Demokratiemüdigkeit in den USA

Seite 2: Politik der Spaltung

Diese Politik der Spaltung wird seitens der Demokratischen Partei verurteilt und den radikalen Kräften in beiden Lagern zugeschrieben. Joe Biden stilisierte sich in der Wahl 2020 als Erlöser der politischen Mitte, der nicht nur das Land vor Trump, sondern auch die Demokratische Partei vor Senator Bernie Sanders gerettet hatte.

Solches Gehabe von Seiten des Establishments der Demokratischen Partei ist zynisch, profitieren doch beide Parteien vom Kulturkampf, der eine Solidarisierung der Menschen auf Basis von materialistischen und sozialen Interessen unmöglich macht. Ein Wahlkampf zwischen Sanders und Trump hätte die Bevölkerung gezwungen, zwischen Klassen- und Kulturkampf zu entscheiden, und somit die Möglichkeit für einen Ausbruch aus dem festgefahren politischen Diskurs geboten.

Stattdessen konnten sich die US-Bevölkerung im Hauptwahlgang nur für oder gegen Donald Trump entscheiden. Wenn jetzt, zwei Jahre später, kaum jemand für den Machterhalt einer Partei abstimmen möchte, die auch mit einer Mehrheit nichts unternommen hat, um eine sozialere Politik durchzusetzen, kann man kaum von Politikverdrossenheit, sondern vielleicht eher einer traurigen Erkenntnis sprechen.

Aber auch traurige Erkenntnisse können ein politischer Antrieb sein.

Wenn sich die Demokratische Partei nicht als Vehikel für sozialen Wandel eignet, dann müssen Alternativen her! Vor kurzem ist es Angestellten eines Lagerhauses auf Staten Island trotz jeder erdenklichen Gegenwehr gelungen, die erste Amazon Gewerkschaft zu gründen. Und das ganz ohne Hilfe des Demokratischen Parteiapparates.

Vielleicht lässt sich hier sogar von einem Erfolg über die Partei sprechen. Denn laut CNBC hat eine Beraterfirma, die "Global Strategy Group", die Amazon besonders gerne gegen die Gründung von Gewerkschaften einsetzt, sehr enge Beziehungen zu einigen Parteimitgliedern.

Das führte zu einer absurden Situation während einer Stellungnahme des Weißen Hauses am 6.4.2022, als Pressesprecherin Jen Psaki, den Mitgliedern der neu gegründeten Gewerkschaft das Wohlwollen des Präsidenten zusicherte. Der Witz: Jen Psaki arbeitete, laut Politico, zwischen ihren Jobs für die Obama Administration und ihrem Amt als Bidens Pressesprecherin direkt für GSG.

Auch betrieb GSG Meinungsforschung in Zusammenarbeit mit "Priorities USA", einem Super-PAC, das Präsident Joe Bidens Kandidatur unterstützte. Des Weiteren gibt das Unternehmen auf der Website an, für die demokratischen Senatoren Kirsten Gillibrand, Joe Manchin und Ed Markey gearbeitet zu haben.

Immerhin einem Demokraten, Berni Sanders, kann man seine Freude über die neue Gewerkschaftsbewegung glauben.

Insgesamt ist offensichtlich, wessen Interessen die Demokratische Partei vertritt und warum sie genau wie die Republikaner kein ernsthaftes Interesse an Veränderung haben. Es ist aber auch klar, dass die arbeitenden Schichten der USA trotz allen Widerstandes außerhalb der Parteistrukturen politische und ökonomische Tatsachen schaffen können, die zumindest die Rhetorik der Machthaber beeinflussen. Darauf lässt sich aufbauen.