Das Menschheitsideal "Demokratie" ist am Ende

Seite 2: In den entwickelten Demokratien herrscht das Volk nicht mehr

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In den entwickelten Demokratien haben wir heute ein ganz und gar anderes Problem. Eindeutig kann keine mehr Rede davon sein, dass dort das Volk herrscht. Aber ebenso eindeutig haben die meisten Demokratien keine verwerfliche Tyrannenherrschaft. Im Gegenteil, es sind sogar Regierungsformen, die es im Prinzip möglich machen, eine verwerfliche oder auch nur inkompetente Regierung ohne Blutvergießen loszuwerden.

Aber das nützt nichts; denn was kommt danach? Eine ähnliche Regierung, die im Prinzip kaum einen Deut besser ist, als die vorangegangene, weil sie aus demselben Personenkreis rekrutiert wird. Ihre Mitglieder sind durch die gleichen Rekrutierungsmechanismen gelaufen, haben die gleichen Ochsentouren in den politischen Parteien hinter sich und sind ähnlich inkompetent wie ihre Vorgänger.

Auf die jeweilige Regierung in den entwickelten Demokratien kommt es kaum noch an. Das politische System ist marode. Die Regierungen sind eingebettet in ein System der politischen Herrschaft, das sich zunehmend gegen die gesamte Bevölkerung wendet.

Da hilft es kaum, wenn man eine Regierung abwählen kann. Die nächste wird nicht besser. Das ganze System muss grundlegend geändert werden und vom Kopf auf wirklich demokratische Füße gestellt werden.

Der US-Politikwissenschaftler Yascha Mounk vergleicht die gegenwärtige Endzeit der Demokratie mit dem Ende des Mittelalters:

Damals gab es keinen Gottesbeweis mehr, auf den sich die meisten Gelehrten hätten einigen können. Aber es gab noch ein Restvertrauen darin, dass es Gott geben muss. So ähnlich geht es uns heute mit der Demokratie. Wir wissen nicht mehr so richtig, warum Demokratie als einzige Regimeform legitim sein soll. Aber wir glauben irgendwie noch immer daran, dass die Demokratie das einzig Gute und Wahre ist. Demokratie ist zu einem leeren Slogan verkommen, an den wir quasireligiöse Gefühle binden.