Software von Aum-Sekte bei japanischen Behörden und Unternehmen

Befürchtet wird, dass die noch immer gefürchtete Sekte ihr Wissen für Anschläge ausnutzen könnte

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Während hierzulande vor kurzem die Erkenntnis für Bedenken sorgte, dass Mitglieder von Scientology an der Programmierung von Windows 2000 beteiligt waren (Windows 2000 droht ein Bann), ist nun auch in Japan ein ähnliches Problem entdeckt worden. Die weltweit 1995 durch ihren Giftgasanschlag auf die U-Bahn in Tokyo bekannt gewordene Aum-Sekte, die sich mittlerweile Aleph nennt, hat im Auftrag für Unternehmen Programme geschrieben, die bei mindestens 10 japanischen Behörden, darunter auch dem Verteidigungsministerium, sowie bei 80 großen Unternehmen zum Einsatz kamen.

Nachdem am letzten Dienstag durch eine Durchsuchung von mehreren Gebäuden der Sekte bekannt wurde, dass Aum-Mitglieder Programme für Behörden und Unternehmen ohne deren Wissen geschrieben haben, wurden vom Verteidigungsministerium und von der japanischen Telekom (NTT) sofort die Verwendung aller Programme eingestellt, die von Firmen stammen, die mit Aum irgendwie verbunden sind. Unter anderem wurde vom Verteidigungsministerium ein von Aum-Mitgliedern geschriebenes Programm, das bereits auf 20 Militärstützpunkten installiert worden ist, um ihnen einen schnellen Zugang zum Internet zu ermöglichen, nicht in Betrieb genommen. Gefahr habe allerdings nicht bestanden, weil diese Computer nicht mit dem internen militärischen Netzwerk verbunden gewesen wären

Man fürchtet, dass die Sekte möglicherweise über die Software Zugang zu wichtigen Computersystemen der Regierung und der Unternehmen haben und auf die Idee kommen könnte, diesen für cyberterroristische Anschläge zu benutzen. Die Programmierer könnten beispielsweise in die Programme Hintertüren eingebaut haben, um Firewalls zu umgehen. Möglicherweise könnten auch Viren platziert worden sein. Noch ist allerdings kein Vorfall bekannt, dass Aum-Mitglieder ihr Wissen für Anschläge ausgenutzt oder überhaupt für die Sicherheit bedenkliche Eigenschaften in die Software eingebaut haben.

Den Behörden und Unternehmen sei nicht bekannt gewesen, dass die Programme von Aum-Mitgliedern geschrieben worden seien, weil sie ihre Aufträge an Firmen gegeben haben, die sie wiederum an Firmen der Sekte weiter gegeben haben, ohne dies den Auftraggebern mitzuteilen. Durch die Vergebung der Aufträge an die Aum-Firmen konnten die Programme 30 bis 40 Prozent unter dem normalen Marktpreis angeboten werden, weil die Sektenmitglieder für ihre Arbeit praktisch keinen Lohn erhalten. Mindestens 40 gut ausgebildete Prgrammierer, die Informatik studiert hatten und vorher teilweise bei großen Software-Firmen gearbeitet haben, sollen in den zu der Sekte gehörenden Firmen beschäftigt sein.

Für Aum oder Aleph ist die Publizität vermutlich unangenehm, denn die Software-Firmen liefern einen beträchtlichen Teil der Einnahmen der Sekte. Mit Computergeschäften alleine verdient die Sekte jährlich an die 65 Millionen Dollar. Die Sekte hat sich zumindest gegenüber der Öffentlichkeit von ihrem einstmaligen Führer Shoko Asahara, der inzwischen im Gefängnis sitzt, gelöst und will den Opfern der Anschläge oder Familien der Getöteten Schadensersatz zahlen. Seit letztem Jahr kann die japanische Polizei ohne einzelne Durchsuchungsbefehle alle Grundstücke und Gebäude der Sekte betreten, die überdies von der Regierung als einzige Sekte überwacht wird.

Die mangelnde Sicherheit der japanischen Computersysteme wurde erst im Januar sichtbar, als bei enem Massencrack einige Websites von japanischen Ministerien verändert wurden (Neue Cracks von japanischen Websites). Die Regierung hatte daraufhin angekündigt, dass man die Sicherheitsmaßnahmen bis zum Jahr 2003 auf den US-Standard erhöhen und einen Plan ausarbeiten werde, um gegen Cracker vorzugehen. "Cyberterrorismus" soll schneller bekämpft werden.