Das Duell, die Kette, der Medienzirkus

Seite 2: "Im Tatort hätten wir zur selben Zeit jetzt so langsam eine Ahnung, wer der Bösewicht ist"

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Herr Steinbrück, sind Sie ehrlicher? Was für eine hinterhältige Journalisten-Frage! Man weiß ja kaum, wie man an Steinbrücks Stelle antworten würde. Zu einer anderen, ähnlich intelligenten Frage antwortet der Herausforderer: "Was bezwecken sie mit dieser Frage?" Nach einer Stunde Diskussion werden viele Zuschauer sich das auch gefragt haben. Und: Was bezwecken sie mit dieser Antwort? Bei Twitter ein großen Gähnen: "Im Tatort hätten wir zur selben Zeit jetzt so langsam eine Ahnung, wer der Bösewicht ist."

Bürgerversicherung. Energiewende. Wenn einer es schafft, dann die Deutschen, sagt Merkel. Bürger der Welt, schaut auf dieses Land!

Wir sind gegen einen Angriff, würden aber zustimmen, wenn alle anderen auch dafür sind

Kurz vor Schluss versucht Stefan Raab beim Thema PRISM einen Treffer zu landen: Wir werden alle abgehört und SIE sind schon drin in den Leitungen: Ob Steinbrück der Kanzlerin ins Gesicht sagen wolle, dass die ihren Amtseid verletzte, wenn sie uns nicht davor schütze? Nein, das macht Steinbrück nicht, weil ihm sein Team geraten hat, persönliche Angriffe zu unterlassen. Das kommt beim Publikum nicht gut an.

Man weiß schon vorher, was gefragt und geantwortet wird. Journalistin: Wenn man eine E-Mail schriebe (verschlüsselte Mails sind den Moderatoren unbekannt), und die liefe über einen US-amerikanischen Server, dann würde die doch mitgelesen? Merkel: Auf deutschen Boden werde nach deutschen Recht gehandelt. Ich denke erst einmal nach, dann handele ich. Wir arbeiten an einer gemeinsamen Datenschutzordnung. "Ich habe nicht gesagt, dass ich Herrn Snowden dankbar bin." Klar, wenn die deutsche Kanzlerin das sagte, wären unsere Freunde jenseits des Atlantik und Verteidiger der westlichen Werte ganz böse. Das wollen wir ja nicht.

Syrien. Niemand hat die Absicht, einen Krieg zu führen, und wenn, dann nur mit einem UN- oder NATO-Mandat. Wir sind gegen einen Angriff, würden dem aber zustimmen, wenn alle anderen auch dafür sind. Das ist doch mal eine klare Position: Wir leben ab heute vegetarisch und essen Fleisch nur dann, wenn das unsere Freunde auch tun. Um dem Publikum keine unruhige Nacht zu bereiten, weist die Bundeskanzlerin darauf hin, dass sie schon mit dem russischen und chinesischen Präsidenten telefoniert habe. Da kann Steinbrück nicht mithalten. "Ich habe schon mit Andrea Nahles telefoniert", würde natürlich niemanden beruhigen.

Abspann Merkel: Wir hatten vier gute Jahre für Deutschland. "Sie kennen mich." Das ist kein Appell an niedrige Gefühlsinstinkte, sondern Realismus. Merkel kennt ihre Pappenheimer.

Frauen mögen Merkel mehr, Männer mehr Steinbrück. Aber wer braucht eigentlich die Moderatoren? Wäre es nicht viel interessanter gewesen, Amtsinhaberin und Herausforderer allein in einen Raum zu sperren und z warten, was dabei herauskommt? Ganz ohne Regeln?

Vermutlich hat Eric Jarosinski, recht, wenn er twittert: "suppose winning the German television debates is a bit like winning a cook-off between the English and the Dutch.