Das ist ja der Hummer!
Teil 2: Die lebenden Toten
Einige Hummer aus Connecticut sollen sich angeblich in die Riga der lebenden Toten eingereiht haben.
"Kryonik für Krustentiere" nennt SFGate das merkwürdige Phänomen in seinem Bericht. Demzufolge verkauft die Firma Trufresh ihre tiefgefrorenen Hummer neuerdings nur noch mit Klebeband an den Scheren - um die Konsumenten vor einem möglichen Angriff des leckeren Kiemenatmers zu schützen. Denn einige sollen den Prozess des Einfrierens auf wundersame Weise überleben. Nachdem sie bei minus 40 Grad in Salzlake gefrostet worden waren, sollen sie beim Auftauen wieder erwacht sein aus ihrem Hummer-Schlummer.
Angeblich geht das Einfrieren so schnell, dass der Schaden, den die Eiskristalle den Muskeln zufügen, minimal ist. Auf der International Boston Seafood Show soll die Trufresh-Bande ein Video vorgeführt haben, welches zwei untote Hummer zeigt, die sich in einem Bassin tummeln. Der Stoffwechsel des Zehnfüßers war vorher in fast gefrorenem Seewasser verlangsamt worden. Dann kam er für ein paar Minuten in die Eishölle - um nach zweieinhalb Stunden in warmem Wasser wieder munter zu werden. Ein verblüffender Trick, den allerdings nur etwa zwölf von 200 Tieren zu beherrschen scheinen. Die Firma Trufresh freut sich einstweilen wie ein Gefrierkönig und sucht nach Partnern, um den gelungenen PR-Gag zu kommerzialisieren. Der tiefgefrorene (und filettierte) Trufresh-Lachs hat übrigens diese besonderen Eigenschaften nicht.
Während Bild schon den "ersten Schritt in die Unsterblichkeit" wittert, äußerte ein Wissenschaftler ausgesucht höflich: "Ich bin eher skeptisch, ob es gelingen kann, einen Hummer wieder zum Leben zu erwecken. Aber wenn man ihn mir zeigt, werde ich ihn mir auch ansehen." Das glaubt man sofort, denn das Schalentier, dem man beim Essen am besten mit der Kombizange zu Leibe rückt, ist nicht nur in Feinschmeckerkreisen, sondern auch in Forscherrunden sehr beliebt. Ähnlich wie die nicht ganz so leckeren Fruchtfliegen tun Hummer nämlich - außer herumspuken - die merkwürdigsten Dinge: Die Zehnfüßer "reden" mit der Blase, das heißt sie signalisieren mit ihrem Urin, welche Stellung in der Dominanzhierarchie sie innehaben, ihre Geruchsantennen sind Vorbilder beim Bau von Robotern und wenn sie mit den fleischigen Enden ihrer Tentakel an der harten Schale kratzen, entsteht derselbe Reibungsmechanismus, der auch in einer Geige Vibrationen hervorruft - mit dem Unterschied, dass ein Hummerorchester kratzende, krächzende und ächzende Geräusche hervorbringt. Unerschrockene Wissenschaftler haben es mit dem Unterwassermikrofon mitgeschnitten. Ihren Zweck erfüllt die Hummervioline: natürliche Feinde wie Haie trollen sich. Nur die menschlichen Hummerfresser wollen nicht hören, auch dann nicht, wenn sie den Krebs kopfüber ins kochende Wasser tauchen und seinem drei- bis fünfminütigen (so tierschutzonline.de) Todeskampf beiwohnen, bei dem er angeblich in den höchsten Tönen (zu hoch für uns) schreit.
Dass Hummer kochende Hitze schlechter vertragen als ein Eisbad, weiß man nun. Auch das Rätsel, warum der Hummer rot wird, wenn man ihn in den Topf wirft, konnten Wissenschaftler lösen (vgl. Das ist ja der Hummer!): Das Lobster-Geheimnis verbirgt sich in dem Protein Beta-Crustacyanin (Crusta wie Kruste, kann man sich gut merken). Bläulich-schwarz ist das Krustentier, weil sich das Beta-Crustacyanin mit dem Molekül Astaxanthin aus der Gruppe der Carotenoiden verbindet und das ursprünglich orangenfarbene Astaxanthin durch die Bindung seine Lichtabsorption verändert. Leuchtend rot wird der Meeresbewohner erst, wenn sich die Struktur des Beta-Crustacyanin durch die Hitze verändert und das Astaxanthin dadurch nicht mehr andocken kann. Das "weggedrückte" Orange-rot kommt mit dem frei gewordenen Molekül wieder zum Vorschein. Aber nicht das geringste Lebenszeichen....