Der Krieg, der Terror und wir

Seite 3: Einhegung der Debatten von der ersten Sekunde an

Dass darüber nicht oder – besser gesagt – zu wenig gesprochen, geschrieben, berichtet und diskutiert wird, liegt, das muss man fairerweise dazusagen, nur zum Teil an Verschwörungstheorien. Es liegt auch an der Einhegung der Debatte, die von der ersten Sekunde an mit einer bedrohlichen Rhetorik einherging.

US-Präsident George W. Bush setzte umgehend auf eine unmissverständliche Freund-Feind-Rhetorik: "Entweder sind Sie mit uns oder Sie stehen auf der Seite der Terroristen", drohte er neun Tage nach den Anschlägen vor dem Kongress. Der Gerechtigkeit, die er damals versprach, ist aber bis heute nicht Genüge getan worden. Im Gegenteil.

Bis heute klingen die Worte des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) nach, der drei Tage nach den Anschlägen im Deutschen Bundestag sagte:

Meine Damen und Herren, ich habe dem amerikanischen Präsidenten das tief empfundene Beileid des gesamten deutschen Volkes ausgesprochen. Ich habe ihm auch die uneingeschränkte - ich betone: die uneingeschränkte - Solidarität Deutschlands zugesichert.:Gerhard Schröder (SPD), 12.09.2001

Und die Worte Roland Claus von der damaligen PDS, der echote:

Meine Damen und Herren, Amerika hat in diesen Stunden diese Solidarität über Parteigrenzen hinweg nötig und Amerika soll wissen: Über alle politischen Differenzen hinweg wird es diese Solidarität auch geben.

Roland Claus (PDS), 12.09.2001

Man muss Schröder, Fischer und den Franzosen zugutehalten, dass sie den blinden Gehorsam zwei Jahre später beim Lügen-Feldzug gegen den Irak aufgegeben haben. Wenn auch die Entscheidung zwischen Berlin und Paris lange auf der Kippe stand, weil im Klima der Repression niemand mehr dem anderen traute, um am Ende nicht vor dem verängstigten und wütenden "Home of the Brave" alleine als Dissident dazustehen.

Das Freund-Feind-Schema aber, das damals von den USA aus in den westlichen Gesellschaften etabliert wurde, wirkt bis heute nach; es schädigt die Debattenkultur und damit die demokratische DNA unserer Gesellschaften nachhaltig.

Hätte es die Polarisierung in den großen Fragen seither – Migration, Klimawandel, Pandemie – in diesem Maße ohne den 11. September und Verengung der Diskurskorridore gegeben?

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.