Das "Twitter-Mädchen" im Syrienkrieg

Seite 4: Drama mit Happy End

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Auch an Ritardando durfte es nicht fehlen. So twitterte Bana von einem Angriff, kurz danach wurde das Konto gelöscht, meldete u.a. der Stern am 5. Dezember. Dann war es wieder da. Mit einem missverständlichen Tweet erregte der Bana-Account den Eindruck, das Mädchen sei durch einen Bombenangriff getötet worden. Quasi als Wiederauferstehung gab der Account später bekannt, es sei ein anderes Mädchen gemeint gewesen. Nachdem Bana in den Medien Prominenz erfuhr, twitterte sogar der türkische Außenminister Unterstützung.

Der noble Mann hielt Wort und ließ Bana kurz vor Weihnachten in die Türkei evakuieren. Dort machte sie Propaganda für einen anderen Menschenfreund: Recep Tayyip Erdoğan, der sie in einer Privataudienz empfing. Spuren der Wunden, welche die Familie zuvor in Aleppo erlitten hatte, waren auf den Fotos zu diesem Ereignis nicht zu erkennen. Mit von der Partie war US-Schauspielerin Lindsay Lohan. Auch Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman, die Hillary Clinton zu ihren Vorbildern zählt, wollte sich mit Bana sehen lassen. In einem TV-Interview mit Bana täuschte man unbeholfen englische Sprachkenntnisse der kleinen Syrierin vor. Tatsächlich jedoch soufflierte die Mutter; an den Augenbewegungen des Mädchens kann mal leicht erkennen, dass dieses die offenbar einstudierten Antworten offenbar irgendwo ablas.

Die BBC präsentierte im Januar auch Banas Brief an US-Präsident Donald J. Trump, dem das siebenjährige Mädchen seine Freundschaft für das Versprechen anbot, die syrischen Kinder zu retten. Bana wäre wohl eine pflegeleichtere PR-Partnerin als etwa Malala, die einst Präsident Obama im Weißen Haus wegen dessen menschenverachtenden Drohnenkrieg in Verlegenheit brachte. Die Drohnenangriffe kosteten hunderten Kindern im Alter von Malala und Bana das Leben und schüren Hass auf den Westen - der mit dieser Form der Kindestötung so wenig Probleme hat wie der biblische König Herodes.

Trump wiederum wurde offenbar tatsächlich von einem syrischen Kind beeinflusst, wenn auch einem toten. So soll das Bild eines Kindes, das beim - nach wie vor unaufgeklärten - Giftgas-Vorfall in Chan-Scheichun getötet wurde, den US-Präsidenten dazu bewogen haben, beim Schokoladenkuchenessen 59 Tomahawks auf Syrien zu werfen (oder war es der Irak ...?).

Dass auch die von amerikanischem Sprengstoff zerfetzten Soldaten Töchter und Schwestern in Banas Alter haben, die vielleicht sogar selbst gefährdet wurden, scheinen US-Präsidenten so wenig zu wissen wie Medienvertreter, die Trump als endlich "präsidentiell" bejubelten. Bundeskanzlerin Merkel fand den völkerrechtswidrigen Angriff "nachvollziehbar", die Tötung von Menschen aus dem Hinterhalt bezeichnete Verteidigungsministerin von der Leyen als "Warnschuss".

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