhältlich und mit 5,2 Zentimetern weniger als halb so hoch wie die meisten handelsüblichen Player, womit man das "Hochstapeln" in der HiFi- oder Video-Anlage vermeidet –, sondern mit 220 Euro Listenpreis auch noch billiger und damit auf dem Niveau des legendären "Yammi". Der S 75 ist als Audio-DVD-Player mit 96 kHz/24 Bit Audio-D/A-Wandler und Double Digital Remaster (dieses Verfahren liefert auch von CD ein simuliertes Frequenzsprektrum weit über 20 kHz hinaus) auch ganz klar als HiFi-Komponente konzipiert. Zudem spielt er auch Audio-CDs fast genauso schnell an wie ein dedizierter CD-Spieler.

Gut klingender Flachmann

Bei der Bildqualität sorgt ein 54MHz-Video-D/A-Wandler mit Vierfach-Oversampling ebenfalls für "HiFi"; andere Bildverbesserungsverfahren wie DNR (Dynamic Noise Reduction – Reduzieren des Bildrauschens), Depth-Enhancer und Cinema-Modus (beides Verfahren zur Farb- und Kontrastoptimierung) erfreuen ebenfalls den Filmfan. Selbstverständlich kann das Gerät auch wie die No-Name-Geräte NTSC-DVDs abspielen und diese dabei in ein PAL-Format mit 60 Hz Bildwechselfrequenz umwandeln, das die meisten moderneren PAL-Fernsehgeräte wiedergeben können.

So flach und schon ein DVD-Player: Panasonic S75

Zumindest für NTSC kann auch ein Videosignal ohne Interlace an Projektoren oder Flachbildschirme geliefert werden und der Player kann die Signale gezielt auf den vorhandenen Displaytyp anpassen: normaler Röhrenfernseher, Rückprojektion, LCD, Plasma, LCD- oder Röhrenprojektor. Allerdings wird der Player regulär nur mit Regionalcode-Beschränkung ausgeliefert – hier kann ein Markenhersteller natürlich keinen Affront gegenüber den Filmstudios riskieren. Einige Händler liefern jedoch modifizierte Geräte ohne Regionalcode aus, womit sie sich einen zusätzlichen Markt erschließen, da bei nachträglichen Umbauten erst nach dem Kauf des Geräts die Garantie eingeschränkt wird.

Codefree: "Natürlich" nicht ab Hersteller

Viele Stärken des Geräts blühen allerdings im Verborgenen. So kann man von bis zu fünf CDs oder DVDs die momentane Position speichern, bevor man das Gerät abschaltet oder eine andere Scheibe einlegt. Damit kann man – wie von Kassetten gewohnt – später einfach an der gleichen Stelle weitermachen und muss nicht erst lange überlegen, in welcher Filmszene oder bei welchem Musikstück man unterbrochen hat. Wer will, kann sich dabei die vorherigen Kapitel oder Titel zwecks Erinnerung noch mal kurz anspielen lassen. Dann kann das Gerät auch JPG-Dateien direkt anzeigen, ohne dass man aus diesen erst Video-CDs oder –DVDs erzeugen muss. Hier ist allerdings der verwendete Algorithmus verbesserungswürdig: Größere Dateien, wie sie direkt aus der Kamera kommen, bauen sich nur sehr langsam auf und einige webübliche JPG-Dateien kann das Gerät nicht dekodieren. Zudem kann hier nicht in die Bilder gezoomt werden, allerdings können Aufnahmen im Hochformat immerhin passend gedreht werden. Außerdem spielt das Gerät zusätzlich noch das Microsoft-WMA-Tonformat ab.

Microsoft will auch mitspielen: HighMAT

Letzteres ist kein Zufall, denn Microsoft will den nun einmal entstandenen Markt für solche Multiformatgeräte natürlich nicht anderen überlassen und hat zusammen mit Panasonic "HighMAT" (High Performance Media Access Technology) entwickelt: eine Technik, die das Abspielen solcher Mischmasch-CD-Roms mit Bildern, Tönen und Videos in Geräten der Unterhaltungselektronik erleichtern soll. Bislang war ein vor allem bei verschachtelten Verzeichnissen bis zu mehrere Minuten dauernder Einleseprozess nötig, bevor das Gerät die MP3s abspielte. HighMAT soll dann von zukünftigen Microsoft-Programmen beim Brennen von CD-Rs oder DVD-Rs unterstützt werden und dem Abspielgerät eine schneller einlesbare Struktur des Datenträgers präsentieren. Der S 75 unterstützt HighMAT bereits; ebenso der Wechsler DVD-F 65, für Windows XP kann eine HighMAT-Unterstützung nachgeladen werden, wenn man bereit ist, das XP-eigene CD-Brennprogramm zu benutzen

HighMAT: Auch Microsoft entdeckt jetzt die Unterhaltungselektronik

Alle Multiformate sind übrigens nur im CD-Format verfügbar – eine DVD-ROM mit MP3- oder JPG-Dateien verarbeitet das Gerät nicht. Außerdem bietet es bei Video-CDs keine Laufzeitanzeige. Allerdings wird dieses Format mit den auch beim Consumer immer verbreiteten DVD-Brennern wieder an Bedeutung verlieren. Video-DVD-Rs liest der Player ohne Probleme, ebenso die Panasonic-eigenen DVD-RAM. DVD-RW werden dagegen wegen des geringeren Reflektionsfaktors offiziell nicht unterstützt – in der Praxis laufen sie trotzdem. Dies ist nützlich, wenn man eigene Filme beispielsweise aus dem Urlaub schneiden und für die Verwandten auf DVD brennen will: Mit der DVD-RW ist zunächst ein Testlauf möglich. DVD+R und DVD+RW werden als Konkurrenzformat allerdings nicht unterstützt.

Andere Hersteller ziehen nun ebenfalls nach, selbst Sony kann sich dem MP3-CD-ROM-Format inzwischen nicht mehr verschließen. Und MP3 ist so endgültig im Wohnzimmer angelangt. Erste CDs werden sogar schon mit MP3-Spuren ausgeliefert – so fanden sich auf einer bei Radio Caroline präsentierten Multimedia-CD "Infinity" der in England lebenden Südafrikanerin Mel Vondrau neben einigen Computerfiles nicht etwa die qualitativ extra verkrüppelten Low-Fi-Spuren der hierzulande üblichen "kopiergeschützen" Scheiben, sondern MP3s mit 320 kb/s in HiFi-Qualität, die der Panasonic-Player prompt gegenüber den ebenfalls vorhandenen normalen Audio-CD-Spuren bevorzugte.