Das Urteil gegen die Goldene Morgenröte

Seite 3: Mildernde Umstände

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Das Strafmaß für die verbrecherischen Nazis liegt erheblich niedriger als ursprünglich, zum Zeitpunkt der Anklage 2013, angedroht. Das ist ein Erbe der Syriza-Regierung. Alexis Tsipras hatte buchstäblich im letzten Moment vor den Wahlen, im Juli 2019 eine große Strafrechtsreform durchs Parlament gebracht. Mit dieser sanken die möglichen Höchststrafen für alle die GM betreffenden Anklagepunkte.

Für die Anführer der kriminellen Vereinigung sieht der Strafrechtkodex nun fünf bis fünfzehn Jahre Zuchthaus vor. Vorher waren es zwanzig Jahre. Bei mildernden Umständen liegt die Strafe zwischen zwei und acht Jahren. Zwei Drittel der jeweiligen Strafe müssen verbüßt werden. Mitgliedern einer kriminellen Vereinigung drohen fünf bis zehn Jahre, bei anerkannten mildernden Umständen ein bis fünf Jahre Zuchthaus.

Die ambivalente Haltung des populistischen, nominell linken Tsipras zu den nationalsozialistischen Populisten ist ein Thema, das nun wieder mit Anlass des Prozesses diskutiert wird.

Die Verurteilten selbst, beziehungsweise ihre Anwälte, sind nun bemüht, den größtmöglichen Rahmen der von Tsipras Regierung ermöglichten, erweiterten mildernden Umstände auszunutzen. Alle Anwälte verweisen auf die Länge des Verfahrens. Dieses sei mit sieben Jahren zu lang gewesen und habe die nun Verurteilten bereits bestraft.

Eine derartige Argumentation wählte auch der Advokat des Mörders von Pavlos Fyssas, Giorgios Roupakias. Als wäre dieser nicht von Dutzenden Polizisten beim Erstechen von Fyssas beobachtet worden, meint der Anwalt, dass Roupakias sieben Jahre lang das Vorrecht der Unschuldsvermutung eingebüßt habe, woran allein das lange Verfahren schuld sei. Schließlich sei sein, nach achtzehn Monaten U-Haft unter Auflagen entlassener Mandant durch die lange Zeit des Hausarrests bestraft worden.

Einer der Verurteilten beantragt mildernde Umstände, weil er mit einer einvernehmlichen Scheidung von seiner ersten Ehefrau bewiesen habe, wie friedfertig er sei. Schließlich habe er mit seiner nun zweiten Ehe insgesamt vier Kinder gezeugt, und damit, wie sein Anwalt betonte, "die niedrige Geburtenrate abzumildern". Dem Anwalt gemäß ist dies eine Handlung im nationalen Interesse.

Der Anwalt von Ilias Kasidiaris meint, dass sein Mandant kein Nazi sei und erst recht kein Krimineller. Er sei nur sehr jähzornig, meinte der Anwalt. Der gleiche Anwalt plädierte auch für Michaliakos und für mildernde Umstände. Der Parteichef sei gewählter Führer einer ins Parlament gewählten Partei, so der Anwalt.

Er sei gegen das System, und dieses würde er mit Schärfe in Reden demonstrieren. Von den kriminellen Taten, die vor Gericht verhandelt wurden, habe der Parteichef nichts gewusst, meint der Anwalt. Er stellte Michaloliakos als Opfer der Journalisten dar. Michaloliakos habe keinerlei frühere Verurteilungen und sein einziges Vergehen, dass er sich als "Erbe der 1945 Geschlagenen" sehe, sei lächerlich, meinte der Advokat.

Für Michaloliakos ebenfalls verurteilte Ehefrau, die frühere Parlamentarierin Eleni Zaroulia, argumentierte deren Anwalt, "wenn Frau Zaroulia nicht Ehefrau von Nikolaos Michaloliakos wäre und wenn sie nicht diese eine Rede, für welche sie verurteilt wurde, wäre sie nun nicht hier".

Manche Plädoyers entbehrten nicht der Komik.

Nikos Michos Anwalt sieht einen Grund für mildernde Umstände darin, dass sein Mandant zweimal die gleiche Frau geheiratet habe. Michos war vor den Wahlen aus der GM ausgetreten und wirkte kurzfristig als Parlamentarier der Griechischen Lösung.

Schließlich sei er auch tierlieb. Tierlieb und ein "guter Christ" ist nach Ansicht seines Anwalts auch Giannis Lagos.

Auf die christliche Note setzte auch der Anwalt von Christos Pappas. Er verglich den Prozess und den Druck zur Verurteilung mit dem Prozess gegen Jesus Christus. Ihm würde kein anderer ähnlicher Fall einfallen, meinte er.