Dänemark: Ministerpräsidentin abgewählt
EU- und einwanderungskritische Dänische Volkspartei wird erstmals zweitstärkste Kraft
Bei der gestrigen Parlamentswahl in Dänemark konnten die Socialdemokraterne von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt mit 26,4 Prozent der Stimmen zwar um 1,5 Punkte und drei Sitze auf jetzt 47 Mandate zulegen - aber weil ihre sozialliberalen Bündnispartner von der Radikale Venstre um fünf Prozent und neun Sitze auf jetzt 4,5 Prozent und acht Sitze abstürzten, reicht es selbst dann nicht mehr für eine Regierungsmehrheit, wenn man die Abgeordneten der 2014 (im Streit um den Verkauf des Energiekonzerns DONG an Goldman Sachs) aus der Koalition ausgeschiedene Socialistisk Folkeparti und andere potenzielle Dulder dazurechnet.
Die Partei, die im Europaparlament zur Fraktion Grüne/EFA gehört, landete mit einem Verlust von fünf Punkten bei jetzt 4,2 Prozent. Damit hat sie nur mehr sieben statt vorher 16 Sitze. Die jetzt 6,7 Prozent und 14 Sitze starke Linkspartei Enhedslisten, die Thorning-Schmidt im Parlament duldete, gewann zwar einen Prozentpunkt und zwei Sitze dazu - das reicht jedoch bei weitem nicht, um die Verluste der anderen Partner des Lagers auszugleichen. Die Ministerpräsidentin räumte deshalb ihre Niederlage ein und gab den Verzicht auf den Ministerpräsidentenposten bekannt.
Diesen Ministerpräsidentenposten beansprucht jetzt Løkke Rasmussen von der liberalkonservativen Venstre-Partei, der von 2009 bis 2011 schon einmal eine dänische Regierung anführte. Seine Venstre stürzte gestern allerdings so stark ab wie keine andere Partei: Sie verlor 7,2 Prozentpunkte und 13 Sitze und ist mit 19,5 Prozent Stimmenanteil und 34 Sitzen nur mehr drittstärkste Kraft.
Zweitstärkste Partei wurde erstmals die Dansk Folkeparti, die "Dänische Volkspartei", die 8,9 Prozentpunkte und 15 Sitze dazugewann. Jetzt hat sie 21,2 Prozent Stimmenanteil und 37 Mandate - ihr mit Abstand bestes Ergebnis bisher. Die Dänische Volkspartei gibt sich in Einwanderungsfragen konservativ, liegt aber in ihren sozialpolitischen Fragen "links" von den Sozialdemokraten, weshalb ihr häufig das Etikett "populistisch" angeheftet wird.
Dass sie so gut abschnitt, liegt wahrscheinlich auch daran, dass ihr neuer Parteichef Kristian Thulesen Dahl die europa- und sozialpolitischen Positionen hervorhob und sich nach rechts abgrenzte: Als der der 22-jährige Omar el-Hussein im Februar auf einer Meinungsfreiheitskonferenz in Kopenhagen einen Filmemacher erschoss, wies Dahl den von der Ex-Sozialdemokratin Aia Fog postulierten Zusammenhang mit der Einwanderungspolitik der Sozialliberalen zurück und verlautbarte, dass für den schrecklichen Anschlag alleine der Täter verantwortlich sei.
Wenn die Dänische Volkspartei in der Realität der Frihedspartiet ("Freiheitspartei") des Bauern Svend Åge Saltumin in der Fernsehserie Borgen entspricht, dann ist die Alternativet des linksliberalen Kulturministers Uffe Elbæk die Partei Nye Demokrater von Birgitte Nyborg Christensen. Elbæk sprach die postprotestantischen Moralisten an und erreichte mit der Forderung nach einem Veggie-Day und einer ethischen, nachhaltigen Wirtschaftspolitik aus dem Stand 4,7 Prozent und neun Sitze. Da für eine absolute Mehrheit im 179-köpfigen Folketing 90 Sitze nötig sind, reicht es für die Sozialdemokraten aber auch dann nicht, wenn seine neue Partei sie unterstützt.
Eher mit Rasmussen als mit den Sozialdemokraten zusammenarbeiten wird die libertär geprägte Ny Alliance von Anders Samuelsen. Sie gewann zweieinhalb Prozentpunkte und vier Sitze dazu und liegt jetzt bei 7,5 Prozent und 13 Mandaten. Søren Pape Poulsens Konservative Folkeparti musste dagegen eineinhalb Prozentpunkte und zwei Sitze abgeben. Ihre 3,4 Prozent reichen für nur mehr sechs Parlamentssitze.
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