Das Finanzministerium, der "Deep State" und das Geldsystem
Seite 3: Unternehmensberater als Abteilungsleiter
- Das Finanzministerium, der "Deep State" und das Geldsystem
- Wer bekommt die Zinsen?
- Unternehmensberater als Abteilungsleiter
- Finanzieller "Deep State"?
- Auf einer Seite lesen
So berief Wolfgang Schäuble 2011 den Anwalt Levin Holle zum Chef der einflussreichen Abteilung für Finanzmarktpolitik. Holle leitete zuvor als Seniorpartner das Berliner Büro der Unternehmensberatung Boston Consulting Group.
Ebenjene Beratungsfirma hatte 2004 im Auftrag des Finanzministeriums ein Gutachten erstellt, das ganz im Sinne der großen Banken empfahl, die Politik solle günstige Rahmenbedingungen schaffen, um "leistungsgestörte Kredite" verbriefen zu können - oder mit anderen Worten: faule Kredite im großen Stil an den Börsen zu verkaufen. Kreditverbriefungen, also durch unsichere Kreditforderungen "besicherte" Wertpapiere, pumpten die Spekulationsblase weiter auf, bevor es 2008 zum Crash kam.
Führende Banken hatten sich zuvor, 2004, zu einem Lobbyverband namens "True Sale International" zusammengeschlossen, um Kreditverbriefungen in Deutschland zu etablieren. Zum Beirat dieser Lobbygruppe gehörte seit der Gründung auch ein Vertreter des Finanzministeriums. Die Behörde agierte dabei weniger als Kontrolleur, denn als wohlwollender Mitspieler.
Zunächst übernahm den Beiratsposten Abteilungsleiter Jörg Asmussen, der in einem Aufsatz von 2006 die riskanten Verbriefungen persönlich empfahl und ankündigte, sein Ministerium werde den Banken in diesem Zusammenhang "keine unnötigen Prüf- und Dokumentationspflichten" vorschreiben. Asmussen machte in der Folge große Karriere, erst als Staatssekretär im Finanzministerium, dann im Direktorium der EZB, seit 2016 schließlich als "Managing Director" der Privatbank Lazard.
Die Funktion von Asmussen im Finanzministerium übernimmt seit einigen Jahren nun mehr oder weniger der erwähnte Levin Holle von der Boston Consulting Group, die mit ihrer geschilderten Beratungstätigkeit eher Teil des Problems als der Lösung sein dürfte. In einem Zeitungsinterview erläuterte Holle 2016:
Die Abteilung, die ich leite, ist für spannende Themen zuständig: die Rolle der Banken in der Euro-Krise, die Regulierung der Finanzmärkte, die private Altersvorsorge und das Schuldenmanagement des Bundes. Ich fand es sehr reizvoll, in einem Ministerium an diesen Themen mitzuwirken. (…) Wir stellen fast nur Leute ein, die vorher im Privatsektor gearbeitet haben. Viele waren drei, vier, fünf Jahre bei einer großen Kanzlei oder einem Unternehmen und haben sich dann bewusst beim Staat beworben.
Levin Holle
Das Milieu zwischen Banken und Politik, dem der Berater entstammt, ist typisch. Holle war 1991 zunächst Vizechef der CDU-nahen Studentenvereinigung RCDS. Der damalige RCDS-Chef Marcel Kaufmann ist heute Partner bei der Bankenlobby-Kanzlei Freshfields, derzeit die umsatzstärkste Kanzlei in Deutschland.
Zur Erinnerung: Freshfields formulierte unter anderem 2008 im Auftrag des Finanzministeriums den Entwurf zum Gesetz für die milliardenschwere Bankenrettung. Nicht Abgeordnete, sondern die Anwälte der Bankenkanzlei hatten das Gesetz praktisch erdacht.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.