Der Rhythmus, bei dem man mit muss
Musikspiele und Spiele voller Musik - ein Blick auf einige aktuelle Games
Schon komisch, wenn alle Welt unentwegt von "Guitar Hero" spricht, obwohl es für schlappe 79 Cent im iTunes Store das Programm "Pocket Guitar" gibt: Einfach mit dem Zeigefinger an den virtuellen Saiten zupfen beziehungsweise mit Power von oben nach unten rubbeln, und dann den iPod Touch oder das iPhone schütteln, damit die digitale Klampfe Rückkopplungen ausspuckt - genauso genial wie kurzweilig.
Dasselbe lässt sich von "Guitar Hero" sagen. Allerdings mit dem feinen Unterschied, dass der Spieler nicht einfach in seinem Kämmerchen so vor sich hin dudelt und das Geklimper in Form eines Videos auf YouTube hochlädt. Stattdessen verwandelt "Guitar Hero" die eigenen vier Wände in einen semiprofessionellen Proberaum. Denn so eine Plastikgitarre in der Hand zu halten, das hat schon was. Da vergehen im Nu drei, vier Stunden; vorausgesetzt, man hat die richtigen Kumpels zu sich eingeladen. Allzu viel Bier sollte man währenddessen auch nicht in sich hineinschütten, weil "Guitar Hero" im Grunde ein Konzentrationsspiel ist: Erfolg hat, wer fortwährend im richtigen Moment den richtigen Knopf drückt.
Dieser Einfachheit ist es zu verdanken, dass "Guitar Hero" mittlerweile zu einem der meistverkauften Videospiele gehört. Kein Wunder, dass etliche andere Entwickler dem nacheifern. Mit MTVs "Rockband" lassen sich sogar Gesang und alle drei Hauptinstrumente nachspielen, woraufhin dies auch bei "Guitar Hero World Tour" möglich wurde, oder besser gesagt: möglich werden musste. Vor Ostern hat dann Disney Interactive mit "Ultimate Band" einen ähnlichen Titel herausgebracht: Der Spieler muss der Vorgabe entsprechend entweder die Gitarren-, Bass- oder Gesangsnoten treffen oder dem Schlagzeugtakt folgen.
Auf der Wii klappt der Umgang mit Gitarre und Bass auf Anhieb, Gesang und Schlagzeug fühlen sich jedoch gewöhnungsbedürftig an. Während des Schlagzeugspielens ist es zum Beispiel so, dass man spürt, wie unrealistisch das Konzept von "Ultimate Band" ist. Auch hier muss der Spieler einfach einem simplen Schema folgen. Es wäre sinnvoller gewesen, die Trommeln vor sich zu sehen, als säße man selbst auf dem Stuhl des Drummers. Und auf den Gesang hätten die Macher ganz verzichten sollen. Denn in ein Mikrofon zu singen, ist der einzig richtige Weg. Wie sonst hätte auch Sonys "SingStar" so populär werden können?
Deswegen hat das Produktionsstudio aus London eine Spracherkennung entwickelt, mit der die Hobbysinger das Menü in "SingStar" neuerdings ohne Controller verwalten: Einfach "links blättern, rechts blättern, anhalten, auswählen, normal" ins Mikrofon sprechen, das nunmehr auch nicht mehr durch ein Kabel mit der PlayStation3 verbunden ist. Wer sich allerdings während der Songdarbietung dazu entscheidet, auszusteigen, der kann nicht einfach "Beenden" oder "Stopp" sagen. Schließlich vergleicht die Software die Tonhöhe mit der vorgegebenen, sodass letztlich nur der Griff zum Controller hilft. Doch endlich vorbei damit, den Controller herumzureichen. Zudem läuft niemand mehr Gefahr, wegen des Kabelsalats zu stürzen.
Neben den bisher genannten Titeln, zu denen sich nun "Rock Revolution" und Ende des Jahres "Lego Rock Band" gesellen, gibt es allerhand Spiele, bei denen nicht das Musiknachspielen im Vordergrund steht, sondern die Musik als Mittel zum Zweck dient: Es soll eine einzigartige Atmosphäre, ein unvergleichbarer Spielspaß geschaffen werden. Den japanischen Sony-Entwicklern ist dies mit den PSP-Spielen "LocoRoco" und "Patapon" gelungen, von denen es jeweils eine Fortsetzung gibt. Was die Spiele so besonders macht? In beiden Fällen geht es um niedliche Wesen, für deren Überleben der Spieler verantwortlich ist. Dabei singen die LocoRocos unentwegt irgendwelche Ohrwürmer, und die Patapons attackieren ihre Feinde entsprechend eines Rhythmus' - super!
Im Takt zu bleiben, das ist wiederum zentrale Aufgabe des witzigen Nintendo-Spiels "Rhythm Paradise", das vor kurzem für den DS und den DSi erschienen ist. Anfangs muss man in der sogenannten Beatfabrik sein Gefühl für Musik unter Beweis stellen: Von links und rechts kommen eckige Bauteile heran, in deren Mitte ein Loch ist. Sobald die Teile exakt zusammenpassen, muss man mit einer Schnippbewegung auf dem Touchscreen einen Stift abfeuern, der die Teile miteinander verbindet. Klappt dies mal nicht, so landen die Bauteile selbstverständlich nicht auf dem nächsten Fließband; sie fallen lediglich runter.
Beim Minispiel Chorknaben muss man einen von drei A-Capella-Sängern dazu bringen, seinen Mund exakt in dem Moment aufzumachen, in dem er an der Reihe ist. An sich nichts Besonderes, würde das Trio nicht so ulkig wirken und die Musik nicht an Jazz à la Helge Schneider erinnern. Aber da Grafik und Sound nun mal offenkundig aus der Reihe tanzen, macht die Aufgabe umso mehr Spaß. Genauso gut: Wenn man in einer anderen Fabrik Roboter volltankt, woraufhin sie entzückt ihre Fußraketen zünden und schnurstracks aus dem Bild verschwinden.
Gewiss ist es nicht jedermanns Sache, vorgefertigten Klangwelten zu folgen. Schon seit Jahren ist man sich dessen beim Berliner Softwareanbieter Magix bewusst. Da nun die "Guitar Hero"-Macher einen neuen Hype um Musikspiele entfacht haben, entwarf Magix auf Basis seines Computerprogramms "Music Maker" einen Konsolentitel: Mit "Music Maker RockStar" für die PlayStation2 fügt man via Controller vorgefertigte Loops, Songfetzen, aneinander oder schließt seinen Gitarren-Controller an und komponiert eigene Melodien. Das Praktische daran: Freunde können die eigens erstellten Stücke nachspielen. Doch der Umgang mit den Loops ist dermaßen umständlich, dass der Spaßfaktor rapide gen Null rauscht. Wenn es den "Music Maker RockStar" doch bloß mal für die Wii gäbe...
Und das Ende vom Lied? "Pocket Guitar" rules: iPhone Pocket Guitar: Distortion and Tapping