Der Bodensee als Energiequelle
Umweltwärme ist eine preiswerte und äußerst umweltfreundliche Wärmequelle - neben Bohrungen bietet sich dazu auch die Nutzung von möglichst tiefen Gewässern wie dem Bodensee an
Die Umwelt bietet sich als umweltfreundliche Wärmequelle an. Zu den geologisch besonders interessanten Regionen zählt hier der immer noch aktive Grabenbruch am Oberrhein. Die Versuche einer Nutzung der Geothermie über Bohrungen war hier jedoch von zahlreichen Rückschlägen begleitet. So kam es im Zusammenhang mit dem Projekt Deep Heat Mining beim Einpressen von Wasser in eine Probebohrung in Kleinhüningen im Dezember 2006 zu stärkeren, spürbaren Erdstößen bis zur Stärke 3,5. In der Folge wurde das Projekt abgebrochen und eingestellt.
Auch in Staufen ging die Geothermiebohrung im Sommer 2007 schief, als man ungeplant eine Anhydritschicht angebohrt hatte, die dann Wasser aufgesaugt hatte, wodurch Gips entstand, der aufquoll und durch die Hebung zahlreiche Häuser in der historischen Altstadt der Faust-Stadt beschädigte. Aktuell werden Tiefenbohrungen im Raum Vendenheim für mehrere Erdbeben im Raum Straßburg verantwortlich gemacht, was dazu geführt hat, dass diese Bohrungen vorerst nicht weitergeführt werden. Die Nutzung der Erdwärme am Oberrhein steht offensichtlich nicht unter einem besonders guten Stern.
Erdwärme aus Oberflächengewässer erspart eine Bohrung
Tiefe Seen können als Wärmequelle oder -senke sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen genutzt werden. In den vergangenen Jahren rückten die Seen verstärkt in den Blickpunkt. So wurde in der Vergangenheit in Studien der Eidg. Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung & Gewässerschutz (Eawag) das Potenzial von Bodensee und Zugersee untersucht.
Inzwischen wird das einschlägige Potenzial im Rahmen eines vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) finanzierten Projekts für Seen und Flüssen der ganzen Schweiz erforscht. Neu ist die Nutzung der Wärme von Gewässern keinesfalls. So gewinnt das Hotel Badrutts' Palace am St. Moritzersee auf rund 1800 Metern über dem Meer schon seit über zehn Jahren pro Jahr 4.700 Megawattstunden Energie aus dem Seewasser. Sogar der gefrorene St. Moritzersee hat noch genügend Potential, um im Winter zumindest einen Teil des Wärmebedarfs des Hotels Badrutt's Palace zu decken.
Auch am Bodensee ist diese Form der Wärmegewinnung nicht neu. Die ersten derartigen Anlagen wurden auf der Schweizer Seite schon in den 1930er-Jahren gebaut und derzeit wird das Bodenseewasser bereits in 20 Anlagen zur Wärmegewinnung genutzt. Zu den bekanntesten Anlagen zählt die Kantonsschule Romanshorn Wohnsiedlung.
Mit Wasserwärme aus dem Bodensee könnte alleine in der Schweiz Wohnraum für fünf Millionen Personen geheizt werden. Wie ermittelt wurde, ist für die meisten größeren Gewässer das Potenzial für Wärmeentnahmen deutlich größer, als der Wärmebedarf für Heizung oder Prozesswärme in den umliegenden Kommunen. So wurde nicht nur für den Bodensee, sondern auch für den Walensee ermittelt, dass das dort vorhandene Potenzial zur Wärmenutzung den Bedarf der seenahen Gemeinden bei weitem übersteigt.
Aufgrund von Modellrechnungen liegt das nutzbare Potenzial für die Schweizer Seite des Bodensees bei rund 2.800 Gigawattstunden (GWh) Wärmenutzung und 1.400 GWh Kältenutzung pro Jahr. Der Wärmebedarf aller Gemeinden in den Kantonen St. Gallen und Thurgau, die an den Bodensee angrenzen, bewegt sich in der Größenordnung von 1.200 GWh pro Jahr. Das zeigt, dass sich der gesamte Wärmebedarf dieser Gemeinden sich mit thermischer Seewassernutzung decken lässt.
Auch wenn die Wärmenutzung des Bodenseewassers derzeit vorwiegend in der Schweiz diskutiert wird, gibt es auch in Deutschland mehrere vergleichbare Initiativen und vorliegende Berechnungen ergaben, dass fast die Hälfte des jährlichen Wärmebedarfs der Einwohner Baden-Württembergs potenziell durch Bodenseewasser gedeckt werden könnte, wobei nur das Wasser in einer Tiefe von 20 bis 40 Meter genutzt würde.
Wie funktioniert die Wärmenutzung aus einem Gewässer?
Üblicherweise wird das Wasser aus einer Tiefe von 20 Metern heraufgepumpt und in einem Wärmetauscher die Energie entzogen. Danach wird das abgekühlte Wasser wieder in den See zurückgepumpt. Zur Wärmenutzung muss das Seewasser nicht durch die Sonne gewärmt sein und daher ist die Wärmenutzung auch im Winter möglich. Die Temperaturveränderung beim Seewasser betragen durch den Wärmeentzug nur wenige Zehntel Grad und dies hat nach derzeitigen Erkenntnissen keine ökologischen Folgen für die Seen.
Die aus dem Seewasser gewonnene Wärme wird über Nahwärmenetze an die anliegenden Gebäude geleitet und dort drt Heizung zur Verfügung gestellt. Mit der Wärmenutzung allein sind die Potenziale der Gewässer jedoch keinesfalls vollständig ausgenutzt, denn das Seewasser lässt sich auch zur Kühlung nutzen und mit der dabei entstehenden Abwärme können andere Gebäude wiederum geheizt werden. Geht man davon aus, dass die Gewässertemperatur aufgrund des Klimawandels ansteigt, könnte sich eine Wärmeentnahme zu Heizzwecken auch für die vorhandenen Wasserlebewesen vorteilhaft auswirken.