Der erste digitale Schläfer?

Mohammed Afroz, der ein Selbstmordattentat auf das britische Parlament geplant haben will, soll behauptet haben, Al-Qaida habe in Windows XP Hintertüren eingebaut

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Am 2. Oktober wurde von der indischen Polizei in Bombay der 25jährige Mohammed Afroz wegen verbotener Kontakte zum pakistanischen Geheimdienst ISI festgenommen. Später stellte sich heraus, dass er 1997 Flugkurse in Australien, in den USA und in Großbritannien besucht hatte und ein Mitglied der Al-Qaida-Organisation von Bin Ladin sein soll. Überdies habe er zwei der Entführer der am 24. Dezember 1999 entführten Maschine IC 814 der Indian Airlines gekannt. Auf dem Flugplatz in Kandahar landete damals das Flugzeug, die Geiseln kamen frei, als nach einer Woche die indische Regierung 3 Kashmir-Rebellen aus dem Gefängnis frei ließ, die dann mit den Entführern, vermutlich mit der Hilfe des Taliban-Regimes, in einem Jeep verschwanden.

Große Aufmerksamkeit hatte Afroz weltweit erzielt, als er der Polizei erzählte, dass er zusammen mit drei anderen Al-Qaida-Mitglieder ebenfalls am 11. September als Selbstmordattentäter eine Passagiermaschine vom Flugplatz Heathrow entführen und sie in das House of Commons stürzen lassen wollte. Andere Kommandos hätten vorgehabt, am selben Tag ähnliche Anschläge auf das Parlamentsgebäude in Delhi und die Rialto-Brücke in Melbourne zu begehen. Nach den Anschlägen in den USA seien diese Pläne aber nicht mehr durchführbar gewesen. Die britische und australische Polizei haben die Wahrheit dieser Angaben inzwischen bestritten, gleichwohl aber Vertreter nach Bombay geschickt, um Afroz zu verhören.

Angeblich soll aber Afroz auch vor dem Anschlag letzte Woche auf das indische Parlament gewarnt haben, bei dem die Terroristen, die aus Pakistan kommen sollen, sieben Menschen getötet haben und auch selbst umkamen. Einer der Terroristen soll bei der Entführung der IC 814 1999 freigepresst worden sein. Erstmals hatten Terroristen zu dem Anschlag einen Laptop mitgebracht, den sie kurz zuvor an Mithelfer weiter gereicht haben.

Die Verhöre von Afroz haben allerdings hinter verschlossenen Türen statt gefunden, so dass viele der Informationen eher Gerüchten gleichen. Heute wird er offiziell verhört, aber er soll bereits am letzten Freitag bei einem Verhör wieder Neues von sich gegeben haben, das auf andere Weise aufsehenerregend ist, aber ihn vermutlich als Märchenerzähler erscheinen lässt, der gerne angibt, wenn dies denn stimmt. Das Geständnis habe er freiwillig gemacht, er sei nicht gezwungen oder gefoltert worden und auch geistig gesund. Sein Vater versucht, wahrscheinlich nicht zu Unrecht, Afroz als psychisch gestörten Menschen darzustellen, der dringend einer Behandlung bedarf. Die Richter haben allerdings das Geständnis am Freitag auch nicht für ganz Ernst genommen und ihm noch einmal Zeit gegeben, sich das alles bis Dienstag noch einmal zu überlegen.

Afroz erzählte nämlich am Freitag, wie Newsbytes von Ravi Visvesvaraya Prasad, einem IT-Experten und Betreiber einer Infowar-Liste bei Yahoo, berichtet worden sei, dass Al-Qaida-Mitglieder sich auch als Computerprogrammierer bei Microsoft eingeschlichen und das Betriebssystem Windows XP sabotiert hätten. Wie ausgerechnet Prasad an diese Informationen aus der Vernehmung gelangt sein soll, wird nicht näher verraten, von anderer Seite wurde die Geschichte bislang auch nicht bestätigt. Dafür erfahren wir aber, dass die Terroristen ins Betriebssystem "Trojaner, Hintertüren und Bugs" eingeschleust hätten. So wäre nun also das Windows XP zu einem ersten digitalen Schläfer avanciert.

Microsoft-Sprecher Jim Desler erwiderte, dieser Vorwurf sei "bizarr". Man habe strenge Sicherheitsvorkehrungen bei der Entwicklung von Windows XP getroffen. Von eingebauten Trojanern jedenfalls hat man noch nichts gehört. Wahrscheinlich wollte nur Afroz oder noch eher Prasad ein wenig Aufmerksamkeit erzielen, da es solche Gerüchte immer einmal wieder gibt. Beispielsweise hatte man auch geglaubt, dass Programmierer der japanischen Sekte AUM Hintertüren in Software für die Regierung versteckt habe (Software von Aum-Sekte bei japanischen Behörden und Unternehmen). Und immerhin hat ja vor kurzem auch das FBI offiziell mitgeteilt, einen Trojaner zum heimlichen Belauschen der Tastaturanschläge zu entwickeln (FBI bestätigt Entwicklung des Schnüffelprogramms Magic Lantern).