"Der Nato und einer starken transatlantischen Allianz verpflichtet"
Seite 2: Gegen den Aufstieg Chinas
Unschwer lässt sich daher hinter der aggressiven Haltung der Grünen gegenüber China die Sorge vor den enormen Erfolgen und dem wachsenden Einfluss des Riesenlands zu erkennen. So warnt Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock vor dessen großem Investitionsprojekt der "Neuen Seidenstraße". Vor allem von der Art seiner Wirtschaftspolitik gehe eine Gefahr aus.
Die Volksrepublik würde versuchen Abhängigkeiten bei anderen Ländern zu schaffen, etwa durch Investitionen in Infrastruktur. Das soll natürlich weiterhin dem Westen vorbehalten bleiben.
Unermüdlich nimmt sie daher zusammen mit Co-Parteichef Robert Habeck und anderen führenden Politiker der Partei die auf Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen gerichtete Chinapolitik der Bundesregierung unter Beschuss. Die führenden Grünen sind auch strikt gegen das EU-China-Investitionsabkommen. Besonders aggressiv agiert auf EU-Ebene der grüne EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer.
Gemeinsam mit antichinesischen Hardlinern aus den USA, wie dem neokonservativen Senator Marco Rubio, spielte er eine führende Rolle bei der Gründung der Inter-Parliamentary Alliance on China (IPAC), einem gegen China gerichteten Bündnis transatlantischer Parlamentarier aus mittlerweile 16 Staaten.
Bütikofer und die grüne Bundestagsabgeordnete Margarete Bause fungieren als Ko-Vorsitzende, dieser ansonsten überwiegend aus rechten und liberalen Abgeordneten gebildeten Pressure Group für schärfere Sanktionen. Erklärtes Ziel der IPAC ist es, eine "koordinierte Antwort" auf den Aufstieg Chinas zu fördern.
Parallel dazu haben führende Grüne auch ein Netzwerk gegen Russland aufgebaut. Federführend sind hier die ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Marie-Luise Beck und ihr Ehemann, der frühere Bürgermeister von Bremen, Ralf Fücks, einer der vielen Ex-Maoisten unter den prominenten Grünen.
Die beiden gründeten zu diesem Zweck die Denkfabrik "Zentrum Liberale Moderne", das sich u.a. für härtere Zwangsmaßnahmen gegen Russland einsetzt und die Opposition in Russland und Weißrussland direkt unterstützt.
Washingtons Hoffnungsträger
Indem die Grünen sich dafür starkmachen, nationale wirtschaftliche Interessen dem Kampf gegen Russland und den Aufstieg Chinas unterzuordnen, beflügelt ihr Höhenflug in Washington die Hoffnungen für die Zeit nach Merkel. Sie seien eine "pragmatische Partei mit einem entschlossenen Ansatz in der Außenpolitik", welche "der deutschen Mitgliedschaft in der Nato und einer starken transatlantischen Allianz verpflichtet" sei, lobte sie jüngst die New York Times.
Mit der Vehemenz, wie sie Russland und China wegen Demokratie und Menschenrechte angreifen, seien sie weniger eine "vegetarische Fraktion der Christdemokraten", wie einige meinen, als ein Pendant der Neocons in den USA.
Da die Grünen mehr auf multinationale Ansätze, UNO etc. setzen, stimmen ihre Positionen jedoch eher mit denen der Falken in der Demokratischen Partei, wie die ehemalige Außenministerin Hillary Clinton, und ihrem Menschenrechtsimperialismus überein.3
Speerspitze im neuen "Kalten Krieg"
Als die Partei gegründet wurde, engagierten sich die deutschen Grünen für ein Ende des Kalten Krieges und verdammten die Feindbilder, mit denen Deutschlands frühere Feinde bedacht wurden. Heute zählen sie zu denen, die am vehementesten Feindbilder pflegen, gegen Russland und andere Staaten.
Sie befeuern die aggressive Politik gegen gegnerische Länder und Regierungen, indem sie die Narrative der dortigen prowestlichen Oppositionellen stützen und selbst krudeste Verschwörungstheorien, wie die, eines angeblich von Moskau angeordneten Giftanschlags auf Nawalny, offensiv verbreiten.
"Sie haben es zu einer wahren Meisterschaft gebracht, die Moral für sich zu reklamieren", so der Bundestagsabgeordnete Alexander Neu (Die Linke), "um einen Regime-Change in Moskau und Minsk nach Kiewer Vorbild herbeizuführen."
Die linke innerparteiliche Kritikerin der Grünen, Antje Vollmer, beklagt, "viele Führungskräfte in Politik und Medien" in "den liberalen Demokratien westlichen Zuschnitts" würden "in einer eigenen Blase, mit eigenen Wertmaßstäben" leben und innereuropäische Konflikte, "ob mit Griechenland und Italien, ob mit Ungarn und Polen oder gar mit Russland" würden "in der Regel vom hohen Ross eines moralischen Imperialismus ausgefochten".
Diese Kritik richtet sich wohl nicht zuletzt an die Führung ihrer Partei, deren moralisches Überlegenheitsdenken gerne im Gewand "europäischer Werte" daherkommt. Das gilt in besonderem Maß, wenn Vollmer die "fehlende Empathie gegenüber den gigantischen Problemen Russlands" moniert, sowie die Ignoranz gegenüber den gesellschaftlichen Erfolgen der VR China, die die "großen Welt- und Daseinsprobleme offenbar wirksamer zu bewältigen versteht als die eigene Führungsmacht."
Von ihren friedenspolitischen Ansätzen haben sich die Grünen bekanntlich schon lange verabschiedet. Auf dem Parteitag ließen sie nun auch das Nein zu Kampfdrohnen hinter sich. Im Programm verblieben ist noch die Ablehnung von Atomwaffen.
Ihr Nein zur "nuklearer Teilhabe" und ihr Ja zum Atomwaffenverbot stehen allerdings im Widerspruch zu ihrem klaren uneingeschränkten Bekenntnis zur Nato. Das neue Wahlprogramm versucht nun Zeit zu gewinnen, indem es heißt, dass für eine Abkehr von der deutschen Atomwaffenpolitik "Zwischenschritte" und "Gespräche im Bündnis nötig" seien.
Ihre Parteistiftung ist hier schon weiter. Die Heinrich-Böll-Stiftung fordert in einem Aufruf, den sie zur Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden veröffentlichte, neben einer weiteren "substantiellen Erhöhung" des deutschen Militäretats und einem Ausbau der Nato, dass "Deutschland an der Nuklearen Teilhabe festhalten und nötige Modernisierungsschritte umsetzen" müsse.
Unterzeichner und vermutlich Mitautoren sind auch zwei ranghohe Generäle der Bundeswehr. Einer von ihnen, Generalleutnant a.D. Heinrich Brauß war von Oktober 2013 bis Juli 2018 Beigeordneter Nato-Generalsekretär für Verteidigungspolitik und Streitkräfteplanung und als solcher im Jahr 2014 federführend mit der Neuausrichtung der Nato gegen Russland befasst.
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