Das halbe Grad macht einen wesentlichen Unterschied

Seite 2: Neubaupläne für 1380 Kohlekraftwerke

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Zurück zur Kohle: Auf einem 1,5-Grad-Pfad müsste die Menschheit bis 2050 komplett aus der Kohleverbrennung aussteigen, Gas dürfte maximal für 8 Prozent der Energieerzeugung genutzt werden, heißt es deutlich in der Zusammenfassung für Entscheidungsträger des IPCC.

Sieht man sich eine kürzlich von Urgewald veröffentlichte Liste von geplanten neuen Kohlekraftwerken an, dann erscheint nicht einmal ein Kohleausstieg bis 2050 realistisch. Demnach befinden sich in 59 Ländern insgesamt 1380 Kohlekraftwerke in Planung oder Bau. Ihre Gesamtkapazität entspräche einem Drittel der heute auf der Welt betriebenen Kohlekraftwerke. Wenn man mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 40 Jahren rechnet, wären diese Kraftwerke also noch nach 2050 am Netz.

"Zweieinhalb Jahre nachdem das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet wurde, ist es besorgniserregend, dass diese Projekte so viele neue Länder für kommende Dekaden in einen Zyklus der Kohleabhängigkeit bringen werden", kommentiert Lidy Nacpil vom Asian Peoples’ Movement on Debt and Development. Die Datenbank von Urgewald und Partnerorganisationen enthält Details zu 120 geplanten Projekten wie etwa Projektentwicklern und Geldgebern. Ein begehrter Markt, um neue Kohlekraftwerke zu verkaufen, sind afrikanische Länder mit meist noch keiner oder nur wenig Energiegewinnung aus Kohle. In vielen Fällen sollen die neuen Kraftwerke auch mit der Eröffnung neuer Kohleminen verbunden werden. Hinter den Projekten stehen oftmals Bergbaukonzerne.

78 Prozent der geplanten neuen Kohlekraftwerke finden sich jedoch auf dem asiatischen Kontinent. Nach China und Indien folgen Vietnam, Indonesien und Bangladesch mit einer Vielzahl von Neubauvorhaben. Interessant ist auch, dass in China selbst sich der Ausbau der Kohle zwar verlangsamt, wenngleich es noch immer für einen Drittel der weltweit geplanten neuen Kapazitäten verantwortlich ist.

Jedoch tun sich chinesische Kraftwerksbetreiber zunehmend im Ausland hervor. Die chinesische National Energy Investment Group (NEI) ist der größte Projektentwickler weltweit gefolgt von der China Huadian Corporation und der indischen National Thermal Power Corporation (NTPC). In Europa sind die Länder mit den größten Neubauplänen die Türkei, Polen und Bosnien-Herzegowina, die größten Emittenten sind nach wie vor Deutschland und Polen.

Dass Deutschland problemlos auf Kohlekraftwerkskapazitäten verzichten kann, haben wir an dieser Stelle vielfach dargelegt. Und wieder ist in den ersten neun Monaten des Jahres 2018 erheblich mehr Wind- und Solarstrom erzeugt worden als im Vorjahreszeitraum. Die Steigerung um 13 Prozent ist unter anderem auf sonnen- und windreiche Wetterlagen zurückzuführen, aber auch auf 2017 neu installierte Windenergieanlagen.