Das ist erst der Anfang: Die Tyrannei der Hitze auf der Nordhalbkugel

Seite 2: Klimakrisen-Relativierer und Öl-Gier der Konzerne trotz Wetterchaos

In den USA wurde aufgrund der schwülen Bedingungen am Wochenende für mehr als ein Drittel der US-Amerikaner:innen eine Hitzewarnung ausgesprochen. Der Nationale Wetterdienst der USA (NWS) meldete, dass eine Hitzewelle, die sich von Kalifornien bis Texas erstreckt, an einem "extrem heißen und gefährlichen Wochenende" ihren Höhepunkt erreicht habe.

Im Death Valley National Park, der oft zu den heißesten Orten der Erde zählt, wurde erwartet, dass der Hitzerekord von 54,4 Grad Celsius erreicht oder übertroffen wird. Las Vegas könnte drei aufeinanderfolgende Tage mit Höchsttemperaturen von 46 Grad Celsius erleben, was bisher nur ein einziges Mal vorgekommen ist.

Südkalifornien kämpft derweil mit zahlreichen Waldbränden. Weiter nördlich meldete die kanadische Regierung, dass die Waldbrände in diesem Jahr eine Rekordfläche von zehn Millionen Hektar verbrannt haben und weitere Schäden zu erwarten sind.

Die seit Monaten außer Kontrolle geratenen Brände haben die Luftqualität in Teilen auch der USA extrem verschlechtert und ganze Städte in toxischen Rauch gehüllt. Man geht davon aus, dass die Feuer nicht bis zum Herbst gelöscht werden können.

Auch in China wurden Rekorde gebrochen. In der nordwestlichen Region Xinjiang hat das Quecksilber 52 Grad Celsius überschritten und damit die bisher höchste Temperatur in China erreicht.

Die Temperaturen in der Gemeinde Sanbao im Departement Turpan stiegen am Sonntag auf 52,2 Grad, wie die staatliche Zeitung Xinjiang Daily am Montag berichtete, und es wird erwartet, dass die Rekordhitze noch mindestens fünf Tage anhalten wird.

Japan hat für Millionen von Menschen in 20 seiner 47 Präfekturen Hitzschlag-Warnungen herausgegeben, da rekordverdächtig hohe Temperaturen weite Gebiete versengten und andere Regionen von sintflutartigen Regenfällen heimgesucht wurden.

Der südkoreanische Präsident hat angesichts der 40 Todesopfer durch Überschwemmungen und Erdrutsche versprochen, den Umgang des Landes mit extremen Wetterereignissen, die durch den Klimawandel verursacht werden, "völlig neu zu gestalten".

In Deutschland werfen Rechtspopulisten und Klimakrisen-Relativierer Medien währenddessen vor, die Hitzemeldungen zu übertreiben und eine "sommerliche Klimahysterie" zu verbreiten. An vorderster Front mit dabei der frühere Bild-Chefredakteur Julian Reichelt.

Die Kritiker beziehen sich auf eine Verwirrung um einen prognostizierten Höchstwert von 48 Grad Celsius in Italien. Dabei wurden Boden- und Lufttemperaturen verwechselt. Die Meldung ist aber an sich, wie t-online in einem Artikel klarstellt, "richtig".

Im Februar gab der in London ansässige Öl-Gigant BP nach einem Rekordgewinn von 28 Milliarden Dollar im Jahr 2022 bekannt, dass er seine Ziele zur Emissionsreduzierung zurücknimmt und plant, mehr fossile Brennstoffe als erwartet zu fördern.

Der niederländische Konzern Shell, der im vergangenen Jahr einen Gewinn von 40 Milliarden Dollar verzeichnete, gab seine Pläne auf, die Ölproduktion um bis zu zwei Prozent pro Jahr zu senken.

Am 6. Juli gab der Vorstandsvorsitzende von Shell, Wael Sawan, der BBC ein Interview, also an dem Tag, der nach Ansicht von Wissenschaftlern der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen sein könnte. Während des Interviews warnte Sawan, dass eine Drosselung der Öl- und Gasproduktion "gefährlich und unverantwortlich" wäre.

Während also die Wetterextreme wie von Klimawissenschaftlern vorhergesagt immer mehr zunehmen – und heutige Rekorde bald durch neue, noch verheerendere ersetzt werden –, und in Deutschland am Wochenende an die tödliche Überschwemmungskatastrophe im Ahrtal vor zwei Jahren erinnert wurde, die mindestens 135 Menschen das Leben kostete und Schäden in Höhe von 30 Milliarden Euro erzeugten, setzen die Öl- und Gaskonzerne auf Busines as Usual.

In der US-Zeitschrift The New Yorker schreibt der renommierte Umweltjournalist Bill McKibben:

Wenn die Katastrophen, die wir in diesem Monat erleben, nicht ausreichen, um uns aus der Erstarrung aufzurütteln, dann scheinen die Chancen, dass wir noch weitere 150.000 Jahre durchhalten, gering.