Das Ende der Globalisierung
Seite 3: Vom Neoliberalismus zum Neonationalismus
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Die Geschichtsepoche der Globalisierung und des Neoliberalismus neigt sich ihrem Ende entgegen. Vor dem Hintergrund der geschilderten Krisendynamik wird aber auch klar, dass der sich nun ankündigende Neonationalismus keine systemimmanente Perspektive mehr bieten kann. Der Motor der Globalisierung lief hauptsächlich dank dem Schmiermittel der amerikanischen Verschuldung in der eigenen Weltleitwährung, die Trump nun beenden will.
Das Eskalationspotenzial ist schwindelerregend: Es ließe sich etwa fragen, wieso die Konkurrenten der USA noch den US-Dollar als Weltleitwährung akzeptieren sollten, wenn Washington ihnen den Zugang zu seinem Markt verwehrte. Die würde aber auch bedeuten, dass auch die USA sich nicht mehr frei verschulden könnten - und tatsächlich zu einer Art hochgerüsteten Griechenland sich wandelten.
Der rechtspopulistische Protektionismus Trumps wird - sollte er nicht doch noch irgendwie gestoppt werden - folglich eine massive Krisenverschärfung mit sich bringen. Gerade in Ländern mit hohen Exportüberschüssen, die ja von der globalisierten Verschuldungsdynamik besonders profitierten. Die wirtschaftlichen Verwerfungen und Schockwellen, die eine hochgradig globalisierte Weltwirtschaft treffen würden, könnten diejenigen der 1930er Jahre des 20. Jahrhunderts übertreffen.
Ein Zeitalter autoritärer, nationalistischer Krisenverwaltung kündigt sich somit an, bei dem die Staaten - sofern sie noch nicht zerfallen sind - mittels einer autoritären Formierung ihrer Machtapparate die sozialen Folgen des rasch um sich greifenden Elends in Schach zu halten versuchen werden. Zugleich kündigt sich ein ideologischer Umbruch an: Das Neoliberale Zeitalter der Globalisierung weicht dem Neonationalismus, der von den Rechtspopulisten aller Länder propagiert wird.
Die Ideologieproduktion in vielen kapitalistischen Kernländern ist längst von diesem Wandel ergriffen. Die Abschottungsbestrebungen des Neonationalismus, mit denen die Krise in einem infantilen Reflex "Draußen" gehalten werden soll, streben logischerweise zu einer Politik der geschlossenen Grenzen.
Entweder sollen die Grenzen gegenüber Menschen, oder für den Warenverkehr geschlossen werden - je nachdem, wie die Krise in dem betroffenen kapitalistischen Kernland hauptsächlich in Erscheinung tritt, die sich ja in Flüchtlingswellen ökonomisch überflüssiger Menschenmassen, und/oder in Deindustrialisierung und Verelendung manifestiert.
Der aufkommende Neonationalismus ist somit irrationaler Ausdruck der sich global krisenbedingt zuspitzenden Widersprüche, an denen die Globalisierung zu zerbrechen droht. Die globalisierte Verschuldungspolitik droht auszulaufen und offen repressiven, mitunter ordinär diktatorischen Formen der Krisenverwaltung Platz zu machen.
Die in allen kapitalistischen Kernländern instinktiv betriebene Hochrüstung des Überwachungs- und Polizeiapparates hat gerade in der Ahnung der kommenden sozialen Verwerfungen ihre tiefere Ursache.
Der vom Rechtspopulismus propagierte Neonationalismus ist die neue, dominante Ideologie der kommenden, finsteren Krisenzeit. Das neoliberale Gequake über die "Chancen der Globalisierung" weicht dem daumendick aufgetragenen Heimatkäse, der die ausartenden sozialen Widersprüche in den krisengeschüttelten Metropolengesellschaften zukleistern soll.
Ideologie als objektiv falsches Bewusstsein dient somit dazu, die kommenden Verwerfungen mit einem falschen Sinn zu versehen. Der Rückfall ins buchstäbliche nationale Elend nach dem Zusammenbruch des globalisierten Schuldenturmbaus wird dann überhöht zur Rückkehr in die verlorene nationale Heimat früherer, idealisierter Epochen: der 1970er, der 1950er, oder gleich der 1930er Jahre. Was ist also der Rechtspopulismus mit seiner Tendenz zur Grenzschließung und Protektionismus? Ein sozioökonomischer Selbstmord, begangen aus Angst vor dem Tod des Kapitalismus.