Das große Roboter-Rennen

Am Sonntag beginnt das Halbfinale bei der diesjährigen Darpa Urban Challenge

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Victorville ist ein Nest nordöstlich von Los Angeles, durch das man am besten mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 Meilen pro Stunde hindurchfährt. Touristen übernachten in diesem gesichtslosen Ort am Rande der Mojave-Wüste allenfalls, weil sie zu müde zum Weiterfahren sind. Jetzt aber sind die Hotels praktisch ausgebucht. Denn nahe bei Victorville, auf der früheren George Air Force Base, findet die Urban Challenge der US-Militärforschungsbehörde Darpa statt, der dritte Wettbewerb für autonome Fahrzeuge.

Eröffnung des Roboter-Rennens- Foto: Darpa

Das Gelände wird normalerweise von der US Army genutzt, um den Städtekampf zu üben. Die Ähnlichkeit mit den Einsatzgebieten in Übersee hat den Ausschlag gegeben, nun auch Roboterfahrzeuge hier auf ihre Einsatztauglichkeit im Stadtverkehr zu testen. Hintergrund des Wettbewerbs ist eine Forderung des US-Kongresses, bis zum Jahr 2015 ein Drittel der Militärfahrzeuge unbemannt fahren zu lassen.

Entsprechend markig war die offizielle Eröffnung am Freitagmorgen um 7 Uhr. Nach dem Abspielen der Nationalhymne hielt Darpa-Chef Tony Tether eine Lobesrede auf die tapferen US-Soldaten, die von den Teilnehmern gemischt aufgenommen wurde. Während Chuck Jacobus, für sein Team Cybernet aus Ann Arbor, Michigan, erklärte, sie seien Darpa „dankbar für die Gelegenheit, unseren Männern und Frauen in Uniform dienen zu können“, reagierten insbesondere die recht zahlreich vertretenen Teilnehmer aus Deutschland eher mit Zähnekirschen auf den geballten Patriotismus. Sebastian Thrun, Leiter des Stanford Racing Teams, das die letzte Grand Challenge im Jahr 2005 gewonnen hat, rückt ebenfalls lieber die zivilen Anwendungen der Technologie in den Vordergrund. Intelligentere Fahrzeuge könnten helfen, die Zahl der Verkehrstoten zu reduzieren, meint er.

Don't hit anyone!!!

Tony Tether

Die Organisatoren bei der Darpa werden solche skeptischen Äußerungen kaum stören, sie werden sie wahrscheinlich sogar eher als Erfolg verbuchen. Schließlich ist es ein erklärtes Ziel, so Darpa-Sprecherin Jan Walker, gerade auch solche Forscher zu gewinnen, die ansonsten nicht fürs Militär arbeiten würden. Es sei darum gegangen, das Labor zu verlassen und eine Gemeinschaft von Forschern zu schaffen. Dafür habe die Darpa erstmals einen offenen Wettbewerb dieser Art ausgeschrieben. Mehrere Gründe, so Walker, hätten dafür gesprochen:

Zum einen handelt es sich um eine wichtiger Technologie. Zum anderen ist das Einstiegslevel niedrig: Die nötigen Komponenten wie Autos, Computer und Sensoren sind bereits vorhanden. Was fehlt, sind die Ideen, sie intelligent zu kombinieren.

Jan Walker
Gelände des Wettrennens. Foto: Darpa

Um diese Ideen auf breiter Ebene abzuschöpfen, lässt die Darpa einiges springen. Auf 20,5 Millionen US-Dollar beziffert Walker das Budget des diesjährigen Wettbewerbs, hinzukommen 3,5 Millionen an Preisgeldern für die drei bestplatzierten Teams. Damit ist die Urban Challenge mit Abstand der teuerste Roboterwettbewerb der Welt. Zum Vergleich: Eine RoboCup-Weltmeisterschaft kommt mit etwa einem Zehntel des Geldes aus, das Budget der letzten Elrob, dem europäischen Gegenstück zum Darpa-Wettbewerb, belief sich sogar nur auf karge 3000 Euro.

Ab Sonntag wird sich zeigen, ob mehr Geld auch entsprechend bessere Resultate hervorbringt. Dann werden sich die autonomen Fahrzeuge in einer von speziell trainierten menschlichen Fahrern simulierten städtischen Verkehrssituation bewähren und eine 60 Meilen lange Strecke in maximal sechs Stunden bewältigen müssen. Die besten 20 der insgesamt 35 Teams qualifizieren sich für das Finale am 3. November. Wenn am Ende deutsche Teams unter den ersten drei sein sollten, ist es allerdings fraglich, ob sie etwas von dem Preisgeld sehen. Denn um zum Wettbewerb zugelassen zu werden, muss jeder Teamleiter amerikanischer Staatsbürger sein. So kommt das Team Berlin offiziell aus Houston, Texas, das Hamburger Team Lux aus Woodstock, das an den Universitäten Karlsruhe und München beheimatete Team AnnieWay aus Palo Alto in Kalifornien und das Braunschweiger Team CarOLO aus New York. Die Aufteilung eines möglichen Preisgeldes ist eine Frage des guten Willens, einen einklagbaren Rechtsanspruch gibt es nicht.