Der Kuckuck kommt zu spät
- Der Kuckuck kommt zu spät
- Kuckuck findet keine Nester mehr
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Weil der Frühling immer eher beginnt, bekommt der Langstreckenflieger Probleme, seine Eier anderen Vögeln unterzujubeln. Einen Plan B kennt er scheinbar nicht
Jetzt sind es nur noch ein paar Berge: 9.000 Flugkilometer hat der Kuckuck bereits hinter sich aus seinem Winterquartier, jetzt gilt es, die Alpen zu überqueren. "Ende April werden die ersten Kuckucke Deutschland erreichen", sagte Angelika Nelson, Biologin beim Landesbund für Vogelschutz in Bayern. Weiter oben im Norden Deutschlands wird der Kuckuck dann jetzt, Anfang Mai, erwartet.
Dummerweise aber sind all die anderen Vögel schon da! Das wird für den Cuculus canorus zur Bedrohung. "Die meiste Zeit ist der Kuckuck unterwegs", sagt Biologin Nelson, "bei uns gastiert er nur ein paar Monate". Allerdings sind dies entscheidende Monate: Hier paart sich der exzellente Langstreckenflieger und zieht seine Jungen auf.
Korrekter: Er lässt aufziehen. Statt sich nämlich selbst zu kümmern, legt er seine Eier in die Nester sogenannter Wirtsvögel – Teichrohrsänger, Gartenrotschwanz oder Grasmücke zum Beispiel. Nach nur zwölf Tagen Brütezeit schlüpfen die Kuckuckskinder, in der Regel eines pro Nest. Zwölf Tagen – das ist für die "Geschwister" viel zu schnell. Die Jungkuckucke stoßen kurz nach ihrem Schlüpfen in einem enormen Kraftakt die anderen Eier aus dem Nest, damit sich die Wahleltern voll und ganz auf sie konzentrieren. In der dritten Woche sind die Jungkuckucke bereits größer als die ausgetricksten fremden Eltern.
Allerdings beginnt der Frühling hierzulande immer früher. Phänologie nennt sich die Lehre vom Einfluss der Witterung und des Klimas auf die jahreszeitliche Entwicklung von Pflanzen und Tieren. Phänologen interessieren sich beispielsweise für den Beginn der Blattentfaltung, für den Beginn der Blüte, für den Beginn der Blattverfärbung, das Ende des Laubfalls. Die älteste phänologische Beobachtungsreihe geht ins Jahr 705 zurück, Gelehrte des japanischen Kaiserhofes notierten seitdem "Sakura" - den Tag, an dem die japanische Kirschblüte beginnt.
Der Winter wird kürzer
Leugner des Klimawandels wird man unter Phänologen keine finden, zu eindeutig ist die Datenlage. Zum Beispiel der Beginn der Apfelblüte in Hessen: Im Mittel der Jahre 1961 bis 1990 begannen die Bäume am 126. Tag im Jahr zu blühen, also in der ersten oder zweiten Maiwoche. Im Zeitraum 2010 bis 2018 öffneten sich die Apfelblüten durchschnittlich bereits am 112. Tag - zwei Wochen früher. Das ist natürlich keine spezifisch hessische Entwicklung. Im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 dauerte der phänologische Winter in Deutschland 120 Tage, im Zeitraum 1991 bis 2018 wurde er nur noch durchschnittlich 103 Tage alt.
Der immer früher beginnende Frühling setzt den Kuckuck unter Druck: Wirts-Arten wie Teichrohrsänger, Grasmücke oder Bachstelze, die im Winter weniger weit gen Süden fliegen, sind viel eher zurück; ihr Brutbeginn richtet sich nach Temperatur, Nahrungsangebot, dem phänologischen Frühlingsbeginn. Vielerorts sind sie längst Eltern, wenn der fernreisende Kuckuck eintrifft. Die Kuckucksweibchen haben deshalb zunehmend Probleme, irgendjemandem ihre Eier unterzuschieben. "Bislang deutet nichts darauf hin, dass sich der innere Kompass des Kuckucks geändert hat - anders als der Frühjahrsanfang", sagt Nelson.
Seit vielen Jahren erforscht der bayrische "Landesbund für Vogelschutz" das Eintreffdatum der Kuckucke, auch in diesem Jahr hat der Verband dazu aufgerufen, ihm den ersten Kuckuck-Ruf des Jahres zu melden. "Wir kartieren das, um herauszufinden, ob sich die Ankunftszeit des Vogels langfristig verändert", sagt Markus Erlwein, Sprecher des Landesbundes. Im vergangenen Jahr wurden dem Verband 7.000 Kuckuck-Rufe gemeldet, große Terminverschiebung konnte der Verband bislang aber nicht feststellen.
Allerdings verwundert das auch nicht, denn der Kuckuck segelt mit exaktem Zeitplan durch die Welt. Im August starten die Langstreckenflieger ihren Weg zurück ins Winterquartier, ein großer Kraftakt ist im Herbst sein Überflug der Sahara. Danach nimmt er sich 45 Tage Erholung in der östlichen Sahelzone. Von dort geht es 5.000 Kilometer Richtung Zentralafrika, um rechtzeitig nach der Regenzeit das üppige Nahrungsangebot der Tropenwälder zu erreichen. Aber auch dort bleibt dem Kuckuck nicht viel Zeit, Anfang Februar tritt er seine Rückreise nach Mitteleuropa an, mit Zwischenstopps in Westafrika und Italien.
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