Das Nichts in der Mathematik
Seite 3: Die Überwindung der Angst vor dem Nichts
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- Zermelo und die axiomatische Mengenleere
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Wenn man die glanzvolle Geschichte der leeren Menge verfolgt, ist es wirklich seltsam festzustellen, wie am Anfang der Entwicklung Mathematiker und Philosophen allesamt Angst vor diesem Nichts hatten und sich dann am Ende das Nichts als Anker für die Bildung von immer neuen mathematischen Objekten verdient gemacht hat.
Jeder kennt die Ausführungen von Parmenides aus Elea, der Änderungen des Seienden ablehnte, da das Seiende sei und das Nichts nicht sei. Veränderung würde bedeuten, dass das Seiende in etwas übergeht, was es vorher nicht war. Das wäre aber ein Widerspruch. Sein Schüler Zeno versuchte mit ähnlichen Argumenten und den sogenannten Zeno-Aporien die Unmöglichkeit von Bewegung zu beweisen, was der scharfsinnige Diogenes von Sinope einfach durch stummes Auf- und Abgehen widerlegte.
Auch viele physikalische Erscheinungen wurden früher durch horror vacui erklärt, d.h. die Auffassung, dass die Natur Leerraum hervorzubringen nicht erlaube. Wasser stiege deswegen in einem Rohr, von dem Luft ausgepumpt wurde, um das Vakuum zu verhindern. In diesem Jahrhundert haben sich die Physiker aber längst mit dem Nichts arrangiert und ihm eine neue Bedeutung zugewiesen. Es stellt sich heraus, dass das Vakuum gar nicht so leer ist. Es wimmelt dort von virtuellen Teilchen und Feldern, so dass wir heute Ursprung und Entwicklung des Universums nicht verstehen werden, ohne ein besseres Verständnis des Vakuums zu erlangen.
Kosmologie kann man heutzutage nicht betreiben, ohne auf das unendlich Kleine zu achten. Es ist auch gerade die Beschreibung des gar nicht so leeren Vakuums, wo Gravitationsphysik und Quantenmechanik sich berühren und vielleicht die besten Chancen haben, in eine einheitliche Theorie überzugehen.
Auch manche Philosophen denken heute anders über das Nichts. Sartre hat in der Philosophie, in seinem Existentialismusentwurf, eine ähnliche Kehrtwende vollzogen wie Zermelo in der Mathematik. Der Mensch, als wissendes Subjekt, kann in die Welt einfach bedenkenlos aufgehen, wie ein Fisch im Wasser, oder er kann die Welt umformen. Der Mensch kann also das, was nicht ist, in Realität verwandeln. Mit der Eloquenz meines Philosophielehrers Bolivar Echeverria ausgedrückt: Was Sartre uns sagt, ist, dass der Mensch wie "eine Blase aus Nichts", der Welt entgegentritt und diese neu gestalten kann. So wird das Nichts zur Grundlage der Freiheit.
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